Kritik der Konsumkritik

ÖKOSTROM VON UNTEN: WANN PASST WAS?

Die Stromqualität


1. Erzeugen statt beziehen! Einspeisen statt kaufen!
2. Regenerative Energieanlagen aufbauen!
3. Kurzkonzept für Ökostrom von unten in Stadtwerken
4. Einzeltexte
5. Grünen Strom lieber verbrauchen oder produzieren?
6. Welcher Ökostrom? Welche Firma? Es kommt auf den Blickwinkel an ...
7. Die Stromqualität
8. Die Stromtarife
9. A. Ökostrom pur: 100% regenerativ & neu (Wind, Wasser, Sonne, z.T. Biomasse)
10. B. Ökostrom pur: 100% regenerativ, auch alt (Wind, Wasser, Sonne, z.T. Biomasse)
11. C. Ökostrom light: mind. 50% regenerativ & neu (Wind, Wasser, Sonne, z.T. Biomasse), höchstens 50% aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
12. Gemeinsame Grundpositionen von Grüner Strom Label e.V. und EnergieVision e.V.
13. Kritik an der Praxis der Ökostromfirmen und -angebote
14. Offener Brief der Naturstrom-AG an Wolf von Fabeck, Solar-Förderverein
15. Einzelnachrichten

Die folgende Übersicht nennt die Kriterien, nach denen "Ökostrom von unten" ausgewählt wurde - hinsichtlich der Stromtarife und der Ökostromanbieter. Sieben Fragestellungen sowie die möglichen Lösungsalternativen, die angeboten werden, sind in der Tabelle enthalten. Statt einer pauschalen Bewertung (z.B. durch ein Label oder eine Rangliste) möchten wir die Lage transparent machen, so daß jedeR selbst entscheiden kann, welcher Weg am sinnvollsten ist.

Die sieben Kriterien:
  • 100% regenerativ ode mind. 50% (Rest dann Kraft-Wärme-Kopplung)?
  • Strom aus Neuanlagen oder auch aus Altanlagen?
  • Aufpreismodell (bisheriger Anbieter plus Ökozuschlag) oder kompletter Wechsel der Lieferfirma?
  • Die Machtfrage - wem gehört der Stromanbieter, wie ist er gesichert?
  • Förderung neuer Anlagen - wie? wie hoch?
  • Belieferung auch in den neuen Bundesländern möglich?
  • Datentransparenz: Welche Daten über Stromlieferung und -gewinnung sind einsehbar?
Diese Tabelle dient auch dem Verständnis der Stromtarifeübersicht , da dort die Kriterien bei der Beschreibung der einzelnen Stromangebote wieder aufgegriffen wird.

Übersicht über die Unterschiede der Ökostrom-Angebote

FragestellungVarianten und ErläuterungenEmpfehlungen
Nur regenerativer oder Mischstrom?Regenerativer Strom ist solcher aus Wind-, (kleinen) Wasser-, Biomasse und Solarstromanlagen.

100% regenerativ
Einige Ökostromanbieter garantieren 100%igen Regenerativ-Strom, also nur aus diesen Quellen.

50% regenerativ, 50% KWK
Eine weitere Variante ist, eine Zusammensetzung von mindestens der Hälfte aus regenerativem Strom zu garantieren und den Rest aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (Blockheizkraftwerke).

Weitere Unterschiede
Einige Stromanbieter garantieren einen Mindest-Solarstromanteil. Andere legen sich bei der Kraftwärmekopplung auf Gaskraftwerke fest. Unterschiede gibt es bei der zulässigen Größe von Wasserkraftwerken und bei der Frage, ob auch Deponiegas oder Geothermie als Stromquelle gelten.
Eigentlich scheint die Sache klar: 100% regenerativ ist die richtige Entscheidung. Das ist auch so, allerdings gibt es sie nur in Verbindung mit dem Aufpreismodell - und dann wird es unklarer, denn dort erfolgt die Stromlieferung weiterhin durch ein Versorgungsunternehmen, das auch Atom- oder anderen Großkraftwerksstrom vertreibt (siehe "Aufpreismodell oder Stromwechsel?").

