Im Namen des Volkers

VERSUCHSFELD MIT TRANSGENER GERSTE:
KÖNNEN DIE LANDWIRTSCHAFT?

Nachschlag 2009: Versuch in Groß Lüsewitz


1. Die Uni, die Stadt und das Beet
2. Die Ziele des Gerstenversuchs: Täuschung und Wahrheit
3. Sicherheitsforschung war es nicht - was aber dann? Die tatsächlichen Versuchsziele
4. Umgang mit Fördergeldern und anderen Geldbeträgen
5. Vertuschte Risiken: Lügen und Täuschungen zu Auskreuzung und Gentransfer
6. Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit
7. Stellungnahmen zum Versuch und zum Bedarf an transgener Gerste
8. Kritik an den MacherInnen des Gersten-Versuchsfeldes
9. Zusatzinfos zum Gengerstefeld
10. Wer wird da tätig? Kogel, das IFZ und sein Kollege Sonnewald
11. Der lange Weg zur Aussaat: Viele Jahre Labor, wenige Monate PR-Kampagne!
12. Einblicke in den Versuchsablauf
13. 2008: Eine Besetzung beendete den Versuch - aber nicht die Lügen!
14. Nachschlag 2009: Versuch in Groß Lüsewitz
15. Links

Kogel gab nicht auf. Die Uni wiederholte ihren Antrag und suchte einen neuen Acker für den Feldversuch. Sie fand ihn 20km östlich Rostock auf den Flächen des dubiosen AgroBiotechnikums. Die Einrichtung steht im Verdacht, systematisch Fördermittel in eigene Firmenkonstruktionen zu leiten. Rund um dieses Gründerzentrum ist ein enger Filz von Gentechnikkonzernen, Kontrollbehörden und Forschungsinstituten entstanden. Dort suchen Kogel & Co. nun ihr neues Heil - neben Weizen-, Mais- und Kartoffelversuchen. Aber wieder stellen sich AktivistInnen ihnen entgegen. Am frühen Morgen des 3. April wurden die Versuchsäcker besetzt!


Laut Genehmigungsantrag ans BVL sollten die gleichen Gerstepflanzen ausgebracht werden wie 2006 und 2007 in Gießen. Die Uni Gießen wollte ihre beiden Versuchsteilziele durchführen.


Die Verschiebung des Versuchs ans AgroBioTechnikum wirkte von Beginn an eher wie ein Handeln mangels Perspektive. Viele 100km lagen nun zwischen Hochschule und Versuchsfeld. Die Folge war deutlich sichtbar: Das Feld wurde kaumvon ForscherInnen besucht, wie befragte NachbarInnen und Wachschützer erzählten. Die nach 2009 plötzlich veröffentlichten Ergebnisse stammten aus der Retorte oder freien Phantasie der Versuchsbeteiligten. Doch es dürften ganz andere Motive gewesen sein, die Kogel zur erneuten Auspflanzung motivierten. So hatte er schon nach der Feldzerstörung von 2007 seine Fühler ausgestreckt, um frisches Geld für eine komplette Wiederholung des dreijährigen Versuchs zu erhalten. Dabei hoffte er, 2008 ohne Störung forschen zu können und beantragte eine Verlängerung um zwei Jahre, also 2009 und 2010. Denn landwirtschaftliche Forschungspraxis ist, einen Versuch über drei Jahre durchzuführen, um auch statistisch belastbare Ergebnisse zu haben. Dann klappte 2008 nicht, das Geld aber war bewilligt. Warum es verschenken, wenn es doch als Drittmittel im Institut so dringend nötig ist? Auch am AgroBioTechnikum war der Geldsegen gern gesehen. So beauftragte die Universität Gießen nun die Kleinfirma biovativ mit der Anlage eines Versuchs - als reines Fake, um die Geldmittel nicht zurückzahlen zu müssen.


Im Original: Vorbereitung, Anmeldung, Genehmigungsverfahren
Ursprünglich vorgesehener Zeitraum: 2008 bis 2010 (aus dem Aufstockungsantrag an das PTJ Jülich)


Rechts: Aus dem Internetregister der Versuchsanträge (B = beantragt)Gerstenversuch der Uni Gießen trifft bei Rostock auf breiten Widerstand: Brauereichef gibt Bierpreis zurück! ++ Gießener Zeitung 10.5.09


Trotzdem genehmigt und alle Einwände abgetan ++ Aussaat nach 7. Mai ++ Doch kurz danach bereits wieder zerstört ... und neu ausgesät! ++ Klage gegen das Gerstefeld eingereicht!

Beeindruckend war der Umgang der GentechnikerInnen mit einem Saatzuchtbeet des Ulenkrug-Hofes in direkter Nähe. In der Genehmigung des BVL war eigentlich folgende Auflage zu lesen:

Da das Gerstenfeld auf dem Gesamtversuchsgelände bei der Antragsstellung nie präzise lokalisiert wurde, schrieb das BVL in den Bescheid:

Praktisch aber war diese Auflagen so wenig wert wie auch alle Einwendungen und Festlegungen. Denn das Gerstensaat-Beet in unmittelbarer Nähe der Gesamtfläche interessierte niemanden derer, die das Feld anlegten. Die "gesamte beantragte Freisetzungsfläche", die dem Genehmigungsbescheid zugrundlage, reichte mit ihrem Zaun (gelbe Linie im Luftbild rechts) auf ca. 35m an das Gerstensaatbeet (gelber Punkt) heran.

