Im Namen des Volkers

SEILSCHAFTEN AUF GRÜNER SEITE: FILZ DER NGOS, GRÜNEN PARTEIEN UND BIOLANDBAUVERBÄNDE

Sonderfall Kirche: Für und gegen Gentechnik


1. Einleitung
2. Schwächen der Gentechnikkritik von NGOs und Bewegungsagenturen
3. Umwelt- und Biolandverbände fordern mehr Genversuchsfelder und -gelder!!!
4. In einem Boot? Die überraschende Nähe zwischen Ökos und Gentechnikfirmen
5. Warum passiert das? Von kulturellen Hintergründen verbandlicher Arbeit
6. Sonderfall Kirche: Für und gegen Gentechnik
7. Spalten, abgrenzen, distanzieren: Umwelt-NGOs und direkte Aktionen
8. Bio-Firmen als Nutznießer
9. Die Rolle der Medien
10. Gentechnikkritik von rechts oder aus dem Off
11. Links und Materialien

Kennen Sie die schönen Worte von der göttlichen Schöpfung, in der die unendliche Weisheit des Schöpfers zum Ausdruck kommt? Wer nicht an den großen Gestalter im Off glaubt, wird mit solchen Bildern wenig anfangen können und sich einen eigenen Reim auf die Abläufe in der Natur machen. Aber AnhängerInnen der Schöpfungsreligionen - würde es die nicht doch überraschen, wenn ausgerechnet die Verkünder der Göttlichkeit von Schöpfung praktisch diese Schöpfung ein bisschen nachbessern wollen? Doch es gibt keine Zweifel: Die Kirche ist an vielen Orte und vor allem in ihren überregionalen Apparaten vielfach an gentechnischen Experimenten beteiligt. Sie ist das gar nicht nur als Mitläuferin, sondern auch in gestaltender Rolle. An zwei der Hauptstandorte der Agro-Gentechnik spielte die Kirche eine der ersten Geigen: Im Biopark von Gatersleben und beim neuesten Projekt, der BioTechFarm in Üplingen. Das passt zu einer Reihe weiterer Verquickungen - vom Vatikan, der sich gern mit den Konzernchefs auch der Gentechnikkonzerne trifft bis zum Kirchenmann, der als vermeintlicher Ethiksachverständiger an den Propagandaveranstaltungen deutscher Universitäten und Lobbyverbände für die profitable Technik teilnimmt. Warum? Der schnöde Mammon dürfte der Hauptgrund sein. Die Kirche ist vielfach verquickt mit Finanzinstitutionen und Investmentfirmen. Sie betreibt zudem viele eigene - und die sollen Geld machen. Mit allen Mitteln. Wie im übrigen Kapitalismus auch.
Bislang auffälligstes Beispiel in Deutschland war das Engagement der Kirche für den ersten Biopark, errichtet auf dem Gelände des IPK Gatersleben und direkt neben der dortigen Saatgutbank - durch die religiöse Brille betrachtet eigentlich ein Hort der Bewahrung göttlicher Intuition. Der Immobilienspekulant der katholischen Kirche investierte, einschließlich Förderungen aus Steuergeldern, 35 Mio. Euro in Gentechniklabore und segnete diese riskanten Experimente auch noch (siehe Foto). Doch Gott hatte ein Einsehen. Die Kirchenfirma ging Pleite durch das Finanzengagement in der Gentechnik und Fehlinvestitionen andernorts. Beendet war das kirchliche Engagement für die Agro-Gentechnik in Gatersleben damit aber nicht. Bei den "3. Gaterslebener Gesprächen" am 16. und 17.9.2010 waren Kirchenleute prägend und gaben der Werbeveranstaltung einen Flair von Ausgewogenheit. Bei den völllig einseitig besetzten Podien und Vortragsreihen traten, wie üblich,BefürworterInnen aus Forschung und Behörden Schulter an Schulter auf - ergänzt oder moderiert von den SprecherInnen der höheren Weihen, z.B. Thorsten Moos, stellvertretender Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhaltin Lutherstadt
Wittenberg. Wichtiger war der Auftritt von Stephan Schleissing. Dessen Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München verbindet sakülare (Universität) und kirchliche Arbeit. Schleissing ist nämlich gleichzeitig Kirchenrat und Beauftragter für Naturwissenschaft und Technik der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Bayern. Ausgerechnet im Stammland der Gentechnikkritik zeigt sich die Kirche mit wackeligen Positionen. Ganz allein war die Kirche als Akzeptanzbeschafferin in Gatersleben nicht dabei. Auch KünstlerInnen und Kulturvereine ließen sich für die peinliche Werbeschau einspannen. Wieder mal eine Geldfrage?

Im Original: Optimierung der Schöpfung I
Kirchenengagement in Gatersleben
Aus "Leere Labore", in: Spiegel 41/2008 (S. 93 f.)
Im hinteren Teil des Gaterslebener Biotech-Zentrums ist vor gut einem Jahr ein neues Gelände eingeweiht worden. Doch in diesem „Biopark“ herrscht Leere. Erst zwei Firmennamen stehen auf dem großen Schild. „Wir hatten uns da mehr erhofft“, gibt Katzek zu. Offenbar hat hier nicht mal der Beistand von oben geholfen. An der 35-Millionen-Förderung des Bioparks hatte sich neben dem Land auch das Bistum Magdeburg über die kircheneigene Gero AG mit 3 Millionen Euro beteiligt. Die Gentechnik-Begeisterung ihres zuständigen Seelsorgers stieß vielen Gläubigern damals bitter auf. Doch der ließ sich nicht beirren und besprenkelte das Gebäude bei der Einweihung sogar mit Weihwasser.

Aus transkript Nr. 4 /2007 vom 29.03.2007
Katholische Kirche investiert in Grüne Gentechnik: Eine kircheneigene Firma investiert in die umstrittene Grüne Gentechnik. 35 Mio. Euro steckt die GERO AG gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt in den Aufbau des Bioparks Gatersleben. Mehr ...


