Laienverteidigung

DAS PLÄDOYER DES ANGEKLAGTEN IN DER ERSTEN INSTANZ AM 6. PROZESSTAG (20.11.2006)

Gigantischer Ermittlungsaufwand


1. Strafe und Knast
2. Das Jahr 2003
3. Showdown des 3.12.2003: Vor, während und nach der Tatnacht
4. 4.12.2003: Der Tag danach
5. Der 9.12.2003
6. Gigantischer Ermittlungsaufwand
7. Die Anklage
8. Die Verhandlung
9. Wendels Wille zur Verurteilung
10. Weitere offene Fragen
11. Letztes Wort

Beim Blick auf die Anzahl beteiligter Polizeibeamter, GutachterInnen usw. könnte mensch glauben, dass es hier um etwas richtig Großes geht. Niemand käme auf die Idee, dass eine Straftat verhandelt wird, die maximal eine Lappalie darstellt - bei der aber sogar das noch umstritten ist und durchaus der Schluss naheliegt, es hätte gar keine Sachbeschädigung stattgefunden. Der Aufwand der Ermittlungsbehörden ist politisch motiviert. Das Ergebnis aber ist abgefahren: Weil sie sich so angestrengt haben, ist vor allem die Menge der Peinlichkeiten und Unverschämtheiten gestiegen. Pleiten, Pech und Pannen auf der einen, Lügen, Erfindungen und Beweismittelfälschungen auf der anderen Seite.

Video-Aufarbeitung, Kleidungsstücke und DNA-Tests

EreignisBewertungRechtsbrüche
9.12.2003: Staatsschützer Broers beauftragt das HLKA: "Die Videobänder sollen qualitativ so weit aufgebessert werden, um den Beschuldigten besser erkennen und eindeutig identifizieren zu können".Diese Passage (Bl. 101) ist von herausragender Bedeutung. Denn erstens beweist sie das gerichtete Interesse und Ermittlungsverfahren. Es geht nicht darum, den Täter auf dem Video besser kennen zu können, sondern die Bildbearbeitung soll den Beschuldigten besser erkennbar machen. Das ist ein bedeutender Fakt, nämlich der Beweis, dass Beweismittel in eine bestimmte Richtung manipuliert werden sollten. Beweisen tut Broers' Aussage aber noch etwas anderes. Er sagt nämlich mit ihr aus, dass der Beschuldigte ohne diese Aufbesserung nicht eindeutig zu identifizieren ist. Vor Gericht wird Broers in diesem Punkt eine andere Aussage machen ... 
2.1.2004: Zu dumm - das HLKA lehnt die Aufbesserung und Vermessungen nach dem Video ab. Es hält die Qualität für nicht ausreichend.Deutlicher geht es kaum - das Video taugt nicht als Beweismittel. 
Gießener Gerichte ordnen einen DNA-Test an. Der Betroffene wird dazu nicht angehört.Der Beschluss ohne Anhörung des Betroffenen ist ein Grundrechtsverstoß. 
Das Landgericht beschränkt in seinem Beschluss zum DNA-Test die Überprüfung auf drei Kleidungsstücke.Die Polizei hält sich nicht an den Beschluss des Gerichts und untersucht mehr Kleidungsstücke. Eine Nachfrage beim Staatsanwalt Vaupel wegen dieses Verstoßes wird von diesem nicht beachtet. Vaupel interessieren offensichtlich Rechtsverstöße nicht, wenn nur das gewünschte Ergebnis weiter herauskommt. 
2.2.2004: Staatsschützer Broers notiert, dass er sicher davon ausgeht, dass der gewünschte Verdächtige eine DNA-Probe nicht freiwillig abgeben würde. Daher beantragte er gleich körperlichen Zwang, ohne es erst anders zu probieren.Broers Annahme erweist sich als falsch. Der gewünschte Verdächtige wehrt sich juristisch, gibt dann aber die Probe ohne Widerstand ab. 
Im Prozessverlauf spielten die ganzen Gutachten nur noch eine geringe Rolle. Ein paar Blicke und Worte wurden nur noch der in der Projektwerkstatt beschlagnahmten Jacke gewidmet - eine Allerweltsjacke mit dem Motiv der deutschen Fußballweltmeisterschafts-Elf, als diese 1990 den Titel gewann ... und wahrscheinlich in fast jedem Haus irgendein Kleidungsstück mit diesem Design vorhanden war.Wegen der weiten Verbreitung ist die Jacke als Spur wenig tauglich. Die organen Farbflecken passen zur Wand der Projektwerkstatt, aber nicht zu den Farben, die das Amtsgerichts verzierten. 