12. Mai: Erste Aussaat und fünf Tage Pause bis zur erste Feldbefreiung
Dann der Start ins landwirtschaftliche Jahr - jedoch gleich recht holprig. Am 3. April wurden die Versuchsflächen besetzt. Nach der sofortigen Räumung erfolgte am 12. Mai die Aussaat der Gerste - für einen Versuch, der von sich behauptet, Umweltauswirkungen der Pflanzen zu untersuchen, bereits jetzt ein absurder Zeitpunkt für Gerste - aber Wissenschaftlichkeit hat diese Wissenschaftler noch nie interessiert. Glück hatten sie aber nicht: Das Feld hielt nicht lange. Unbekannten gelang in der Nacht vom 17. auf den 18. April das Kunststück, trotz Bewachung mehrere der Versuchsfelder zu beschädigen. Das Gerstefeld erwischte es voll. Die Zerstörung wurde zunächst geheimgehalten und eine Neuaussaat vorbereitet. Wachschützer berichteten, dass personelle Konsequenzen aus derNacht gezogen wurden.

Aus dem Standortregister nach der Zerstörung des Gerstenfeldes


Doppelt hält besser: Das zweite Gerstenfeld - zu spät und ohne Genehmigung!
Am 24. Mai, so die Auskunft der Überwachungsbehörde, erfolgte eine Neuanlage des Gerstenfeldes. Der Zeitpunkt war völlig absurd. Üblicherweise wird Gerste ab Ende Februar, meist aber im März ausgesät. Der als Sicherheitsforschung deklarierte Versuch startete also 2 bis 3 Monate zu spät. Schon das wirft die Frage nach der Wissenschaftlichkeit des Experimentes auf. Immerhin ist in der Versuchsbeschreibungdes parallelen Weizenversuchs auf www.biosicherheit.de zu lesen: "Bis zur geplanten Aussaat Anfang April ist jedoch nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. Bei einer späteren Aussaat des KP-4 Weizens ist mit einer weniger feuchten Vegetationsperiode zu rechnen. Unter diesen Umständen sind keine aussagekräftigen Ergebnisse zu Pilzbefall und Resistenzverhalten des Weizens zu gewinnen." Das würde, da Gerste meist noch vor Weizen ausgesät werden, für das Gerstefeld auch gelten.Doch was interessieren solche Überlegungen, wenn es bei dem Versuch um das Waschen von ergaunerten Zuschüssen und das organisierten Ausbringen auskreuzungsfähiger Pflanzen geht. Bemerkenswert: Der Text von www.biosicherheit fand sich auch auf www.biovativ.de - nurohne Absatz zum Aussaatzeitpunkt. Die wussten schon, was sie da machten ...
Dass für die Neuaussaat gar keine Genehmigung vorlag, war nur der traurige Höhepunkte des Versuchsjahres. Die alte Gerste wurde zunächst nicht entfernt, die Neuanlage geschah auf einer zweiten Fläche einige Meter entfernt. Fast einen Monat standen zwei Felder auf der Gesamt-Versuchsfläche. Genehmigt war jedoch nur eines. Damit begingen Versuchsleiter und BetreiberInnen eine Straftat. Denn: "Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ... ohne Genehmigung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 gentechnisch veränderte Organismen freisetzt" (§ 39, Abs. 2 des Gentechnikgesetzes).

Fotos vom 9. Juni 2009 - oben: Erstes (zerstörtes) Feld mit Gengerste vorne und rechts hinten unter dem Netz das neue - völlig illegal!
Unten: Die gesamte Anlage - Beschriftung sichtbar, wenn Maus über Bild. Größer durck Klick!


Doch die alarmierte Justiz zeigte nur: Der Staat und seine Institutionen stehen auf der Seite der Gentechnikfirmen und -konzerne. Nach einer Ortsbesichtigung und Klärung der Tatsache, dass zwei Gerstenfelder vorhanden und auch als gentechnische Anlagen markiert sind, schickten zunächst NachbarInnen eine Anzeige an das Landwirtschaftsministerium. Es geschah ... nichts. Beide Felder wuchsen nebeneinander heran - das eine zerzaust zwar, aber auch voller transgener Gerste. Das andere in seiner Startphase - unsichtbar unter einem Vogelnetz.

Aus der Anzeige vom 11.6.2009, gerichtet an das Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern


Als am 20. Juni 2009 immer noch nichts geschehen war, stellte ein Gentechnik-Aktivist Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Rostock (mit Kopie an Polizeistation Sanitz, Amtsverwaltung Carbäk und andere). Jetzt erst änderte sich die Lage - jedenfalls scheinbar. Die Staatsanwaltschaft leitete formal ein Ermittlungsverfahren ein (Az. 476 Js 15017/09) und der Versuchsbetreiber spritzte hektisch das erste Gengerstenfeld weg.

Im Original: Berichte und Pressetexte zum illegalen Zweitfeld
Mehr Hintergründe im Regionalteil der Ostsee-Zeitung am 24.6.2009

Zweites Gen-Gerstenfeld provoziert Anzeige
Neue Runde im Streit um die Gen-Gerste: Ein Aktivist erstattet Anzeige wegen eines zweiten Versuchsfelds. Die Forscher sehen sich im Recht.