Ganze Tagung vereinnahmt - ohne Teilnehmende zu fragen*
Aus einem Bericht der Veranstalter (Kirche) einer Tagung in Tutzing am 12.11.2009
Am Ende der Vorträge und Diskussionen standen vier Ergebnisse fest: ... Vertrauen in wissenschaftliche Forschung im Bereich der Grünen Gentechnik wird nur dann aufgebaut werden können, wenn empirische und im Besonderen auch sozial- und geisteswissenschaftliche Forschung öffentlich finanziert, ergebnisoffen betrieben und im Bereich der Risikoforschung intensiviert wird.
*Eine Nachfrage bei Teilnehmenden ergab, dass die Behauptung, diese Ergebnisse seien Konsens gewesen, falsch ist.

Aus einer Tagungseinladung der Evangelischen Akadamie Sachsen-Anhalt (11.-13.11.2005)
Modellfall Grüne Gentechnik
Was tun bei festgefahrenen politisch-moralischen Konflikten? Kernenergie, Stammzellforschung, Grüne Gentechnik: Die naturwissenschaftlichtechnische Entwicklung wird begleitet von heftigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Nicht selten werden moralische Grundüberzeugungen und religiöse Gewissheiten geltend gemacht (etwa „Bewahrung der Schöpfung“), die eine Kompromissfindung unmöglich erscheinen lassen. Am Beispiel des Streits um die Grüne Gentechnik in Sachsen-Anhalt werden Instrumente und Verfahren dargestellt und diskutiert, mit denen solche Konflikte erfolgreich bearbeitet werden können.

TTN - Propagandaabteilung der Evangelischen Kirche pro Agrogentechnik
Die Evangelische Kirche ist mindestens zweimal in überregional wichtige Strukturen der Agrogentechnik verwickelt. Zum einen ist sie Mitgestalterin der Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz, die Flächen für das Propagandaprojekt "Schaugarten Üplingen" bereitstellte und sich an dortigen PR-Veranstaltungen pro Gentechnik beteiligt. Zum anderen betreibt sie zusammen mit der Uni München (LMU) das Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften. Dort wird schon seit etlichen Jahren und intensiv für die Agrogentechnik geworben - überwiegend mit sehr platten Inhalten.
In einem Interview auf www.biosicherheit.de (Propagandaplattform zum BioSicherheits-Programm) sagt Schleissing: "Ich kann nicht erkennen, dass die Biosicherheitsforschung es sich hier leicht macht. Vielleicht würde die Wissenschaft mehr davon profitieren, wenn man sie z.B. von Seiten der Politik nicht für die Voraussicht aller auch nur möglichen Folgen verantwortlich machen würde. Wie gesagt: Wissenschaftliches Wissen ist immer ein begrenztes Wissen. Das gilt für beide Seiten, Befürworter wie Kritiker. Aber irgendwann muss die Politik auch trotz der Zumutungen eines bloß begrenzten Wissens entscheiden. Für den Bürger kommt dabei alles darauf an zu wissen: Hier wird verantwortungsvoll gehandelt."

Im Original: Optimierung der Schöpfung II
Aus einer Einladung der Uni Rostock
Im hinteren Teil des Gaterslebener Biotech-Zentrums ist vor gut einem Jahr ein neues Gelände eingeweiht worden. Doch in diesem Veranstaltung mit Herrn Dr. Roger J. Busch zur Debatte um die Grüne Gentechnik: „Komplexe Technologien und verunsicherte Gesellschaften: Analyse relevanter Ablehnungs-Muster und Ansätze für ihre Überwindung“ informieren.
Die Veranstaltung findet am 21. Oktober 2013 von 09.00 bis 17.00 Uhr im SR 204 im Institut für Biowissenschaften, A.-Einstein-Str. 3, statt. Sie wird von der Graduiertenakademie in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Agrobiotechnologie und Begleitforschung zur Bio- und Gentechnologie an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock organisiert und ist kostenfrei. Es können interessierte Promovierende und Wissenschaftler/innen aus allen Fachrichtungen daran teilnehmen. ...
Es scheint, bundesdeutsche Diskussionen über neue Technologien werden grundsätzlich als Risiko-Debatten geführt. Teilnehmende an diesen Diskussionen sind zum einen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich der Entwicklung widmen, zum anderen aber (selbsternannte) Sachwalter der öffentlichen Moral bzw. des Wohlbefindens unterbestimmter Öffentlichkeiten. Die zurückliegenden Auseinandersetzungen um die Grüne Gentechnik haben deutlich gemacht, dass auch wissenschaftlich nicht substantiierbare Befürchtungen zu einer kompletten Blockade einer Technologie führen können. Technologie-Entwickler/innen standen und stehen hier nicht selten sprachlos vor einer ungewohnten und vielleicht sogar unerwarteten Situation. Die Veranstaltung wird sich mit unterschiedlichen Ablehnungs-Mustern befassen und sich dazu auf das „Lehrstück“ der Grünen Biotechnologie beziehen.
Möglichkeiten, auf Öffentlichkeiten moderierend einzuwirken, sollen vorgestellt und diskutiert werden. Die Veranstaltung beginnt mit einem einführenden Referat, dem im weiteren Verlauf kürzere Impulse folgen. Der Schwerpunkt soll jedoch auf der Diskussion der Teilnehmenden liegen.
Dr. Roger J. Busch war u. a. seit 1997 Direktor des Institutes für Technik-Theologie-Naturwissenschaften an der Ludwig-Maximilian-Universität in München mit den Schwerpunkten Konfliktkommunikation, Biotechnologie, ethische Aspekte in den Informations- und Kommunikations-Technologien, der Entwicklung der Landwirtschaft und Wirtschaftsethik.