Bei den weiteren Beschränkungen können Einzelpunkte sehr wichtig sein, z.B. die Frage der maximalen Größenordnung neuer Energieanlagen. Riesige Windparks, große Staustufen in Flüssen oder intensive Landwirtschaft zum Zwecke der Biomassegewinnung sind alles andere als umweltgerecht.

Empfehlung im Rahmen von "Ökostrom von unten": Prüfen, ob durch einen Vertrag zwischen regionaler Strom-ErzeugerInnen-VerbraucherInnen-Gemeinschaft und dem Ökostromanbieter die Stromqualität für KundInnen in der Region verbessert oder eine direkte Nutzung der Wärme aus Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen in der Stadt oder Region erreicht werden kann. Das würde aus "Ökostrom von unten" eine erweiterte Variante "Energie von unten".
 
Alt- oder NeuanlagenKommt der Ökostrom (ob nun 100% oder im 50:50-Modell) aus Altanlagen, die ohnehin bestehen, oder aus Neuanlagen, die zusätzlich gebaut werden.

Nur Neuanlagen
Das bedeutet, daß von Beginn an aller Strom nur aus Neuanlagen kommt. Allerdings ist die Definition strittig: Als Neuanlagen gelten entweder neu gebaute Anlagen oder welche bis zu einem bestimmten Alter. Neuanlagen können sehr
unterschiedlich umweltgerecht sein - vor allem große regenerative Anlagen haben oft viele Nebenwirkungen und stoßen auf geringe Akzeptanz.

Strom auch aus Altanlagen, Einnahmen (ganz oder z.T.) in Neuanlagen
Da Neuanlagen nicht so schnell errichtet werden können, beziehen viele Ökostromanbieter ihren Strom aus Altanlagen, errichten aber mit den Gewinnen oder einem Teil derselben neue Wind-,
Wasser-, Solar- oder Biomasseanlagen.

Auch oder nur Altanlagen
Der Strom kommt aus Altanlagen, es werden keine zusätzlichen regenerativen Energieanlagen gebaut. Bei den Altanlagen können gezielt solche ausgewählt werden, die ohne die Kooperation mit dem Ökostromanbieter stillgelegt würden,
da der Strom ansonsten nicht verkaufbar wäre (wegen der Konkurrenz billigeren Atomstroms).
Eine Stromgewinnung nur aus Neuanlagen ist klar das Beste. Betrieblich läßt sich das aber am Beginn kaum umsetzen - höchstens über den Trick, auch schon gebaute Anlagen als "neu" zu werten, wenn sie noch recht jung sind.
Wichtiger ist daher, darauf zu achten, daß möglichst viel der Einnahmen in möglichst umweltgerechte Neuanlagen gesteckt wird. Wieweit auch die Rettung von Altanlagen, die sonst stillgelegt würden, positiv zu bewerten ist, muß im Einzelfall entschieden werden.

Empfehlung im Rahmen von "Ökostrom von unten": Die regionalen Strom-ErzeugerInnen- VerbraucherInnen-Gemeinschaften schließen dort, wo die Förderung nicht klar geregelt oder zu gering ist, Verträge mit den Ökostromanbietern ab über gesonderte Förderungshöhen in der Region. Im Vertrag geregelt werden könnte für die Region auch ein höherer Anteil an Strom aus Neuanlagen und das Vorgehen bei der Rettung/Sanierung von Altanlagen.
Aufpreismodell oder Stromwechsel?Hier gibt es zwei Möglichkeiten, Aufpreis und Stromwechsel.