Groß Lüsewitz Der Saasener Umweltaktivist Jörg Bergstedt hat am Sonnabend Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Gentechnikgesetz bei der Rostocker Staatsanwaltschaft erstattet. Seiner Ansicht nach wurden durch die Firma biovativ GmbH aus Groß Lüsewitz, die Begleitforschung an Nutzpflanzen vornimmt, zwei gentechnisch veränderte Gerstenfelder angelegt, von denen eines illegal sei. Der Rostocker Oberstaatsanwalt Peter Lückemann bestätigte den Eingang der Anzeige. „Der Sachverhalt wird geprüft“, sagte er, konnte aber noch keine weiteren Angaben machen.
Gerichtet ist die Anzeige unter anderem gegen die biovativ-Geschäftsführerin Kerstin Schmidt und gegen die Vorstandsvorsitzende des Vereins zur Förderung Innovativer und Nachhaltiger AgroBiotechnologie, Inge Broer. Denn die biovativ GmbH ist zu 100 Prozent eine Tochterfirma des Vereins. Inge Broer war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen. Geschäftsführerin Kerstin Schmidt sieht der Prüfung ruhig entgegen. „Es ist alles ordnungsgemäß“, sagt sie.
Gen-Aktivist Jörg Bergstedt beruft sich auf Paragraph 39 des Gentechnikgesetzes. „Es ist untersagt, unerlaubt gentechnisch veränderte Organismen freizusetzen“, erläutert er die Anzeige. Bergstedt, der durch Anwohner auf ein zweites Feld aufmerksam gemacht worden war, erklärt, dass nur eine Genehmigung für ein Feld im Standortregister eingetragen worden sei. „Das erste Feld war beschädigt worden, daraufhin wurde ein zweites angelegt“, sagt der Gen-Gegner. Aber statt das erste zu vernichten, hätten die Betreiber neu daneben ausgesät, glaubt er. Bergstedt, der sich Mitte Juli wegen des Vorwurfs einer Feldbesetzung in Gießen vor Gericht verantworten muss, will mit einem rechtlichen Winkelzug weitere Pflanzenforschungen unterbinden. Das im Standortregister als genehmigte Fläche ausgewiesene Feld dürfte nur knapp zehn Quadratmeter groß sein. „Es sind aber zwei Felder zu sehen, wovon eines mindestens illegal sein muss“, sagt er. Sein Vorwurf: Die Pflanzen in der alten Versuchsanordnung wachsen unkontrolliert vor sich her.
„Wir haben den alten Versuch ordnungsgemäß beendet und einen neuen in Abstimmung mit den Behörden angelegt“, erklärte Kerstin Schmidt. „Die alten Pflanzen sind mit einem Herbizid abgespritzt worden.“ Es dauere, bis alle Pflanzen abgestorben seien. Wann genau das Pflanzenvernichtungsmittel ausgebracht wurde, konnte sie aber nicht angeben.


Immer absurder: BVL deckt Gengerstenfeld ... aber weiß nicht ob ein ungenehmigtes Feld illegal ist!
Aus der Ostseezeitung vom 24.6.2009
Die umstrittene erneute Aussaat von gentechnisch veränderter Gerste in Groß Lüsewitz ist aus Sicht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit „in Ordnung“.
Bei der Behörde sei eine Änderungsmitteilung eingetragen worden, dass auf dem für die erste Aussaat vorgesehenen Flurstück eine erneute Aussaat erfolgte, teilte das Amt am Mittwoch auf Anfrage in Berlin mit. Die erste, offenbar zerstörte Aussaat sei durch ein Herbizid beseitigt worden, hieß es weiter. Die Justiz müsse die Frage beantworten, ob der Vorgang legal oder illegal war, weil eventuell zwei Versuchsfelder gleichzeitig bestanden, obwohl nur eines genehmigt war. Am Dienstag hatte die Staatsanwaltschaft Rostock zwei Strafanzeigen bestätigt, die von Gentechnik-Gegner erstattet worden waren. Sie richtet sich gegen Mitarbeiter der Universitäten Rostock und Gießen sowie der Firma biovativ.


Überwachungs- und Genehmigungsbehörde als Mit-Straftäter?
Auszug eines Zitats zum zweiten Gerstenfeld von Versuchsleiter Kogel, in: FR, 11.7.2009 (Hessen D3)
"Das Feld war mit den Behörden abgesprochen", versichert der Wissenschaftler.
Aber wieder waren Polizei und vor allem die Staatsanwaltschaft Rostock auf der Seite der Agro-GentechnikerInnen. Das Handeln der Ermittlungsbehörden war nicht als ein Trick - und zwar als ein sehr schmutziger. Die Beschuldigten wurden nie angehört, aber die KritikerInnen zum Verhör als ZeugInnen geladen. Der spätere Einblick in die Akten zeigte, dass das Verfahren ausgenutzt wurde, um die GentechnikkritikerInnen auszuspähen. An ernste Ermittlungen zum illegalen Gentechnikfeld hatten Polizei und Staatsanwaltschaft von Beginn an gar nicht gedacht. Zum weiteren Ablauf der Klage:
  • Nachfragen der Staatsanwaltschaft am 24.6.2009
  • Antwortschreiben an die Staatsanwaltschaft am 6.7.2009 (Anlage war die CD mit Fotos)


Reaktion auf die Strafanzeige: Das vordere Gerstenfeld wird totgespritzt (siehe gelbliche Flächen = Pflanzen im Absterben), die Umzäunung entfernt. Die Aufnahme stammt vom 23.6.2009. Es ist völlig klar, dass das Totspritzen erst kurz vor der Aufnahme erfolgte.
Das dahinterliegende neue Gengerstenfeld ist weiter mehrfach abgesichert, das Vogelschutznetz aber inzwischen entfernt.