Aus einer Predigt des Pro-Gentechnik-Kirchenrates Stephan Schleissing (TTN) am Reformationstag 2009 (Quelle nicht mehr vorhanden ++ weitere Predigt)
Anders als die konventionelle Pflanzenzüchtung hat der Einsatz gentechnischer Verfahren den großen Vorteil, genetisches Material gezielter in eine Pflanzensorte einzubringen. Dies führt nicht nur zu einer entscheidenden Zeitersparnis, sondern ermöglicht auch ein breiteres Anwendungsspektrum. In der Landwirtschaft verspricht dies z.B. eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen widrige Umweltverhältnisse wie z.B. Trockenheit oder auch gegen Schädlinge von Nutzpflanzen. Aber auch die Veränderung von pflanzlichen Inhaltsstoffen kann dazu verhelfen, z.B. den Gehalt von Nährstoffen zu erhöhen oder möglicherweise auch den Gewinn von Energie aus Biomasse effizienter zu gestalten. ...
Und angesichts der überaus bedrängenden Fragen der Welternährung – wir sprechen nach OECD-Zahlen von über 800 Millionen hungernder Menschen! – können wir es uns einfach nicht leisten, in Wissenschaft und Forschung auf die Entwicklung potenzieller neuer Saaten und Pflanzen auch mit Hilfe der Gentechnik zu verzichten, ...

Christian Kummer, Prof. für Naturphilosopie in München und Vorstand bei TTN (Ableger der Evang. Kirche in Bayern), auf der Preisverleihung "Land der Ideen" für FOR PLANTA (16.11.2011 in Erlangen)
"Gentechnik, so könnte man sagen, lässt uns erst die Sprache der Natur verstehen. ... In diesem Sinne verstehe ich Gentechnik als ökologische Forderung. Ökologie, ökologische Ansätze im Denken braucht diese Voraussetzung. Sie muss sie fordern, wenn es sie nicht schon gäbe."
"Wenn ich die Risikolisten der Gentechfrei-Befürworter durchgehe, dann stellt sich bei mir immer die Frage, wieviel von diesen angeführten Risiken ist real und wieviel ist hier nur künstlich ausgedacht anhand rein theoretischer Möglichkeiten. Aber auch: Wieviel wird zum wohlfeilen Zugeständis ohne einen einzigen Grund? Ich kapier immer noch, was genetisch veränderter Pollen im Honig für einen Schaden anrichten soll. Dennoch war vorauszusehen, dass die von einem Einzelnen angestrengte Klage Erfolg haben würde."
"Solange man sich jedoch jedem Freilandversuch von Vornherein widersetzt oder ihn sabotiert, ist das Abschottung der Vernunft vor Aufklärung. Mir ist hierbei der Gewinn für Greenpeace bei solchen Aktionen genauso ein Rätsel wie im Fall ihrer Stammzell-Patentklage ..."
"Über einen Graben kommst Du nur drüber, wenn Du irgendwann mal springst. ... Einen Graben überwindet man nur mit einen Sprung und die Gefahr nasser Füße ist nicht restlos auszuschließen. Das ist schließlich das, was ich das Herausfordernde der Gentechnik der ökologischen Heils- und Unheilspropheten nennen möchte".


Auszug aus dem "TTN-Info" im September 2011 ("Extra Grüne Biotechnologie"): "Die Hochschätzung und Förderung von Wissenschaft gerade im Bereich der biologischen Sicherheitsforschung ist insofern Voraussetzung jeder demokratischen Politik."

Das TTN lud am 10.5.2011 zu einem Workshop zur Wissenschaftskommunikation am Beispiel "Grüne Gentechnik" - Public Relation oder Aufklärung? Als ReferentInnen wurden ausgewiesene und platte Lobbyisten der Agrogentechnik geladen. Das Programm:

Ähnlich bei BMBF-TTN-Klausurwoche "Grüne Gentechnik - Zwischen Forschungsfreiheit und Anwendungsrisiko". Als "WissenschaftlerInnen" durften Ingo Broer (die nach eigenen Aussage Gentechnik betreibt, "weil es dafür Geld gibt") und Stefan Rauschen auftreten (Bericht von Martin Knapp, ITAS). Ausgewiesenes Ziel der von Kirchenseite eingeladenen Konferenz war die Demontage einer gentechnikkritischen Studie von Angelika Hilbeck (siehe die Protokollierung).

Im Beitrag "Grüne Gentechnik - ein verantwortbarer Beitrag zur Bekämpfung des weltweiten Hungers?" des TTN-Mitarbeiters Christian Dürnberger (im ganzen Text gibt es kein Wort, dass genug zu essen da ist ...)
Wir haben von den Potentialen dieses technologischen Arsenals der Pflanzenzüchtung gehört, die sie zweifelsohne zu einer potentiellen Schlüsseltechnologie angesichts zentraler Herausforderungen unseres Jahrhunderts macht.

Aus dem Vorwort "Auf der Suche nach einer neuen Kultur der Debatte" von Christian Dürnberger (TTN) in der BMBF-Broschüre "25 Jahre BMBF-Forschungsprogramme zur biologischen Sicherheitsforschung" (4.9.2014)
Biologische Sicherheitsforschung findet sich in einer paradoxen Grundsituation wieder. Zum einen erfüllt sie ein gesellschaftliches Bedürfnis: Sie prüft an konkreten Szenarien viel diskutierte Risiken einer Technologie und stellt ihre Resultate – beispielsweise auf der Website bioSicherheit.de – transparent und in einer für den interessierten Bürger verständlichen Art und Weise dar. Zum anderen finden die Erkenntnisse
der Sicherheitsforschung gentechnisch veränderter Pflanzen jedoch nur bedingt Niederschlag in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung wie auch in den politischen Entscheidungsprozessen. Im Besonderen nimmt die Öffentlichkeit die Risiken der Grünen Gentechnik als bedrohlicher wahr als es die Ergebnisse der biologischen Sicherheitsforschung tatsächlich nahelegen würden. ...
In der Diskussion sind verschiedenste sozioökonomische Kriterien, wenngleich dies ein heikles Unterfangen ist. Im Kontext der gesetzlich regulierten Zulassungsentscheidung von gentechnisch veränderten Pflanzen können sie keinen Platz haben, da eine Zulassungsentscheidung nicht an unbestimmte Kriterien geknüpft werden darf.


