Schwarzstrafen

GENTECHNIK-LEXIKON

Gentechnik-Steckbrief: Abstandsregelungen


1. Teil B: Übersicht und Themenseiten
2. Gentechnik-Steckbrief: Anbau
3. Gentechnik-Steckbrief: Freisetzungen
4. Gentechnik-Steckbrief: Den Hunger besiegen?
5. Gentechnik-Steckbrief: Weniger spritzen?
6. Gentechnik-Steckbrief: Bio-Ökonomie
7. Gentechnik-Steckbrief: Risiken für die Gesundheit
8. Gentechnik-Steckbrief: Risiken für die Umwelt
9. Gentechnik-Steckbrief: Nebenwirkungen
10. Gentechnik-Steckbrief: Lebensmittel
11. Gentechnik-Steckbrief: Futtermittel
12. Gentechnik-Steckbrief: Koexistenz
13. Gentechnik-Steckbrief: Horizontaler Gentransfer
14. Gentechnik-Steckbrief: Grenz-/Schwellenwerte
15. Gentechnik-Steckbrief: Abstandsregelungen
16. Gentechnik-Steckbrief: Haftung
17. Gentechnik-Steckbrief: Terminatortechnologie
18. Gentechnik-Steckbrief: Cis- und transgen
19. Gentechnik-Steckbrief: Bt-Pflanzen (z.B. MON810)
20. Gentechnik-Steckbrief: RR-Pflanzen (z.B. Soja, Raps)
21. Gentechnik-Steckbrief: Amflora
22. Gentechnik-Steckbrief: LL601

Abstandsregelungen sind ein Konzept zur Sicherung der nach Gentechnikgesetz vorgeschriebenen ->Koexistenz. Sie beruhen auf dem Gedanken, dass eine Durchmischung von Pflanzenbeständen mit und ohne gentechnische Veränderungen vermieden werden kann, wenn die Felder ausreichende Abstände zueinander aufweisen.

Rechtliche Regelungen
Abstandsregelungen sind heute das rechtliche geltende System zur Sicherung der ->Koexistenz. Sie sind über Zusatzrichtlinien festgelegt (gute fachliche Praxis u.ä.): Dahinter steht die Überlegung, dass der Pollenflug über längere Strecken sehr klein wird oder gar nicht stattfindet. Wird ein Mindestabstand zwischen gentechniknutzender und gentechnikfreier Landwirtschaft eingehalten, bliebe der Austausch in einem akzeptablen Rahmen. Allerdings sind Regelungen erst für Mais erlassen worden, und zwar als Anhang zur Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung - GenTPflEV). Dort heißt es: „Zwischen dem Rand einer Anbaufläche mit gentechnisch verändertem Mais und dem Rand einer benachbarten Fläche mit konventionell angebautem, nicht gentechnisch verändertem Mais hat der Erzeuger einen Mindestabstand von 150 Metern einzuhalten. Zwischen dem Rand einer Anbaufläche mit gentechnisch verändertem Mais und dem Rand einer benachbarten Fläche mit ökologisch angebautem, nicht gentechnisch verändertem Mais hat der Erzeuger einen Mindestabstand von 300 Metern einzuhalten.“

Probleme
Das Konzept der Abstandsregelungen ist widerlegt. Schon aus den unterschiedlichen Abständen je nach Zielort des Pollenflugs ist zu sehen, dass die Maße politisch ausgehandelt wurden, denn die unterschiedlichen Flugweiten je nach Zielort sind wissenschaftlich nicht begründbar. Das Bundesverfassungsgericht schreibt: „Die Ausbreitung einmal in die Umwelt ausgebrachten gentechnisch veränderten Materials ist in Abhängigkeit von zahlreichen Faktoren nur schwer oder auch gar nicht begrenzbar.“ Und das geben selbst GentechnikbefürworterInnen offen zu.
  • Ex-DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker: „Absurd sind auch die Abstandsregelungen für Versuchsfelder etwa von MON810, denn der Maispollen fliegt kilometerweit.
  • Werbeplattform www.transgen.de: „Eine absolute ‚Gentechnik-Freiheit‘ kann es nicht geben.
  • Prof. Joachim Schiemann (JKI): „Eine gentechnikfreie Produktion mit Nulltoleranz ist nicht praktikabel.
  • Monsanto-Nordeuropachefin Ursula Lüttmer-Ouazane: „Die Vermischung muss minimiert werden. Ausschließen kann man so etwas nie. Schließlich befinden wir uns in freier Natur und nicht in einem klinisch sauberen Raum.

Konkrete Probleme sind:
  • Die Abstände sind zu gering. Etliche Studien weisen einen weitreichenderen Pollenflug nach.
  • Bienen und alle weiteren Aktivbestäuber wurden bei allen Überlegungen völlig unterschlagen. Dies ist umso bemerkenswerter, weil die Imkerei selbst zur Landwirtschaft zählt und daher unter die Koexistenz fallen müsste. Hier ist deutlich erkennbar, dass die Koexistenzidee ein politischer Trick zur Einführung der Gentechnik ist.
  • Die Abstandsregelungen gehen davon aus, dass Durchmischung vor allem in der freien Natur abläuft. Das ist nach den bisherigen Beobachtungen aber nicht der Fall, denn es gibt kaum Unterschiede in der Ausbreitungstendenz zwischen Selbst- und Fremdbestäubern (->LL601-Reis). Das deutet daraufhin, dass der wesentliche Verbreitungsweg die Verschleppung und Verunreinigung bei Saatgutgewinnung, Transport, in den Maschinen, bei Abfüllung und Verkauf darstellt. Dagegen helfen Abstandsregelungen nicht.

Inzwischen ist Stand der Wissenschaft, dass das Konzept der Abstandsregelungen nicht funktioniert. Neben der nun vorgebrachten Beschwichtigung, dass die Gentechnik ja nicht gefährlich und daher die Koexistenz nicht wichtig sei, gelten ->Grenz-/Schwellenwerte als Nachfolgekonzept. Zur Zeit sind formal aber noch die Abstandsregelungen gültig.

Freisetzungen ausgenommen
Für Freisetzungen gelten die Bestimmungen im Übrigen ohnehin nicht. Das stellte die Genehmigungsbehörde ->BVL selbst fest: „Die Rückholbarkeit der freizusetzenden Organismen ist keine Voraussetzung für die Genehmigung einer Freisetzung“ (Genehmigungsbescheid für Rapsversuche am 22.7.1998). Im Gegenteil: Nach Auffassung des damaligen BVL-Chefs Buhk „ist ein Eintrag von gentechnischen Veränderungen in konventionelle Sorten eine mit der Freisetzung in Kauf genommene und genehmigte Folge einer Freisetzungsgenehmigung“ (mensch+umwelt spezial 2004/2005, S. 74).

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