Peinlich auch der Auftritt der Kontroll- und Genehmigungsbehörden. War nach der ersten Anzeige und auch bei früheren kritischen Anfragen das Motto immer Augen-zu-und-durch, so positionierte sich am 24. Junidann die Überwachungsbehörde, die eigentlich die ordnungsgemäße Durchführung überwachen sollte und schon längere Zeit vom zweiten Feld wusste, als Retter der Gentechnikseilschaften. Sie verkündete, dass alles abgesprochenund somitrechtens war. Das alte Genfeld sei stehengelassen worden, um sicherzugehen, dass auch alles Gerste aufläuft, um sie dann besser abspritzen zu können. Komisch, dass Kerstin Schmidt das einen Tag vorher, als die Presse anrief, selbst noch nicht wusste. Und dass auch in diesem Fall eine einfache Zweitgenehmigung für das Folgefeld ja möglich gewesen wäre, aber weder beantragt noch erteilt wurde. Somit zeigte sich: Die zuständigen Behörden sind nur willige Helferlein der Gentechnik-Seilschaften. Überwachung findet nicht statt, stattdessen Vertuschung und Verharmlosung. "Können Sie die nicht mal in Ruhe arbeiten lassen", war der erste Satz des zuständigen Abteilungsleiters im Landwirtschafts- und Umweltministerium, Broschewitz, bei einer telefonischen Nachfrage bezüglich der Versuchsfelder im Osten Rostocks. Die Bundesgenehmigungsbehörde verhielt sich ähnlich. Um die Felder kümmerten sie sich nicht, nun aber wussten sie innerhalb von Stunden, dass alles in Ordnung sei. In einem Gespräch mit Journalisten behauptete das BVL bereits am 26. Juni die erste Fläche sei weggespritzt worden. Das hatte die Überwachungsbehörde zu dem Zeitpunkt noch anders dargestellt. Beide versuchten offensichtlich, mit Notlügen der Gentechnik zur Hilfe zu eilen, statt diese zu überwachen. Aber sie sprachen sich nicht ab - und so fiel das besonders leicht auf. Nützte aber nichts, denn das Kartell des Vertuschens zwischen Landes- und Bundesbehörden, Universitäten, Polizei und Justiz stand.

Im Original: Vertuschungsschreiben der Behörden

Aus dem
Schreiben der Überwachungsbehörde vom 26.9.2009

Krampfhafte Versuche, eine Erklärung für alles zu finden. Warum das zweite Feld nicht angemeldet wurde und warum ein erstes Feld keines mehr ist, weil es später weggemacht werden soll - auf all das findet sich keine Antwort. Das aber war zu erwarten: Die Behörden sind Handlanger der GentechnikanwenderInnen, sonst nichts. Das der Brief zudem noch schlampig geschrieben wurde und zwei der vier Daten nicht stimmen, spricht für sich.


Gengerstefeld der Uni Gießen im Zwielicht: Illegale Anlage führt zu Ermittlungsverfahren

Im Original: Staatsanwalt stellt Verfahren ein
Am 3.11.2009 war dann auch offiziell das - nie begonnene - Ermittlungsverfahren zuende. Die absurde Logik: Obwohl unstrittig ist, dass ein Feld zu viel da war, sei alles okay, weil das zweite auf dem gleichen Grundstück läge (ob das bei Hausbauten auch so wäre ... mit einer Genehmigung zwei Häuser bauen?):

Tatsächlich dürfte aber alles schlimmer sein: Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren nur betrieben, um unauffällig GentechnikgegnerInnen vernehmen zu können - als ZeugInnen. Denn die Einstellung offenbart: Vorgeladen wurde nur die, während die Beschuldigten unbehelligt blieben. Auch das spricht für ein gerichtetes Verfahren mit Doppelnutzen: Gentechnikseilschaften schützen, die GegnerInnen kriminalisieren!