Im Februar 2011 lud die von Ludwig-Maximilian-Universität und evangelischer Kirche in München getragene Lobbyinstitution TTN zu einer sechstägigen Klausur ein. Die Ergebnisse wurden in einem Buch veröffentlicht und zeigen deutlich, wie sich hier Theologie und Wissenschaft verbinden, um ethischer Einmischung in die von ihnen zur neuen Religion erhobene Wissenschaftsfreiheit eine Absage zu erteilen. Gleichzeitig blenden sie alle Zweifel an Unabhängigkeit von Wissenschaft im Zeitalter des Profitzwangs und der Selbstverstärkung von Herrschaft einfach aus.

Im Original: Optimierung der Schöpfung III
Geschickte Propaganda: Pseudowissenschaftliches Pro-Gentechnik-Buch aus Uni- und Kirchenkreisen
Zum Buch "Grüne Gentechnik: Zwischen Forschungsfreiheit und Anwendungsrisiko" von Herwig Grimm/Stephan Schleissing (Hrsg.)
(2012, Nomos in Baden-Baden, 444 S., 49 €)
Sechs Tage lang begaben sich ExpertInnen in eine intensive Klausur, um über das gesellschaftspolitisch heiß umkämpftes Thema „Gentechnik“ zu diskutieren, in Gruppen Positionen zu erarbeiten und schließlich die „Ergebnisse“ in diesem dicken Buch zu veröffentlichen. Initiatoren und nun Buchherausgeber waren zwei zentrale Figuren einer Münchener Einrichtung, in der seit Jahren die dortige Uni (LMU) und die evangelische Kirche für die grüne Gentechnik werben. Die bisherigen Methoden reichten von Pressetexten über Faltblätter und Veranstaltungen bis zu Predigten. Nun also folgte die Klausur und das Buch. Es ist eine „Gruppenbild mit Dame“, nicht in erster Linie wegen der geringen Anzahl von Frauen in dem Treffen (das ist in politischen Debatten nach einer leichten Besserung vor ca. 20 Jahren wieder zum Normalfall geworden), sondern wegen der fatalen Rolle der Gentechnikreferentin des Naturschutzbundes Deutschland. Sie ist die Quotenkritikerin, aber lässt sich nicht nur vorführen als exotische Beigabe in einer völlig einseitigen Veranstaltung, sondern leistet zudem noch einen gleich doppelt verheerenden Beitrag. Zum einen ist er inhaltlich schwach und hangelt sich überwiegend an Fällen aus alten Zeiten (MON810) entlang, ohne aktuelle Entwicklungen überhaupt zu erwähnen. Zum anderen befürwortet er offensiv verstärkte Forschung, bettelt aber darum, auch etwas von dem Forschungsförderungskuchen abzubekommen. Naturschutzverbände sollen in Gremien besser vertreten sein und auch Geld für wissenschaftliche Arbeiten bekommen – eine Position, die leider nicht nur hier die Umweltverbände zu harmlosen, käuflichen Mitläufern macht.
Im Rest des Buches haben die BefürworterInnen der grünen Gentechnik freie Bahn. Sie verpacken das mehr oder weniger gut, phantasieren von unabhängiger Forschung und fordern unverblümt mehr Geld und Freiheit für ihre Tätigkeit. Niemand dort zählt auf, wie viele Patente er bzw. sie schon gesammelt hat – auf staatlichen Stellen oder mit staatlichen Geldern. Alle präsentieren sich als nachdenklich, unabhängig und neutral, selbst die Patentesammlerin, Leiterin offensichtlich betrügerischer Versuche und vielfach in den Seilschaften verstrickte Rostocker Professorin Inge Broer. Ein sogenannt theologischer Beitrag widmet sich dem Schöpfungsglauben. Mensch muss den kruden Erfindungen der Bibel nicht folgen, aber was in diesem Buch steht, verbindet klerikales Denken mit geldgeilem Machbarkeitswahn. „Wenn die Forschung an GVPs die Möglichkeit eröffnet, Leiden zu verringern und das Wohl von Menschen zu fördern, sollte gerade die Theologie eine solche unterstützen“ schreibt Moritz Menacher vom Lehrstuhl für Theologie und Ethik der Uni Heidelberg, und dass „Freilandversuche … dezidiert unterstützt werden“ sollten. Sein Text gipfelt in einer theologischen Begründung für ein Herumwerkeln in der „Schöpfung“: „Dem Menschen ist in der Schöpfung eine besondere Rolle zuteilgeworden, und sein Verhältnis zu den anderen Lebewesen ist nicht das einer Partnerschaft, da der Mensch von Gott ermächtigt worden ist, Eingriffe in fremdes Leben vorzunehmen. Ihm ist im Umgang mit der natürlichen Welt alles eröffnet, solange er die Folgen nach menschlicher Einsicht prüft …“ – ein Blick auf die Formbarkeit „menschlicher Einsicht“ durch Macht und Geld folgt nicht. Stattdessen wird an die „Verantwortung“ derer appelliert, die im täglichen Kampf in Instituten und Firmen um die nötigen Geldflüsse zum Überleben ringen. „Schöpfung ist mehr als die Natur, denn selbst wenn der Mensch die Natur zerstört, kann er doch nicht die Schöpfung zerstören.“ Forschungsfreiheit sei durch ethische Kritik in Gefahr, argumentieren andere wie Thorsten Moos, Leiter des Arbeitsbereichs „Religion, Recht und Kultur“ an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (ebenfalls in Heidelberg). Dass Wissenschaft – und das ja sogar mit deren eigenen Worten belegbar – nicht anderes (mehr) ist als die Jagd nach Fördergeldern, wird dabei ausgeblendet. Übrig bleibt scheinbar nur der Kampf zwischen Glaube und Vernunft – und hier müsse klar die Vernunft siegen, deren Verwicklungen in Fortschrittsglaube, politische Machtansprüche und Zwang zum wirtschaftlichen Profit schlicht unter den Tisch fallen. Die Religion (und somit auch die Kirchen) wären mit ihren ewiggestrigen Welterklärungen und ihren eigenen Machtansprüchen in der Tat ein untaugliches Gegengewicht. Doch eine entfesselte Forschung im Dienst von Macht und Profit braucht Gegenwind. Den erhalten sie im Buch aber nicht – außer einem lauen Lüftchen einer immer zahmen und politisch wie fachlich einfach auch dummen Nabu-Vertreterin. Selbst der Beitrag zu Lobbying fällt entsprechend seltsam aus. Nach einem kritischen Blick auf den Wirtschaftsverband EuropaBio wird Greenpeace als Beispiel für Machtpolitik per Lobbying vorgestellt. Die Quellenangaben zeigen dann auch: Mit den Veröffentlichungen der letzten Jahre zu Gentechnik-Seilschaften hat sich die Autorin gar nicht beschäftigt. Nur Stefan Rauschen, Chef eines internationalen Lobbyverbandes, darf in seinem Beitrag kurz über die GentechnikkritikerInnen hetzten. Zitat: „Die Aktivitäten der Kritiker richten sich aber auch direkt und persönlich gegen die forschenden WissenschaftlerInnen und Wissenschaftler und nehmen dabei teilweise verleumderische Züge an.“ (Fußnote dazu: www.gentechnik-seilschaften.siehe.website).