Aufpreismodell (auch "Spendenmodell" genannt) 
In diesem Fall erfolgt kein vollständiger Stromwechsel. Die StromverbraucherInnen melden sich beim Ökostromanbieter an, tatsächlich werden sie aber weiter vom regionalen EVU beliefert. Die
StromverbraucherInnen zahlen einen Aufpreis auf den bisherigen Strompreis, der an den Ökostromanbieter geht und den dieser zumindest teilweise für neue regenerative Energieanlagen ausgibt. Zudem garantiert er, daß pro Jahr mengengleich mit dem Verbrauch
an Ökostrom Strom aus regenerativen Quellen eingespeist wird. Diese Variante ist auch in den neuen Bundesländern möglich, da Ökostromeinspeisung und Verbrauch entkoppelt sind. Aufpreisregelungen sind meist einfacher, schneller umsetzbar und setzen sofort
Fördergelder für neue Anlagen frei.

Besonderheit
Bei Kooperationen zwischen Stadtwerken und Ökostromanbietern erfolgt die Anmeldung sogar über das EVU, das wiederum für den Ökostromanbieter handelt und den Ökostrom oft unter eigenem Namen verkauft. Damit bleiben die Stadtwerke in ihrer
dominanten Stellung, andererseits können so einfacher UmsteigerInnen gewonnen werden, wenn sie innerhalb "ihrer" Stadtwerke zu einem glaubwürdigen Stromangebot wechseln.

Stromwechsel
Es erfolgt eine Ummeldung zu einem Ökostromanbieter. Dieser speist den verbrauchten Strom zeitgleich ein, insofern ist hier die tatsächliche rechnerische Abkoppelung vom Mischstrom mit Atomstromanteil konsequenter. Der Ökostromanbieter zahlt an die Netzbetreiber (Besitzer der Stromleitungen) eine Durchleitungsgebühr. Diese Form ist in den neuen Bundesländern nicht möglich, weil dort der Strom immer einen hohen Braunkohlestromanteil haben muß, also kein Ökostrom wäre.
Keine Frage: Der Stromwechsel ist langfristig der konsequentere Weg, weil er den Stromversorgern, die auch mit Atomstromstrom handeln, die KundInnen vollständig entzieht. Andererseits ist das Aufpreismodell vielerorts, vor allem in den neuen
Bundesländern, einfacher oder billiger. Bei Kooperationen mit Stadtwerken oder glaubwürdigen Ökostromangeboten von diesen sollten Demokratisierungen festgeschrieben werden, z.B. daß die zusätzlichen Einnahmen in einem demokratischen Prozeß in Neuanlagen investiert werden.

Die Frage von Stromwechsel und Aufpreis ist insgesamt umstritten – es gibt zum einen unterschiedliche Sichtweisen, aber auch Zweifel, ob die Frage so überhaupt gestellt werden kann. Gleichzeitig ist aber zu erkennen, daß es einen Trend gibt, daß der Stromwechsel zum Normalfall wird.
Die MachtfrageDie Machtfrage kann zweierlei gestellt werden. Zum einen bezogen auf den Wechsel weg von solchen Firmen, die auch Atom- bzw. Großkraftwerksstrom anbieten. Zum anderen bezogen auf die Mitbestimmung innerhalb der Ökostromanbieter. "Ökostrom von unten" will die Verknüpfung: Konsequenter Ökostrom und Mitbestimmung der ErzeugerInnen und VerbraucherInnen bei der Ökostromvermarktung. Dabei sind verschiedene Modelle denkbar.

Firma im (Mit-)Besitz der regionalen AkteurInnen
Bei Aktiengesellschaften oder Genossenschaften können die AkteurInnen aus den regionen Strom-ErzeugerInnen-VerbraucherInnen-Gemeinschaften MitbesitzerInnen werden.