Die Schuhe

EreignisBewertungRechtsbrüche
29.3.2004: Dem HLKA fällt auf, dass die eingesandte Gipsspur gar nicht beim Tatort gefunden wurde. Auf den Vermerk gehen die hiesigen Ermittlungsbehörden aber gar nicht ein - sie tun weiter so, als wäre die Spur vor Ort gewesen.Spätestens jetzt hätte alles auffallen müssen. Der unbeachtete Vermerk zeigt aber eher, dass Staatsanwaltschaft und Polizei genau wussten, dass die Fußspur erfunden war, sonst hätte der Vermerk des HLKA beunruhigen und Nachforschungen veranlassen müssen. Hier wird erneut deutlich, dass ein bestimmtes Ermittlungsergebnis gewünscht und die gesammten Ermittlungen darauf ausgerichtet waren.

Am 8.4.2004, also wenige Tage nach dem Hinweis des HLKA, notiert Staatsanwalt Vaupel, dass der Turnschuh mit der DNA des gewünschten Verdächtigten, als Beweis dienen kann (Bl. 153).
 
Das anthropologische Gutachten stellt fest, dass der Täter Halbstiefel getragen hat. Obwohl die Polizei solche - zudem mit Farbanhaftungen - in der Projektwerkstatt gefunden hat, verfolgt sie diese Spuren nicht weiter.Die Polizei beachtet alle Schuhe nicht, die vom gewünschten Verdächtigen nie getragen wurden. Sie tut das, obwohl sowohl Farbanhaftungen wie auch die Aussagen der Anthropologin eher die Stiefel als Spur nahelegen. Die Polizei aber will den gewünschten Verdächtigen überführen, bastelt deshalb einen passenden Gipsabdruck und behauptet fortant, die Turnschuhe mit seiner DNA seien die Täterschuhe. Das ist schlicht die freie Konstruktion eines Beweisstücken, eine böse und gezielte Manipulation des Ermittlungsverfahrens. Ein belastendes Beweisstück wird erfunden, auf andere TäterInnen hindeutende Spuren werden bewusst missachtet. 
Im Gerichtsverfahren wurden die Turnschuhe nicht mehr als Beweismittel weiterverfolgt. Die Halbstiefel blieben verschwunden, wurde nie weiter untersucht, auch nicht erwähnt.Fraglos hatten Polizei und Staatsanwaltschaft das Ergebnis des anthropologischen Gutachtens hinsichtlich der Schuhe des Täters übersehen oder bewusst ignoriert - wenn Letzteres, dann wieder, weil es vom gewünschten Verdächtigen wegwies. 

Die Handschuhe ...