Nicht viel später wieder eine ähnliche Nummer: Das Center for Advanced Studies (CAS) der LMU München und das Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften (TTN) veranstalteten am 9. Mai 2012 eine Podiumsdiskussion "Grüne Gentechnik bewerten und regulieren". Auf dem Podium die Professoren Hans-Georg Dederer (Universität Passau),
Bernhard Gill (LMU),
Christof Mauch (LMU),
Jürgen Soll (LMU) und Gerhard Wenzel (TUM) - siehe Videomitschnitt. Der Moderator war Joachim Müller-Jung, im Hauptberuf Wissensredaktionschef der FAZ. Der schreibt zum Thema Gentechnik einseitige Artikel und zeigt dabei auch bemerkenswerte Wissenslücken. Die werden mit Parolen, froher Hoffnung und Glaubenssätzensolche Sätze gefüllt - so wie im Leitartikel "Das Gespenst Gentechnik geht" am 29.5.2012:
Auf dem Acker fahren wir im Rückwärtsgang. ... Es fehlt nicht mehr viel, und Europa erlebt einen neuen Bankrott ... Dass Erzeugnisse aus gentechnisch veränderten Lebensmitteln, allen voran Sojaprodukte, in die Gemeinschaft gelangen, ist längst unvermeidlich. ... Man schiebt, nachträglich, umstrittene Sicherheitsbedenken vor, um politisch gewollte Verbote durchzusetzen und damit das Zulassungsverfahren ad absurdum zu führen. ... Dass im heterogenen Europa jemals ein amerikanisches Naturbild allgemein anerkannt wird, das die Erzeugnisse der Gentechnik als natürliche Bestandteile der Lebensmittel einstuft, ist heute undenkbar. Die Wissenschaft als Impulsgeber des Fortschritts hat das längst hingenommen. Selbstverständlich bleibt es für sie irrational, die pflanzenzüchterischen Vorteile sicherer Sorten nicht nutzen zu wollen. Aber die Einwände, seien sie grundsätzlicher moralischer Art wie die Nichtrückholbarkeit neuer Genkonstrukte, sind auch für sie nicht mehr fadenscheinig. Sie steht im Wettbewerb und geht dahin, wo sie Chancen für die Grüne Gentechnik sieht. Europa kann hier keine erste Adresse mehr sein.

Finanziert wird das Treiben des TTN zu guten Teilen aus dem Bayrischen Staatsförderprogramm für die grüne Gentechnik.