Nicht besser: Die vorgesetzte Behörde (Generalstaatsanwalt)
Der Anzeigeerstatter legte gegen die Einstellung am 21.11.2009 Widerspruch ein. Doch die nächsthöhere Behörde machte kurzen Prozess und lehnte am 16.12.2009 ab. Die Staatsanwaltschaft hätte alles richtig gemacht. Wer die verfilzten Behörden hinter sich hat, kann auch nicht falsch machen ...:


Das Ganze war dreist gelogen: Im Standortregister sind genau 9,6 qm angemeldet. Doch Justiz ist da, was sie immer ist, nämlich ausgerichtet auf die Interessen der Eliten. Aus dem Standortregister - klar und deutlich steht da 9,6qm:

Der weitere Fortgang des Verfahrens ist schnell erzählt: Alles wurde ohne große Umschweife eingestellt. Das ist Alltag in der deutschen Justiz. Während die GegnerInnen solcher Projekte von offenbar nationalem Interesse mit Strafanzeigen, Maulkörben und Hausverboten, Wohnungsdurchsuchungen und Polizeigewalt auf der Straße bis hin zu sich häufenden Geld- und Gefängnisstrafen überzogen werden, haben die Angehörigen der Eliten nicht einmal eine erste Vernehmung zu befürchten, wenn sie gegen Auflagen, Gesetze oder Richtlinien verstoßen.
Spektakulärer verlief das Jahr aber auf dem Versuchsfeld. Vor allem Anfang Juli. Am 1. Juli luden KritikerInnen zu einer Inspektion und informierten über weitere Verstöße gegen Sicherheitsauflagen (Bericht in Ostseezeitung am 2.7.2009). Mit Fotos wurde die Lage vor Ort dokumentiert. Mit dabei waren NDR und dpa. Die Wachschützer wollten das Fotografieren der illegalen Felder verhindern und griffen den dpa-Fotografen an. Die Inspektionsgruppe stand auf dem öffentlichen Weg außerhalb des Geländes! Ausgewählte Fotos und Ausschnitte:

Im Original: Fotos und Dokumente der Inspektion

Oben: Gerstengarten, neben dem das umstrittene Gerstenfeld angelegt wurde - die Gerste blüht.
Unten: Protestschild am Versuchsgelände - links das zweite Gerstenfeld, rechts der Weizen.


Die beiden Gerstenflächen am 1. Juli 2009: Das erste ist nun untergepflügt (vorne), das zweite wächst kräftig.
Unten (9. Juni und 1. Juli): Sogenannter Mäuseschutz am Weizenfeld - zu große Maschen und ohne Probleme unterwühl- und überkletterbar.




Absurder Kommentar aus einem
Schreiben des BLV vom 6.7.2009
. Auch hier die Logik: Mäuseschutz existiert nicht, daher alles okay.


Dann in der Nacht nach der Inspektion muss es hoch hergegangen sein. Offenbar wurdenmehrere der Versuchsfelder beschädigt oder ganz zerstört. Die Medienberichte aber wurden durch eine ganz andere Nachricht geprägt: Ein Wachmann seiniedergeschlagen und verletzt worden. Sofort hagelte es Distanzierungen - ob von der Linken,die in ihrer Regierungszeit das AgroBioTechnikum mit stützte und danach eher durch peinliches Schweigen zu den Skandalen in Mecklenburg-Vorpommern auffiel, oder aus CDU und SPD. Doch worauf deren Annahmen des nächtlichen Ablaufs und eines verletzten Wachmannes eigentlich basierte, bliebvöllig unklar. Linke, BDP, CDU und FDP antworteten auf eine entsprechende Anfrage gar nicht, TransGen verkroch sich sich hinter dem Hinweis auf "übereinstimmende Presseberichte" und die Pressestelle von Minister Backhaus teilte mit: "Unsere Informationen, die der Pressemitteilung zu grunde lagen, haben wir aus dem Lagebericht der Polizei entnommen. Das ist eine seriöse und offizielle Quelle."
In jedem Fall erschien diese neue Story schon recht schnell eher abenteuerlich. Im Nordmagazin (NDR-Fernsehen) wurde noch am 2. Juli 2009 eine Kurzmitteilung verlesen, die sich auf Polizeiangaben stützte. Danach sei ein Wachmann leicht verletzt wurde und die fünf Täter hätten anschließend ein Genfeld mit einer unbekannten Flüssigkeit überschüttet hätten. Es sollten also Personen auf das Feld vorgedrungen sein, zuerst die Wachen angegriffen und dann, während diese mutmaßlich die Polizei riefen, die Felder zerstört haben? Nachfragen vor Ort ergaben schnell ein anderes Bild. Dass nachts Unruhe auf dem Feld war, bestätigten auch NachbarInnen. Polizei und besonders der Krankenwagen ließen sich aber viel Zeit. War die Verletzung erst Stunden später aufgefallen? Oder war sie mehr eine Folge taktischer Absprachen, um eine schlimme Story über böse FeldbesetzerInnen verkaufen zu können? Wollte sich ein Wachschützer selbst schützen, im dem er heldenhafte Gegenwehr simulierte? Unangenehme Erinnerungen wurden wach an das Schauermärchen toter Bienenvölker, die schon ein Jahr zuvor eine Aktion am Gengerstefeld begleitete.