EreignisBewertungRechtsbrüche
Am 14.12.2006 werden bei einer Durchsuchung in Saasen (PKW und Personen) Handschuhe sichergestellt. Ein Zusammenhang mit dem 3.12.2003 ist zunächst nicht ersichtlich - es geht um eine andere Farbattacke (in Grünberg), wo zudem mit schwarzer Farbe gearbeitet wurde.  
Etwas später entdeckte die Polizei, dass die Farbe ja orange ist - also zu der Fahndung vom 14.12.2003 gar nicht passt. Aber vielleicht ja zum farbigen Amtsgericht. Das Beweismittel wird kurzerhand in den anderen Fall verschoben.Schon das ist eine abenteuerliche Vorgehensweise, zeugt aber vom Beweismittel-Notstand bei der Polizei. 
Schließlich findet das HLKA (auftragsgemäß?) heraus, dass die Farbe auf den Handschuhen die gleiche ist wie bei den Turnschuhen (die ja ebenfalls erst später als Beweismittel hinzuerfunden und dazu ein Gipsabdruck erstellt wurde) und wie auf dem Gericht - auch wenn bei den Handschuhen wiederum orange zu finden war und nicht rot oder violett, wie ja auf den Gerichtswänden.Weiteres Zeichen für die Beweisnot und die Art, wie Beweise erfunden werden. 
Die Handschuhe werden auf DNA-Spuren des gewünschten Verdächtigen untersucht.Das geschieht, obwohl die Handschuhe weder im Zusammenhang mit dem 3.12.2003 noch beim gewünschten Verdächtigen beschlagnahmt wurden. 
Ergebnis der DNA-Untersuchung: Der gewünschte Verdächtige hat die Handschuhe nie getragen. Jetzt passiert etwas Bemerkenswertes: Zuerst wurde erfunden, dass die Farbe zu der Farbe auf dem Gericht passt und die Handschuhe vom gewünschten Verdächtigen getragen sein könnten. Nun stellt sich heraus, dass dem nicht so ist. Daraufhin werden die Handschuhe anstandslos an den Besitzer (der plötzlich der Polizei auch wieder klar ist) zurückgeschickt.Hier wird auf krasse Weise deutlich, dass die Polizei krampfhaft nach belastenden Indizien zum gewünschten Verdächtigen interessiert war. Spuren, die auf andere Personen hindeuten, werden sofort aus dem Verfahren genommen - es soll offenbar vermieden werden, dass Hinweise zu erkennen sind, dass andere Täter in Frage kommen.

Wenn die Handschuhe tatsächlich die Farbe vom Gericht getragen haben und der Polizei klar war, wem sie gehören, stellt sich die Frage, wieso nicht ermittelt wurde. Nach Aktenlage hat die Polizei nach dem DNA-Test, der den gewünschten Verdächtigen ausscheiden ließ aus den möglichen Nutzern der Handschuhe, keine weitere Handlung gemacht außer dem Zurückgeben der Handschuhe und damit der erneuten unbegründeten Aufgabe einer Spur. Die zielgerichtete Ermittlungsarbeit ist überdeutlich.
 
Im Gerichtsverfahren wurde die Frage gestellt, warum die Handschuhe als Spur nicht weiterverfolgt wurden. Staatsanwalt Vaupel konnte nur sagen, das Verfahren dazu sein eingestellt worden. Einen Grund nannte er nicht, rückte aber auf Antrag die Akte dazu heraus.Die Akte zu den Handschuhen weist an keiner Stelle eine Begründung auf, warum das Verfahren eingestellt wurde. Nachwievor bleibt letzter und unwidersprochener Ermittlungsstand: Die Farbe auf den Handschuhen ist die gleiche wie an der Gerichtswand. Wenn das eine Lüge war (weil die Polizei zu dem Zeitpunkt noch hoffte, die DNA des gewünschten Verdächtigen zu finden), dann wäre das endlich klarzustellen - endlich mit Konsequenzen für diesen Haufen von Lügnern und Fälschern auf Steuerzahlerkosten. Wenn es keine Lüge war, dann sind die Handschuhe weiter eine Spur, die den hier Angeklagten entlastet! 