Aus einer Mitteilung des evangelischen Pressedienstes selbst:
Eine ethische Onlineberatung zu den Themen Pflanzenforschung und Gentechnik hat das Institut Theologie-Technik-Naturwissenschaft [1] (TTN) entwickelt. Das neue Webportal www.pflanzen-forschung-ethik.de [2] erlaube den Nutzern, sich "selbstständig ein ethisch fundiertes Urteil über Anwendungen der Grünen Gentechnik zu bilden", erklärte das Institut am in München. Die Grüne Gentechnik werde in Deutschland seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert, erklärte Projektleiter und TTN-Geschäftsführer Stephan Schleissing. Den interessierten Beobachtern falle es zunehmend schwer, die "ausufernden Konflikte" nachzuvollziehen. Das Webportal informiere über das Themenfeld der modernen Pflanzenforschung und enthalte Meinungen von Akteuren in Bayern. Zudem könnten sich die Nutzer anhand eines interaktiven Fallbeispiels selbst ein Urteil bilden. "Damit wird ethisches Argumentieren erfahrbar", so Schleissing.
Doch mit dem Selbst-denken wird das schwierig. MacherInnen der Internetseite sind nämlich geschulte Seilschaften, die auch andere Internetplattformen betreiben (z.B. TransGen), die pseusoneutral das Denken manipulieren sollen. Laut Impressum stehen die Aachener Coonnection „i-bio“ hinter dem Projekt, technisch wird es von Pigurdesign umgesetzt. Die arbeiten regelmäßig für die Gentechnikseilschaften, so auch schon für WGG, Max-Planck und IPK.
Glück haben die evangelische Kirche und andere seit Jahren, weil der Gentechnikprotest auch in Bayern nicht in der Lage ist, die verantwortlichen Institutionen (Unis, Landesregierung mit dem Förderprogramm For Planta, Kirche usw.) mal ins Zentrum des Protestes zu rücken (ist in anderen Bundesländern nicht anders außer in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, aber auch da sind es unabhängige AktivistInnen meist von außerhalb).
Gehen wir noch näher ran und schauen direkt in ein Gotteshaus, genauer in die St. Johannis Kirche. Die liegt in Göttingen, es war der 24. Juni 2010. Gebete und Verkündungen erfüllen den sakralen Raum. Unter dem harmlos scheinenden Titel "Säen und Ernten in Zeiten von Hunger und Überfluss" traten Funktionäre von Gentechnikkonzernen auf. "Zum Schluß forderte Herr von der Ohe die zahlreichen Zuhörer auf mit ihm zu beten, auf dass die Politiker Rahmenbedingungen schaffen, die der Gentechnik die Pforten öffnen. Wir alle sollten jetzt den Samen legen, damit niemand mehr hungern müsse", berichtete ein Besucher. Die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt (Sitz: Wittenberg) organisierte zusammen mit dem IPK in Gatersleben die 3. Gaterslebener Gespräche unter dem Motto "Globale Aspekte der Grünen Gentechnik", zu dem vor allem Gentechnikbefürworter wie Matin Qaim (Uni Göttingen) und Joachim Schiemann (JKI) als Referenten geladen wurden. Beliebter Begleiter von Propagandaveranstaltungen der Gentechnik war Kirchenrat Dr. Roger J. Busch, Ex-Geschäftsführer am Institut für Technik, Theologie, Naturwissenschaften (TTN) in München. Seine Anwesenheit als Diskussionspartner gibt einseitig besetzten Podien einen pluralen Flair. Doch Kritik kommt von ihm nicht, nur seichte Ermahnung zu Nachdenklichkeit. Dem gemeinsamen Abschlussergebnis pro Gentechnik stand er nie im Wege - wie am 11.9.2003 in Geisenheim: "Einig waren sich die Experten in der von Prof. Dr. Max-Bernhard Schröder (Forschungsanstalt Geisenheim) moderierten Runde darüber, dass auf das enorme Innovationspotenzial der Biotechnologie nicht leichtfertig verzichtet werden dürfe." Sein Nachfolger ist Stephan Schleissing, der ähnlich agiert und sich noch deutlicher pro Gentechnik ausspricht.
Dagegen ist kirchlicher Segen der Marke Gatersleben doch eher harmlos, aber kein Einzelfall. Ein katholischen Weihbischofs segnete auch Anlagen eines Saatzüchters (Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 19.6.2007).

Im Original: Religöser Beistand zur Manipulation
Akzeptanzbeschaffung durch klerikalen Beistand
Aus "Runder Tisch: Gentechnik bleibt weiter Gesprächsstoff", auf: www.biotechnologie.de am 21.5.2009
Weihbischof Bernd Uhl von der Erzdiözese Freiburg indes betonte, dass er nun deutlich nachdenklicher sei, was das Thema Welternährung betrifft. Man könne hier nicht allein von einem Verteilungsproblem sprechen, so Uhl.

24.6.2010: Gottesdienst für die Agro-Gentechnik ... mit KWS-Pressesprecher als biblischem Verkünder
Unglaublich aber wahr: Es war eine reine Werbeveranstaltung der KWS in der St. Johannis Kirche in Göttingen am 24.06.2010: Der Titel lautete „Säen und Ernten in Zeiten von Hunger und Überfluss“. Henning von der Ohe, Sprecher der KWS Saat AG, hielt im Rahmen eines Gottesdienstes einen Lobes-Vortrag auf die Gentechnik. Seiner Ansicht nach könne man quasi mit Gentechnik alle Hungernden satt machen. Das die Gentechnik - Dank der Patente - vor allem den Konzernen viel bringt, hat er natürlich nicht gesagt. Auch interessiert die KWS anscheinend sich nicht für die hunderten Wissenschaftler des Weltagrarberichts, welche deutlich gemacht haben, dass die Gentechnik den Hungernden nichts bringt. Zum Glück wurden bei der Veranstaltung auch Gegenstimmen laut.
++ Quelle: Bericht auf www.kws-gentechnikfrei.de
Ein Besucher der Veranstaltung schrieb: "Herr von der Ohe sah weiterführend die Finanzkrise als eine Krise der Werte und betonte diesbezüglich, dass bei der KWS hingegen Werte und Moral eine große Rolle spielten. ... Zum Schluß forderte Herr von der Ohe die zahlreichen Zuhörer auf mit ihm zu beten, auf dass die Politiker Rahmenbedingungen schaffen, die der Gentechnik die Pforten öffnen. Wir alle sollten jetzt den Samen legen, damit niemand mehr hungern müsse." ++ Weiterer Bericht im Göttinger Tageblatt vom 25.6.2010

Synodalpräsidentin: Möglichkeiten der "Grünen Gentechnologie" erforschen
München (epd). Einen Nachweis der Unbedenklichkeit hat die bayerische Synodalpräsidentin Dorothea Deneke-Stoll (Ingolstadt) bei gentechnischen Eingriffen in die Natur gefordert. ... Die Auswirkungen der "Grünen Gentechnologie" müssten intensiver erforscht werden, erklärte die Synodalpräsidentin. Dabei sollte geklärt werden, ob durch eine verantwortlich gebrauchte Gentechnik die Lebensverhältnisse der Menschen verbessert und drohende Ernährungskrisen abgewendet werden könnten.

Reinhard Szibor als Gentechnikflüsterer der Kirche in Sachsen-Anhalt
"Gendreck weg", lautet ein in Deutschland vielfach zu hörender Spruch. Der Magdeburger Naturwissenschaftler Reinhard Szibor hält dagegen. Für ihn ist die Ablehnung der Grünen Gentechnik ein unverantwortlicher Fehler. Harald Krille sprach mit dem bekennenden Protestanten. So leitete die Mitteldeutsche Kirchenzeitung in ihrer Ausgabe von November 2011 ein Interview mit dem Gentechnik-Lobbyisten ein. Dass dieser Mathematik-Professor war, also vom Thema zumindest von der Ausbildung her keinerlei Sachverstand mitbrachte, wird schon in der Einleitung schlau verschleiert. Und auch der Rest ist nicht viel mehr als platte Propaganda. Szibor trat vor allem als Leserbrief-Hetzer auf - und bekam dafür einen Preis des Gentechnik-Lobbyverbandes InnoPlanta.