Im Original: Berichte und Spekulation zur Feldbefreiungsnacht
Erste Meldungen über zerstörte Flächen und am Kopf verletzten Wachmann in Printmedien bzw. deren Internetseiten stellen das Geschehen bereits abweichend vom NDR dar - nämlich dass der Wachmann am 2.7.2009: Ostseezeitung ++ ddp ++ ddp nochmal und nochmal (Zitat: "schlugen sie ihn mit Fäusten und verletzten ihn leicht") ++ Bericht auf "Gesundheitliche Aufklärung"

CDU-Distanzierung lag schnell vor - lustigerweise mit Argumenten wie Rechtswidrigkeit und Eigentumsschutz
Die CDU-Landtagsfraktion hat als Reaktion auf den Angriff die Gentechnik-Gegner aufgefordert, sich von Gewalt zu distanzieren. „Wo Recht und Gesetz gebrochen, fremdes Eigentum geschädigt und Menschen verletzt werden, sind die Freiheitsrechte des Grundgesetzes klar überschritten“, erklärte die agrarpolitische Sprecherin der Fraktion, Beate Schlupp.
Dann kam SPD-Minister Backhaus (Auszug)
"Derartige Übergriffe auf die Gesundheit und das Leben der am Versuchsstandort Beschäftigten sowie die schweren Verwüstungen fremden Eigentums sind strafbar und nicht hinnehmbar. Ich verurteile diese brutale Tat der Gentechnikgegner auf das Schärfste", so der Minister.
"Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Sicherheitsforschung im Bereich der Grünen Gentechnik. Dazu sind Forschungsversuche unbedingt erforderlich." Weiter sagte der Minister, dass "die Wirkung solcher Aktionen weit über den einzelnen Versuch hinaus reicht. Sie verändern das gesellschaftliche Klima, in dem Sicherheitsforschung mit gentechnisch veränderten Pflanzen stattfindet, und machen den von mir gepflegten sachlichen Umgang mit der Technologie fast unmöglich. Ich halte die Vorfälle für eine erschreckende und nicht akzeptable Entwicklung. Ich möchte an dieser Stelle meine Anerkennung und meinen Dank an alle aussprechen, die sich trotz auch persönlicher Angriffe weiterhin der Technologieentwicklung verpflichtet fühlen.

Backhaus legte in einer Telefonfragestunde der Rostocker Zeitung Blitz gleich nach:
Wir haben in der vergangenen Nacht gesehen, was mit Unvernunft hier angerichtet wird. Da hat eine maskierte Person den Gentechnikversuch in Groß Lüsewitz zerstört. Der dort beschäftige Wachmann wurde von vier Leuten zusammengeschlagen. Wer so handelt, ist weder verantwortungsvoll noch zukunftsorientiert.
Linke-Landwirtschaftssprecher Tack
phantasierte ebenfalls:
Eine kritische Begleitung dürfe jedoch noch lange kein Grund für die Zerstörung von Versuchsfeldern und Übergriffe auf Wachpersonal sein. „Ich verurteile die Ereignisse auf den Versuchsfeldern bei Groß Lüsewitz aufs Schärfste“, sagte Tack. Diese kriminelle und militante Gegnerschaft diskreditiere alle Gentechnikgegner, die sich sachlich mit den Anwendern und Befürwortern dieser Technologie auseinandersetzen wollen. „Zugleich wird die notwendige Grundlagenforschung erschwert, die die Chancen und Risiken der Grünen Gentechnik für Mensch und Natur zu untersuchen hat“, so Tack.

Lobbygruppen stimmen in das Konzert ein - eine Quelle für den Angriff auf den Wachmann nennt niemand
Aus der Presseerklärung des Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) am 3.7.2009
Die gewaltsamen Übergriffe von Gentechnikgegnern auf einen Wachmann in Mecklenburg-Vorpommern werden vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BDP) aufs Schärfste verurteilt. An dem Exzellenzstandort moderner Züchtungsmethoden in Groß Lüsewitz werden seit Jahren im Rahmen der Biosicherheitsforschung Versuche mit gen-technisch veränderten (gv)Pflanzen durchgeführt.
„Es ist höchste Zeit, die Motive der Täter von Politik und Gesellschaft zu hinterfragen und endlich konsequent durchzugreifen“, sagt Dr. Ferdinand Schmitz, Geschäftsführer des BDP. „Nur zu deutlich geben die Innovationsgegner zu erkennen, dass es ihnen ganz und gar nicht um einen sachlichen Dialog geht, sondern vielmehr um die gewaltsame Verhinderung von technischem Fortschritt in der Pflanzenzüchtung.“ Seit Jahren zerstört eine kriminelle Gruppe von Gentechnikgegnern regelmäßig und mutwillig Flächen, auf denen zugelassene Pflanzen angebaut oder gv-Pflanzen auf ihre Umweltauswirkungen untersucht werden – oftmals ohne rechtliche Konsequenzen. Opfer krimineller Übergriffe sind dabei immer häufiger Einzelper-sonen wie Landwirte, Pflanzenzüchter und Wissenschaftler. „Bei Androhung und Ausübung von Gewalt hört der legale Protest auf. Das Vorgehen ist feige, dumm und kriminell,“ so Dr. Schmitz abschließend.


Abb. rechts: Nochmal dann am 3.7.2009 ein zusammenfassender Artikel in der Ostseezeitung - mit einer ganz neuen Version der Verletzung des Wachmanns. Nun ist sein Finger verletzt ... außerdem hat er offensichtlich selbst angegriffen.

