Anarchie

WELCHE LANGEWEILE HÄTTEN SIE GERN?
AUSWERTUNG DER PROTESTE GEGEN G8 2007

Aktionsformen mit und ohne zentrale Steuerung


1. Zentralismus und Instrumentalisierung
2. Aktionsformen mit und ohne zentrale Steuerung
3. Schwache Inhalte
4. Weitere Auswertungstexte

Gut, wenn Aktion ohne Zentrale
Eigenständige Aktionen im Vorfeld

Blockade-Startphase am 6. Juni: Ran an den Zaun im 5-Finger-System

Langweilig und angepasst, wenn mit Zentrale
  • Großdemo am 2.6.: Langweiliges Latschen, langweiliges Musikhören, langweiliges Steinewerfen
  • Kritik an Abschlusskundgebung mit staats- und polizeibefürwortenden Sprüchen sowie Dominanzallüren

G8-Landwirtschafts-Aktionstag ... angekündigt als Vielfalt direkter Aktionen, Genfeldzerstörungen usw. wurde es zu einem schwächlichen Herdenauftrieb, wo wieder einmal viele Menschen zur ausdruckslosen Masse wurden. Genau das aber wurde dann noch abgefeiert als Erfolg. Der folgende Text stand in der WoZ und wurde als "guter Text" auf der G8-Landwirtschafts-Mailingliste verschickt am 12.6.2007:

Am Nachmittag des Aktionstages steht deshalb eine "Rallye" nach Gross Lüsewitz auf dem Programm. Mit Velos, Rollerskates und Autos legen die Protestierenden die dreizehn Kilometer ins Dorf zurück. Stationen auf dem Weg informieren über industrielle Tierhaltung, die Risiken von Gentechmais oder die Arbeitsbedingungen beim Billiggrossverteiler Lidl. Die Polizei sperrt die Hauptstrasse, aber Nebenstrassen führen dennoch zum Ziel - dem Gentechkartoffelfeld. Es ist umstellt: alle fünf Meter ein Polizeiauto, dazwischen Beamte mit Hunden.
Im Dorf sieht es ähnlich aus: Wie TerroristInnen nimmt die Polizei die TeilnehmerInnen des Protestfestes am Ziel in Empfang. Wie überall in den letzten Tagen ist auch hier eine Gruppe Clowns aufgetaucht. Sie umtanzen die PolizistInnen, imitieren sie, putzen ihnen mit Staubwedeln die Köpfe und kommentieren lautstark die Durchsuchungsaktion: "Sprengstoff! Aaah! Ver-boo-ten!" Gut tausend Leute nehmen am bestens bewachten Protestfest teil. Auch einige DörflerInnen sind gekommen. Manche beteiligen sich an den Diskussionen, andere schauen skeptisch. Schon optisch sind sie leicht von den bunten Gestalten zu unterscheiden. Vor den Ess- und Infoständen spielen Gruppen Theater. Ein Imker aus Brandenburg erzählt, wie Gentechmaispollen seinen Honig unverkäuflich gemacht haben. Er ruft zu einer "freiwilligen
Feldbefreiung" im Juli im Oderbruch auf: In aller Öffentlichkeit soll, anschliessend an einen Gottesdienst, ein Gentechmaisfeld zerstört werden. Ein Rechtshilfefonds ist bereits eingerichtet. "Solche Aktionen sind vor allem wichtig als öffentliches Symbol, auch wenn die Zerstörung der Pflanzen nicht gelingt", sagt Arne Bilau. Die kleine Gruppe, die als Abschluss des Festes noch zum Kartoffelfeld zieht, ist sehr symbolisch - und wird natürlich trotzdem sofort eingekesselt und in Polizeigewahrsam gehalten, bis der Zug zurück nach Rostock einfährt.