Der fehlende Sachverstand ist auch zu merken ... Auszüge aus dem Interview
Ich habe keine Angst, sondern die Sorge, dass man sie nicht nutzt. Man muss festhalten, dass es ein unglaubliches Unwissen über Züchtung überhaupt und die Grünen Gentechnik im Besondern gibt. Viele wissen gar nicht, dass die große Mehrheit der Pflanzen, die wir essen, Ergebnisse ungerichteter Mutationen sind. ...
Bei der gentechnischen Veränderung einer Pflanze gibt es einen gezielten Eingriff an nur einer Stelle und dort wird eine gut analysierte Gensequenz eingebaut. ...
So schlimm Tschernobyl und Fukushima auch sind, man muss die Realitäten und die Relationen sehen. Um die enormen Probleme unserer Welt zu lösen, brauchen wir auch neue Technologien! ...
Wir müssen immer die Vorteile einer Technologie realistisch abwägen gegen ihre zweifellos bestehenden Risiken und gegen die Risiken, die sich aus dem Verzicht darauf ergeben. Bei der Grünen Gentechnik sind die Risiken durch zugelassene Pflanzen nahe Null, die Chancen groß und ein Verzicht verschärft die bestehenden Probleme. ...
Frage: Und warum sollen wir uns den Chancen und Risiken der Grünen Gentechnik aussetzen?
Szibor: Weil alle sechs Sekunden auf der Welt ein Mensch an Hunger stirbt. Und weil die konventionelle Züchtung ausgereizt ist und kaum noch einen Zuwachs an Erträgen und an Ertragssicherheit bringt. ...
Ich bin davon überzeugt, dass zur Lösung der größten Probleme der Zukunft – Ernährung und Energie – der Einsatz von Biotechnologien unumgänglich ist. Deshalb brauchen wir eine sachliche Diskussion mit wissenschaftlichen und ethischen Argumenten.


Sein letzter Satz hätte eigentlich dazu führen müssen, dass er das Interview verweigert hätte:
Kirchenleute sollten sich von Wissenschaftlern mit nachgewiesener Kompetenz beraten lassen. Nachgewiesene Kompetenz? Das hat er bestimmt nicht ...

Leserbrief an die Kirchenzeitung


  • Entlarvung per Fake-Flugblatt: Die enge Gentechnik-Werkekooperation zwischen Kirche und dem Mathematik-Professor Szibor wurde 2012 mit einem gefälschten Flyer karikiert

Am 23.9.2010 fand in Ludwigshafen eine Podiumsdiskussion zur Agro-Gentechnik statt. In der Höhle des BASF-Löwen sollten ein BASF-Wissenschaftler, eine VertreterIn des BUND und der Autor von "Organisierte Unverantwortlichkeit" streiten. Geladen war auch Maren Heincke, Agrarreferentin der Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau. Die sagte aber ab, weil sie sich nicht zusammen auf ein Podium setzen würde mit ... nein, nicht mit BASF. Das hätte sie gerne gemacht. Sondern mit dem Autor von "Organsierte Unverantwortlichkeit" wollte sie nicht. Überraschend kam das nicht: Heincke ist seit Jahren imAktionsbündnis gentechnikfreies Hessen aktiv und dort mitverantwortlich für die Ausgrenzungen (siehe oben).
Nach eigenen Aussagen würde die Kirche mit "den Gießener Gentechnikgegnern" nicht kooperieren, weil die "immer Genfelder kaputt machen" (geäußert am 13. Februar 2009 in Romrod). In ihren eigenen Schriften empfiehlt sie die Propagandaplattform TransGen als Informationsquelle.
Absurd ist - wieder einmal - dieRolle und Position des Vatikan. Dort, wo der selbst- und fremdernannte Sprecher Gottes mit Kondomverzicht gegen AIDS kämpft undmit der Geißelung kultureller Errungenschaften ständig in der Tradition von Hexenhammer und Galilei-Bann steht, wird für die Gentechnik getrommelt. Maßgeblichprägt die Päpstliche Akademie das Geschehen. Dort wirken etliche Agro-Gentechnikfans, darunter der "Erfinder" des Golden Rice, Prof. Potrykus. Er organisierte eine Tagungvom 15. bis 19. Mai 2009 mit dem Titel: "Transgene Pflanzen für die Lebensmittelsicherheit im Entwicklungszusammenhang". Programmtext und Referentenauswahl ließendarauf schließen, dass es sich bei der Studienwoche nicht um eine breite und unvoreingenommene Diskussion potentieller Einsatzgebiete transgener Pflanzen und der damit verbundenen gesundheitlichen, ökologischen und sozioökonomischen Risiken geht.
Die katholische Landvolkbewegung forderte daraufhin "die Päpstliche Akademie der Wissenschaften auf, diese einseitige Tagung
abzusetzen und eine neue Tagung vorzubereiten, die weitere Positionen und
Untersuchungsergebnisse
berücksichtigt und damit eine ausgewogenere
Betrachtung
sicherstellt.
" Doch auch in der Kirche haben Apparate mit den basisnäheren Teilen wenig zu tun und kamen der Aufforderung nicht nach.

