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JUDITH BUTLER ZU THEORIE UND PRAXIS

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Was ist hier das Original? · Zitat

Und was noch schlimmer ist, ich verstehe den Begriff "Theorie" nicht und habe kein Interesse daran, als deren Verfechterin vereinnahmt zu werden, und noch weniger, als Teil einer elitären Clique schwul-lesbischer Theoretiker und Theoretikerinnen bezeichnet zu werden, die schwul-lesbische Studien in der akademischen Welt legitimieren und domestizieren wollen. Gibt es überhaupt eine vorgegebene Unterscheidung zwischen Theorie, Politik, Kultur und Medien? Welche Rolle spielt diese Trennung bei der Verhinderung intertextuellen Schreibens, das doch ganz andere epistemologische Landkarten hervorbringen könnte? Aber hier und jetzt schreibe ich: Ist es schon zu spät? Kann mein Aufsatz, können sich Texte überhaupt den Bedingungen, unter denen sie in Besitz genommen, appropriiert werden, verweigern, während dieser Stolperstein, dieser Widerstand gleichzeitig von demselben kolonisierenden Diskurs bis zu einem gewissen Grad erst ermöglicht bzw. produziert wird? Wie vereinbare ich diese paradoxe Situation von Abhängigkeit und Verweigerung?

Wenn die politische Aufgabe in dem Nachweis besteht, daß Theorie niemals nur theoria (im Sinne unvoreingenommener Kontemplation) ist und daß sie äußerst politisch (im Sinne von phronesis oder sogar práxis) ist, warum nennen wir diesen Prozeß nicht einfach Politik oder eine notwendige Form derselben?

(Judith Butler: Imitation und die Aufsässigkeit der Geschlechtsidentität, S. 144. In: Andreas Kraß (Hg.) (2003): Queer Denken. Queer Studies. Frankfurt am Main: Suhrkamp.)

 

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