Die Nägel

EreignisBewertungRechtsbrüche
Das HLKA untersucht Nägel, des es von der Polizei Gießen bekommen hat. Wo die genau herstammen, wissen die Gutachter gar nicht.Das dürfte das Gutachten bereits wertlos machen. Wenn den Gutachtern unklar ist, in welchem Zusammenhang die Nägel gefunden wurden, können auch die dann sichtbaren Spuren nicht brauchbar bewertet werden. 
Das HLKA stellt fest, dass einige der vermeintlich aus Schlössern stammenden Nägel aus gleichen Produktionsreihen wie die aus der Projektwerkstatt stammen. Andere sind aus anderen Reihen.Der HLKA-Beamte formuliert selbst, eine solche Überschneidung hätte auch bei jeder beliebigen anderen Person bestehen können. Ein Tatverdacht lässt sich daraus also nicht ableiten. 
Der HLKA-Beamte kann sich an keinerlei weitere Spuren, z.B. Kratzer über die Produktionsmerkmale hinaus oder Klebstoffspuren erinnern. Er geht davon aus, dass solche nicht an den Nägeln waren.Die Ermittlungen erhaben, dass die Nägel in den Schlössern festgeklebt waren. Es hätten Kratzspuren des Schlosses und Klebstoffspuren an den Nägeln sein müssen. 
Außerdem berichtete der Zeuge Weiß, dass er und ein Kollege die Nägel aus den Schlössern gepuhlt und dabei wiederum metallische Stocherwerkzeuge eingesetzt hätten.Das auch von diesen Vorgängen dem HLKA nicht bekannt war, ist schon unglaublich. Wenn es aber stimmt, dass trotz Klebstoff, Reinstecken in das Schloss und Rauspuhlen keine Spuren am Nagel waren, dann liegt eher ein anderer Verdacht nahe: Die dem HLKA übersandten vermeintlichen Nägel aus dem Schloss stammten gar nicht aus den Schlössern, sondern wurden von der Polizei selbst als Spur angefertigt. Zum Beispiel könnten sie aus den Nägeln aus der Projektwerkstatt stammen: Ein Teil der beschlagnahmten Nägel wurde einfach so präpariert, dass sie wie die aus dem Schloss aussahen. Dann würde sich auch erklären, warum keine Kratzer und kein Klebstoff an ihren waren.

Das klingt zwar ungeheuerlich, aber im Zusammenhang mit dem selbstgebastelten Gipsabdruck, mit dem Verschwindenlassen eines Videos und vor allem mit längst bewiesenen Erfindungen anderer Straftaten wie Farbattacken und Brandanschlag am 9.12.2003 oder Graffitis am 14.5.2006 wäre das Selbstbasteln der Nägel keine Überraschung mehr, sondern eher der Alltag Gießener Polizeiarbeit.

Bedauerlicherweise hat Richter Wendel abgelehnt, den Zeugen Weiß nochmals zu vernehmen bezüglich der Frage, was er mit den Nägeln gemacht hat. Hatte Wendel Angst, dass noch ein Skandal auffliegt? Der Wahrheitsfindung in diesem Prozess hat er damit aber im Weg gestanden - auch das wäre ein Grund, ein Verfahrenshemmnis anzunehmen, denn der Aufklärungen standen Vertuschungsinteressen im Weg.
 

Geschehen und Personen auf den Videos
Ein umfangreiches anthropologisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der gewünschte Verdächtige wahrscheinlich auf dem Video zu sehen ist. Beim Blick auf die Details allerdings wird das Gutachten unklarer und teilweise geradezu grotesk.