Leserbrief dazu des zitierten Jörg Bergstedt (abgeschickt am 3.7.2009):
Falsch zitiert
Im benannten Artikel bin ich falsch zitiert worden. Meine Aussage, dass ein Angriff auf einen Wachschützer die Falschen trifft, war verbunden mit deutlich geäußerten Zweifeln, ob die Abläufe tatsächlich auch so gewesen sind. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Gentechnik-Mafia dann, wenn sie in Not ist, mit frei erfundenen Horrorgeschichten von ihren eigenen Skandalen und Rechtsverstößen ablenken will. Das habe ich in der Vergangenheit mehrfach selbst überprüft. So erfand die Uni Gießen 2008 während der Besetzung des Gerstenversuchsfeldes in Gießen eine herzzerreißende Story über von den BesetzerInnen getötete Bienenvölker. Daher hatte ich mich vorsichtig geäußert: Sollte es also zu Attacken auf einen Wachmann gekommen sein, so halte ich das für falsch. Aber die Naivität, mit der hier unüberprüfte Behauptungen wiedergegeben werden und sich reflexartig PolitikerInnen entrüstet zeigen, die bei den Straftaten der Gentechnik-Mafia weggucken, finde ich beunruhigend. Dass zudem in den ersten Medienmeldungen über den Angriff auf den Wachmann Zeitpunkt der vermeintlichen Attacke und Art der Verletzung ständig wechselten, steigert meinen Glauben in die Richtigkeit der Story nicht. Zu Beginn las sich alles wie ein Angriff auf den Wachschützer, nun ist die Version immerhin schon so verändert, dass wohl der Wachschützer angegriffen hat und die von ihm attackierte Person sich befreien wollte. Wenn es denn so war: Warum und wie greift ein privater Sicherheitsbediensteter mehrere andere Personen an (in den Medien war von fünf FeldbefreierInnen die Rede)? Hat hier ein Wachmann Angst um seinen Job, weil er das Feld nicht bewacht oder dienstvorschriftswidrig selbst Gewalt angewendet hat? Oder haben Gentechnik-MacherInnen, die wegen des illegal angelegten Gerstenfeldes unter Druck stehen, einen Propaganda-Coup landen wollen und eine komplette Story erfunden?

Und auch der Landesverfassungsschutz (S. 65) stimmte in den Reigen ein, deutete aber an, dass der Wachmann angriff
Der versuchsweise Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen imLand zog 2009 erneut Proteste überwiegend nichtextremistischer Beteiligter an. Jedoch greifen immer wieder auch Linksextremisten das Thema auf und nutzen es für ihre Zwecke. Im Rahmen der Proteste kam es deshalb auch zu so genannten „Feldbesetzungen“ und „Feldbefreiungen“, bei denen regelmäßig Hausfriedensbrüche und Sachbeschädigungen versucht oder begangen wurden, die für die anbauenden Firmen und Institute Kosten in vier- bis fünfstelliger Höhe verursachten.
Vorläufiger Höhepunkt der Anti-Gen-Proteste im Land war die Zerstörung mehrerer Versuchsfelder im Landkreis Bad Doberan in der Nacht zum 2. Juli 2009. Dabei wurde ein Wachmann, der die Zerstörung der Pflanzen verhindern wollte, von mehreren Unbekannten zusammengeschlagen.



So oder so konnten aber in den Folgetagen des 2. Juli die Schaden auf dem Feld beobachtet werden. Das Weizenfeld steckte weiter unter dem Vogelschutznetz, deshalb waren Fotos des Inneren nicht möglich. Laut Medienberichten wurde es aber vollends zerstört. Deutliche Schäden wiesen Gersten- und ein Kartoffelfeld auf.:

Die Gerste mit großen, abgestorbenen Teilen. Der Versuch lief aber weiter - so verkündete es die Uni Gießen.
Ein Kartoffelfeld, deutlich gerupft.


Am 9. September veröffentlichte die Uni das Ende des 2009er-Versuchs. NachbarInnen und Wachschutz bestätigten zwar in etlichen Gesprächen, dass nie Untersuchungen am Feld vorgenommen wurden, doch Prof. Kogel hatte das Ergebnis wieder sofort parat: Alles super und umweltfreundlich! Das wusste er aber ja bekanntlich schon vorher.


Die eigentliche Überraschung folge aber im Frühjahr 2010. Denn eigentlich hätte hier wieder eine Aussaat erfolgen müssen. Die 301.000 € Förderungsnachschlag waren ebenso für dieses Jahr mit bestimmt wie die Genehmigung durch das BVL. Doch plötzlich verkündeten die beiden Versuchsleiter, zuerst Prof. Uwe Sonnewald aus Erlangen, dann Prof. Karl-Heinz Kogel aus Gießen, das Gesamtergebnis des Versuchs. Da landwirtschaftliche Versuche immer drei Jahre brauchen, müssen sie also 2006,2007 und 2009 voll gezählt haben. In allen drei Jahren waren die Felder aber beschädigt worden, 2007 dabei vollständig. Da aber der Versuch ohnehin eine Fälschung war, mag das tatsächliche Geschehen auf dem Acker ohne Bedeutung gewesen sein. Das Geld für die mit Fördergeldern aufgeblasenen Gentechnikinstitute an den beiden Universitäten war trotzdem geflossen - und das war der Hauptzweck der Übung. Da fällt kaum noch ins Gewicht, dass die im Frühjahr 2010 veröffentlichen Endergebnisse weder mit den Anträgen, noch mit behaupteten oder in den Versuchsjahren geschilderten Forschungszielen Ähnlichkeiten hatten. Kogel wollte plötzlich herausgefunden haben, "dass eine gezielte gentechnische Veränderung Pflanzen weit
weniger beeinflusst als klassische Züchtung oder Umwelteinflüsse.
"Das mag ja etwas gewesen sein, dass gerade politisch zweckmäßig erschien. Aber mit dem Versuch hatte das wenig bis gar nichts zu tun. Denn nach diesen neuesten Angaben "untersuchten sie bei den gv-Pflanzen, wie stark die gentechnische Ausstattung insgesamt zu Veränderungen der Pflanzeninhaltsstoffe und der Genaktivität führt." Ging es nicht eigentlich um den Einfluss auf Mykorrhiza-Pilze?