Im Original: Tagung der Päpstlichen Akademie
Aus dem Einladungstext (Übersetzung: BN)
Wir müssen Argumente finden
  • warum Nahrungssicherheit für die Armen des effizienten Zugangs zur Agrogentechnik bedarf
  • warum "extreme Vorsorgeprinzip-Regelungen" ungerechtfertigt sind
  • um die sozialen und ökonomischen Konsequenzen der Überregulierung aufzuzeigen
  • wie gesetzliche Regelungen, die auf Ideologie basieren, hin zu solchen auf wissenschaftlicher Basis zu verändern sind
Wir müssen auch Ideen entwickeln, was eine "auf Wissenschaft gründende Regulierung" bedeuten würde, wir müssen Strategien entwickeln, wie Medien, Öffentlichkeit, Behörden und Regierungen zu informieren sind, dass es nicht gerechtfertigt, ja unmoralisch ist, mit den derzeitigen Einschätzungen und Verfahren fortzufahren.

Zu den TeilnehmerInnen der Tagung auf dem Save-our-Seeds-Blog
Die Mehrheit des “humanitären Vorstands” des Golden Rice Project wird sich nun in der päpstlichen Akademie ein Stelldichein geben: Adrian Dubock vom Saatgut- und Chemiemulti Syngenta etwa, der das Projekt finanziell zusammen mit der Rockefeller Stiftung betreibt, und Robert Zeigler, der Chef des Internationalen Reisforschungsinstituts IRRI, das in den Philippinen dem Gentechnik-Reis zum Durchbruch verhelfen will und natürlich Prof. Martin Quaim von der Uni Göttingen, einer der vehementesten Gentechnik-Streiter in Deutschland.
Insgesamt liest sich die Teilnehmerliste wie der Who-is-Who des globalen Netzwerks der aggressivsten Gentechnikfreunde aus aller Welt (Nur Klaus Amman fehlt aus unerfindlichen Gründen). Ihr Flaggschiff ist Herny I. Miller, vom neo-konservativen think-tank “Hoover Institution”, der in den 80iger Jahren mit Monsantos Hilfe die Gentechnik-Politik der US-Gesundheitsbehörde FDA prägte und heute publizistisch Gentechnik-Kritiker am Rande des Terrorismus verortet. ...
Prominentester Gast der Runde und ständiges Mitglied der Akademie ist Werner Arber, der 1978 den Nobelpreis für die Entdeckung der Restriktions-Enzyme bekam, die die Grundlage gentechnischer Veränderungen ist. Er hatte sich in der päpstlichen Akademie stets stark dafür gemacht, dem natürlichen Hang der Kirche zum Kreationismus zu entsagen und auf dem Boden der evolutionären Tatsachen zu bleiben. Wo die ironischen Berührungspunkte zwischen dem kreationistischen “intelligent design” Konzept, an das immerhin eine Mehrheit der Amerikaner im Darwin-Jahr 2009 wieder glaubt, und den Heilsversprechen der Gentechnik liegen wollen wir einem anderen Artikel vorbehalten.
Die einzige Frau in der Runde ist Nina Fedoroff, ihres Zeichens die von der Bush-Administration übernommene Technologie-Beraterin von Hillary Clinton, die kürzlich dem Spiegel anvertraute, dass die Hysterie europäischer Gentechnikgegner grossen Schaden anrichte. KritikerInnen sind zu dem Symposium nicht gebeten.
Ziel der Veranstaltung ist es, die bisher eher zögerliche Haltung des Heiligen Stuhls zur Frage der Gentechnik auf Vordermann zu bringen: Dass Gottes Schöpfung der Nachhilfe durch Monsanto (daher der Name? Nein, kein heiliger Berg, sondern die Frau des Firmengründers war die Namenspatin) bedarf mochte man bei allem Gallilei-Trauma im Vatikan bisher noch nicht recht glauben. “Vatikan bejubelt die Gentechnik” titelt nun schon mal in wohl berechtigter Vorfreude das Wissenschaftsblatt “Nature Biotechnology”.

Prof. Dr. Ingo Potrykus im Interview mit Xectuives.net
Im Gegensatz zur „klassischen“ Züchtung wissen wir jedoch sehr genau, was wir verändern; wir können die Eingriffe genau beschreiben und wissen, was passiert. Hat man während Jahrtausenden Pflanzenzüchtung nach Intuition und nach Zufall betrieben, kann diese heute viel präziser und kontrolliert durchgeführt werden. ...
Frage: Im Frühling dieses Jahres haben Sie für die Päpstliche Akademie der Wissenschaften eine Studienwoche zur Pflanzentechnologie organisiert, an der Schwergewichte aus der Forschung aus der ganzen Welt dabei waren, unter anderem auch der Schweizer Nobelpreisträger Prof. Dr. Werner Arber, um nur eine bekannte Persönlichkeit zu nennen. Diese Studienwoche fand im Vatikan statt. Hat die Kirche heute weniger Probleme mit der Gentechnologie als die Gesellschaft als Ganzes? Immerhin meint der Papst einleitend zu einem mir von Ihnen vorgelegten Text, dass der Mensch technische Entwicklungen machen solle, die zum Wohle der Menschheit beitragen.
Nein, ganz so ist das leider nicht. Die evangelische Kirche ist, meiner Erfahrung nach, eine der intensivsten Gegnerinnen der Pflanzengentechnologie. Auch aus der katholischen Kirche gibt es Widerstand. Der Papst hat, wie Sie sagen, eine sehr offene Haltung gegenüber den Technologien eingenommen. Er sagt, dass Gott den Menschen die Fähigkeit gegeben habe, technische Entwicklungen voranzutreiben, und dass er diese Fähigkeit deshalb auch nutzen solle. Er meint aber nicht nur zum Nutzen der Reichen, sondern vor allem zum Nutzen der Armen und Minderprivilegierten auf der Welt. Seine Forderung ist es, dass die Vorteile von Technologie und Forschung sozial gerecht verteilt werden müssen.

Aus dem Beschluss der KLB, gefasst auf der Bundesversammlung
der Katholischen Landvolkbewegung Deutschland
vom 24.-26.4.2009 in St. Ulrich:


  • Sebastian Moll: Evangelischer Pfarrerausbilder, Pro-Gentechnik und AfD-Mitglied

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