EreignisBewertungRechtsbrüche
Offensichtlich war der Anthropologin vorher bekannt, welches Ergebnis angestrebt wurde, denn sie legte ihrem statistischen Abgleich die Menge der 39jährigen in der Bevölkerung zugrunde.Wie mensch aus dem Pixelbrei auf dem Video ein Alter von 39 Jahren ableiten kann, blieb ungeklärt. 
Die Größenmessung ergab 195cm - und damit die gewünschte Größe des Verdächtigen plus der Absatzhöhe der beschlagnahmten Stiefel aus der Hausdurchsuchung vom 4.12.2003. Allerdings schieden diese Stiefel nach der DNA-Analyse wieder aus.Die Größenberechnung steht in einem grotesken Widerspruch zu den Aussagen des HLKA, das eine Größenmessung nicht oder nur mit großen Abweichungen für möglich hielt. Die Anthropologin Dr. Kreutz aber stellte die Größe auf den Zentimeter genau fest - "zufällig" die Größe des gewünschten Verdächtigen, dessen Größe sie sicherlich gekannt hatte. Zu dumm nur, dass das mit den Stiefeln nicht klappte ... Die vermeintliche Größenvermessung zeigt aber deutlich, wie hier ein vorgegebenes Ergebnis herbeiuntersucht wurde. 
Die Anthropologin verglich Gesichtslinien und fand heraus, dass die Person auf dem Video (obwohl Gesichtslinien in dem Pixelbrei definitiv nicht auszumachen waren!) die gleichen aufwies wie der gewünschte Verdächtige auf einem Vergleichsfoto.Was die Anthropologin im Prozess verschwieg: Auf dem Vergleichsfoto verzog der Fotografierte sein Gesicht erheblich. Wenn er dann (nach der künstlichen Veränderungen) die gleichen Gesichtslinien hätte wie der Pixelbrei auf dem Video, würde das eher gegen einen Tatverdacht sprechen. 
Den Clou landere die Anthropologin aber beim Vergleich der Brillen. Sie verglich drei Fotos: ED-Behandlung, Filmaufnahmen aus Magdeburg und den Pixelbrei vom 3.12.2003. Bei allen drei sei das gleiche Brillenmodell zu sehen.Der Gegenbeweis ist einfach und im Prozess vorgebracht worden. Bei den beiden scharfen und unumstrittenen Fotos trägt der gewünschte Verdächtige zwei sehr unterschiedlich große Brillen. Obwohl diese Aufnahmen eine vergleichsweise gute Qualität haben, hat die Anthropologin die Brillen als gleich groß eingeschätzt. Wenn sie schon nicht in der Lage ist, bei guten Fotos eine Brille brauchbar zu messen und ein erheblich abweichendes Ergebnis liefernt - wie soll es erst bei dem Pixelbrei um die Genauigkeit bestellt sein?

Tatsächlich deutet der Brillenmessfehler auf etwas anderes hin: Das Ergebnis stand vorher fest und sollte mit allen Mitteln herauskommen. Da fielen selbst große Abweichungen nicht mehr auf oder wurden absichtlich falsch gemessen. Hier liegt falsche Verdächtigung vor - die unterschiedlich großen Brillen müssen auch der Anthropologin aufgefallen sein, denn sie sind sehr deutlich.
1x Straftat
Am letzten Prozesstag wird die Anthropologin erneut vorgeladen. Richter Wendel versucht, ihre Glaubwürdigkeit zu stärken. Sie aber macht vor allem eine weitere, bemerkenswerte Angabe: "Schlechte Bilder sind oft besser geeignet, eine Person zu erkennen".