Im Original: Vermeintliche Ergebnisse des Gerstenversuchs
Aus "Züchtung hinterlässt stärkere Spuren als Gentechnik", auf: BMBF-Seite vom 9.4.2010
Kritiker der grünen Gentechnik sorgen sich oft um die vermeintlich tiefgreifenden Auswirkungen, die das Einschleusen fremder Gene auf die Eigenschaften von Pflanzen hat. Die konventionelle Pflanzenzüchtung gilt im Vergleich hierzu meist als unbedenklich. Eine Studie von Pflanzenforschern aus Erlangen und Gießen zur Umweltverträglichkeit von gentechnisch veränderten (gv) Gerstensorten liefert neue Belege, die mit diesen Ansichten aufräumen. Wie die Forscher im Fachjournal PNAS (6. April 2010, Bd. 107, S. 6198) berichten, waren in den konventionell gezüchteten Sorten bis zu 1.600 Gene unterschiedlich aktiv, in den gv-Sorten waren es deutlich weniger. Das Fazit der Forscher: Die Züchtung ist der folgenreichere Eingriff. ...
Wie die Forscher im Fachjournal PNAS (6. April 2010, Bd. 107, S. 6198) berichten, untersuchten sie bei den gv-Pflanzen, wie stark die gentechnische Ausstattung insgesamt zu Veränderungen der Pflanzeninhaltsstoffe und der Genaktivität führt. Dieselben Messungen führten die Pflanzenbiologen auch bei zwei konventionell gezüchteten Gerstensorten durch, die die Namen „Golden Promise“ und „Baronesse“ tragen. Ergebnis: In den gv-Pflanzen fanden die Forscher im Vergleich zu nicht veränderten Pflanzen nur sehr wenige Gene mit veränderter Aktivität. In den mit Chitinase-Gen aufgerüsteten Pflanzen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Genaktivität, bei den Pflanzen mit dem Glucanase-Gen zeigten 22 Gene ein verändertes An- und Abschaltmuster im Vergleich zu den nicht modifizierten Gerstenpflanzen. Die gemessenen Unterschiede waren also recht gering.


Aus "Pilzresistente Gerste - Keine Auswirkungen auf nützliche Pilze" auf der BioSicherheits-Internetseite
Die Ergebnisse machen deutlich, dass klassische Züchtung und Umwelteinflüsse wie Pilzbefall (z.B. Mykorrhizierung) Kulturpflanzen in erheblich stärkerem Umfang verändern als das gezielte gentechnische Hinzufügen eines einzelnen Gens.

Patentanmeldung u.a. durch Prof. Kogel für Methoden- und Produktentwicklung bei Gerste (Februar 2009)
Patentanmeldung: Neue Nukleinsäuresequenzen und ihre Verwendung im Verfahren zum Erreichen einer Pathogenresistenz in Pflanzen
Erfinder: Karl-Heinz Kogel Ralph Hückelhoven Holger Schultheiss Markus Frank
Beauftragte: BASF Plant Science GmbH
Die Erfindung bezieht sich auf neuartige RacB cDNA Abschnitte der Gerste und auf Expressionskassetten* und Vektoren, die diese Promotorensequenzen enthalten. Die Erfindung bezieht sich außerdem auf transgene Pflanzen, die mit diesen Expressionskassetten oder Vektoren umgewandelt werden, auf Kulturen, Teile oder transgenes Ausbreitungsmaterial, die aus ihnen gewonnen werden und auf ihrem Gebrauch für die Produktion von Nahrungsmitteln, Futtermitteln, Saatgut, pharmazeutischer Produkte oder Chemikalien. Die Erfindung bezieht außerdem auf Methoden des Erzeugens oder der Erhöhung eines Krankheitserregerwiderstands in den Pflanzen durch das Verringern der Expression des RacB Proteins oder eines Funktionsäquivalents davon.
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32. Eine Methode des Erzeugens oder der Erhöhung der Widerstandskraft gegen einen mindestens einen Krankheitserreger in einer Pflanze, die enthält: Verringern der Menge, Tätigkeit oder Funktion des RacB Proteins in einer Pflanze oder in Gewebe, Organ, einem Teil oder einer Zelle davon ...
51. Eine Methode des Auswählens einer Pflanzenzelle mit erhöhter Widerstandskraft gegen einen Krankheitserreger ...
57. Eine rekombinante Pflanzenzelle, in der die erzeugte Menge, Tätigkeit oder Funktion des endogenen RacB Proteins durch eine stabile Umwandlung mit einer Nukleinsäure oder einer Expressionskassette, die Nukleinsäure enthält, verringert wird.


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