Aus einem Kommentar bei Indymedia zur Demo am 2.6.2007 in Rostock
Gewalt hin oder her - was die gesamte (?) Demo zusammenschweißte, war eine ungeheure Langweiligkeit. Mensch kann langweilig militant sein und in ewig ritualisierter Form irgendwelche Steine schmeißen, beliebige Autos anzünden usw. Das ist scheiße, weil es langweilig, nichtssagend, normiert ist - nicht weil es militant ist.
Mensch kann genauso nicht militant sein und langweilig. So wie der ganze oder prägende Rest der Demo. Dass es einfach nur dummes Gelatsche oder Gewerfe war, das hat viel mit den jeweiligen Führungsriegen in den Strömungen zu tun. Was fehlte, was Kreativität, Widerständigkeit und offensives, druckvolles Agieren. Das drückt sich weder in der Oberarmstärke von SteinschmeißerInnen noch in der Dezibelstärke irgendwelcher RednerInnen aus.


Militanz und Provokateure
Argumente wie mit Lichterketten eine bessere Welt erschaffen werden soll verstehe ich ebensowenig wie mit Steinwürfen ein herrschaftsfreies Leben geschaffen werden soll. (Indymedia zum 2.6.07)

Immer und immer wieder heißt es in diesem Land, Protest ja, aber friedlich. Damit bildet sich eine große Einheit aus Angela Merkel, Attac bis zu den Gewerkschaften einschließlich der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Es bildet sich dann stets das selbe Bild, friedliche, bunte Protestzüge ziehen durch die Straßen, mal hart von der Polizei angegriffen, mal lediglich begleitet, großer Druck wird hierdurch jedoch meist nicht erreicht, jedenfalls nicht, wenn man alle friedlichen Proteste isoliert von jeglicher Militanz betrachtet. (Indymedia zum 2.6.07)

Vor dem Konzertbeginn hatte Greenpeace zu einer Aktion gegen die G8-Klimapolitik am Stadthafen aufgerufen, 1000 Menschen bildeten die Botschaft "G8 - Act now", darunter ein Banner mit "Stop global warming". Organisiert wurde dies von einer Agentur für die Profi-NGO, deren deutscher Präsident sich sich nicht abhalten ließ, Angela Merkel viel Erfolg für ihre heren Klimaschutz-Ziele beim G8-Gipfel zu wünschen. Das spricht nicht gerade für eine realistische Analyse der Politik des Klimasünders Deutschland, obwohl Greenpeace die G8-Staaten eindeutig anprangert, aber dem deutschen Chef scheint entfallen zu sein, das Deutschland dort aktiv mitmacht. (Indymedia zum 3.6.07)

Über die konkrete und abstrakte Polizeigewalt nicht schweigen ...
Regelrecht überfallen wurde am Samstag um ca.19.30 Uhr ein auf dem Rückweg von der Demonstration ins Camp Reddelich befindlicher Fahrradkonvoi von 35 RadfahrerInnen.
Die Gruppe wurde bereits seit ihrer Abfahrt von sechs Einsatzwagen der Polizei begleitet. Als sie auf der B105 aus Rostock herausfuhren, wurde das Martinshorn angeschaltet. Die Gruppe hielt daraufhin am Seitenrand, um die Einsatzkräfte vorbeiziehen zu lassen. Im Vorbeifahren versuchten Polizisten aus ihren Fahrzeugen heraus Radfahrer festzuhalten bzw. diese zu Fall zu bringen. Einer
wurde mit einem Gummiknüppel geschlagen, einem anderen sprühte der Beamte aus weniger als einem Meter Entfernung mit Pfefferspray direkt ins Gesicht. Damit nicht genug, mit Schlagstöcken schlugen die Polizisten aus den Fahrzeugen heraus auf die RadfahrerInnen ein. (zum 2.6.07, archive.ph/http://de.indymedia.org/2007/06/180788.shtml)

Aber: Wo war diese grundlegende Kritik denn vorhanden? Nirgends – im Vorfeld gab es Kuschelpolitik auch von Linksradikalen. Und auf der Demo flogen Steine. Eine politische Position wurde offenbar nicht einmal versucht, zum Ausdruck zu bringen ...

Ursachen, Unterschiede und Ähnlichkeiten

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