Der Angeklagte zettelt eine längere Diskussion mit der Sachverständigen an, dass angesichts dessen, dass das menschliche Hirn Bilder immer interpoliert (also fehlende Bestandteile nach Erfahrungswerten ergänzt), gut erklärbar sei, dass in schlechteren Bildern die erwartete Person besser zu erkennen sei, weil nicht so viele andere Bildteile bei der Interpolation stören. Die Gutachterin stimmt dem Angeklagten teilweise zu.
Mit dieser Aussage nimmt die Gutachterin ihrem Gutachten eigentlich selbst jeden Wert, denn sie gibt geradezu zu, dass die Bilder schlecht sind. Dass sie dem Angeklagten dann auch noch zustimmt, dass schlechte Bilder auch für die Projektion des Erwarteten oder gar Erwünschten nützlich seien, müsste endgültig das Gutachten ins Absurde verweisen. Angesichts der Manipulierungen im laufenden Verfahren liegt der Schluss nahe, dass die Videobilder wegen ihrer schlechten Qualität besonders für eine Verwendung in einem Prozess geeignet waren, in dem das Ziel vorher feststand. 
Ex-Staatsschutzchef Puff behauptete als Zeuge, den gewünschten Verdächtigen auf dem Video erkannt zu haben.Wendel bewertete diese Aussage als unangreifbare "innere Tatsache". Dass Puff aber zu anderen, nachprüfbaren Punkten, fast ausnahmslos gelogen hat, legt den Verdacht nahe, dass er das auch in diesem Punkt tat, von dem er wusste, dass er für eine Verurteilung von besonderer Bedeutung sein würde. 
Auch Staatsschützer Broers will den gewünschten Verdächtigen erkannt haben. Er erwähnt im besonderen, diesen an seinen Bewegungen erkannt zu haben.In den Gerichtsakten finden sich bereits Anhaltspunkte, dass die Auffassung von Broers vorgeschoben ist. Warum hat er das HLKA gebeten, die Bilder aufzubessern, um den gewünschten Verdächtigen eindeutig identifizieren zu können - wenn er vor Gericht nun behauptet, dieses sei bereits möglich gewesen? 
In seinem Antrag für die Hausdurchsuchung am 4.12.2003 behauptet Broers zudem, die Person beim Sprühen von Parolen auf dem Video zu sehen.Bei der Zeugenvernehmung vor Gericht muss Broers einräumen, dass das frei erfunden war. Seine Hausdurchsuchung hat er aber trotzdem bekommen, weil Gießener RichterInnen der Polizei alles glauben ... 
Weder in den Akten noch im Prozessverlauf hat irgendjemand formuliert, welche Handlungen auf dem Video zu sehen sind. Die Zeugen Puff und Broers wurden dazu explizit befragt, konnten aber beide dazu keine Angabe machen.Damit ist nicht nur zweifelhaft, ob der gewünschte Verdächtige auf dem Video zu sehen ist - offen bleibt vor allem völlig, was der Film eigentlich zeigt. Eine Verurteilung aufgrund eines Überwachungsvideos, bei dem aber niemand behauptet, dass er überhaupt die verhandelte Tat zeigt, wäre absurd. 
Ungeklärt bleibt bis zum Ende das Aussehen des dritten Filmes, der Standort der dritten Kamera und was nach dem 3.12.2003 mit dem Kameras geschah.Dass all diese scheinbar simplen Fragen ungeklärt blieben, ist Folge einer umfangreichen Vertuschungsstrategie der Polizei, deren Gründe nicht gänzlich klar wurden - die aber den Verdacht schüren, dass neben den aufgedeckten Lügen und Fälschungen noch weitere bestehen könnten. Ein Motiv für die Vertuschung ist jedenfalls sonst nicht zu erkennen. 
Puff weiß nichts über die dritte Kamera, Broers will einen weißen Bildschirm gesehen haben, der HLKA-Beamte Schweizer einen dunklen Bildschirm, auf dem schemenhaft sogar war zu erkennen war.Offensichtlich gab es war zu sehen. Ob es auswertbar war, ist nicht mehr klärbar. Allerdings war es nicht Aufgabe der Polizei, dass zu bewerten. Sie hat dem Gerichtsverfahren ein mögliches Beweismittel entzogen. Der Grund dafür wurde nicht deutlich, die Aussagen waren höchst widersprüchlich. Das nährt den Verdacht, dass der Video doch etwas zeigte - aber das den gewünschten Verdächtigen entlastet hätte. Welche andere Begründung hätte es sonst geben können, den Video zu löschen? 

Zusammenfassung: Alle Gutachten sind entweder aussagelos, schluddrig oder spürbar tendenziös, d.h. der Ausgangspunkt war nicht die Aufklärung der Abläufe, sondern die wahnhafte Sammlung vermeintlich belastender Indizien gegen den gewünschten Verdächtigen samt der Erfindung und dem Basteln von Spuren sowie die Vertuschung entlastender Indizien und Spuren.

Der Gutachtenwahn, d.h. die Erstellung derart vieler Gutachten, beweist aber auch, dass das Gespann Puff/Broers nicht überzeugt war, dass der gewünschte Verdächtigte auf dem Video tatsächlich ausreichend zu erkennen war.

Kriminalitätsstatistik 2003
Im April veröffentlich die Polizei ihre Jahresstatistik zum Jahr davor. Darin werden TäterInnen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt ohne Nennung von Beweisen für 138 Taten verantwortlich gemacht. Die Farbverschönerungen vom 3.12.2003 sind darunter. Die Polizei hat also schon über zwei Jahre vor Beginn des Prozesses eine öffentliche Vorverurteilung gemacht ... da waren noch nicht einmal alle Spuren ausgewertet.

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