Vertragsabschluss Region-Anbieter in einem Vertrag zwischen Strom-EVG und Ökostromanbieter
In einem Vertrag, der auch andere Dinge regeln kann, räumt der Ökostromanbieter den regionalen AkteurInnen Mitspracherechte bei den Entscheidungen in der jeweiligen Region ein, z.B. bei der Öffentlichkeitsarbeit, Entscheidung über neue Anlagen usw.
Die Ausblendung der Machtfrage ist bislang typisch für den Umweltschutz. So werden gute Aktionen immer wieder zum Scheitern gebracht. Ökostromfirmen können ihre Geschäftspolitik ändern oder aufgekauft werden - in der Marktwirtschaft geradezu alltäglich.

Empfehlung im Rahmen von "Ökostrom von unten": Klare Vorkehrungen treffen, damit nicht alle Arbeit umsonst ist. Am günstigsten dürfte ein Vertrag sein, um die Handlungsvollmacht der regionalen Strom-EVGs zu sichern. Sie entscheiden in ihrer Region in einem transparenten Prozeß unter Beteiligung der BürgerInnen (so sollte es im Vertrag festgeschrieben sein!) über:
  • neue Anlagen
  • die Art von Ökostrom-Werbung
  • Beteiligungsmodelle, Finanzierungen.

Der Ökostromanbieter teilt allen KundInnen in der jeweiligen Regionen die Aktivitäten und Mitgestaltungsmöglichkeiten über die regionale Strom-EVG mit. Außerdem erhalten sie Vetorechte bei Veränderungen der Besitzverhältnisse der Ökostromanbieter und der Zusammensetzung des Ökostroms.
Förderung neuer AnlagenDie Ökostromanbieter unterstützen den Neubau von Energieanlagen sehr unterschiedlich.

Eigene Energieanlagen
Einige Ökostromversorger bauen eigene Energieanlagen, deren Strom sie dann verkaufen. Dies ist kombiniert mit dem Stromwechsel-Modell, da ja nur dann wirklich eigener Strom verkauft wird.

Förderung von Anlagen Dritter
Aus eigenen Mitteln, z.T. in festgelegten Sätzen pro verkaufter Kilowattstunde, werden Anlagen Dritter gefördert. Diese speisen den Strom dann beim regionalen EVU ein (Aufpreismodell) oder liefern direkt an den Ökostromanbieter (Stromwechsel-Modell).

Keine oder unklare Verhältnisse
Einige Ökostromanbieter fördern und bauen keine Neuanlagen. Andere haben Fördersätze festgelegt, die keine verläßliche Basis bieten, d.h. es besteht die Gefahr, daß keine Förderungen erfolgen.
Je besser neue Anlagen gefördert werden, desto besser.

Empfehlung im Rahmen von "Ökostrom von unten": Wenn die bestehenden Fördersätze nicht ausreichend erscheinen, kann ein Vertrag zwischen Ökostromanbieter und regionaler Strom-EVG Verbesserungen für die jeweilige Region festschreiben (z.B. höhere Sätze an den Einnahmen aus dem Stromverbrauch in der Region).
Stromlieferung in den Osten?Eine Schutzverordnung für die Braunkohle und das störrische Verhalten der Monopolversorger (z.B. VEAG) erschwerten im Osten den Stromwechsel zu regenerativen Energien. Inzwischen ist (u.a. durch eine Klage von Greenpaece gegen einen Ost-Stromversorger) der Weg weitgehend frei und eine Umstellung auch im Osten überall möglich.Empfehlung im Rahmen von "Ökostrom von unten": Politische Aktionen machen, wo noch geblockt wird!!!
DatentransparenzWoher kommt der Strom (Anlagentypen, regional ...)? Wieviele KundInnen gibt es wo? Was verbrauchen sie?

Solche Fragen transparent zu machen, ist wichtig. Schließlich sollen Glaubwürdigkeit und die Identifikation über eine konsequente Ökostromlieferung aus Anlagen, die in der Region stehen und dort möglicherweise vielen Menschen zusammen gehören bzw. von
diesen mitdiskutiert wurden, die Idee von "Ökostrom von unten" verbreiten.
Empfehlung im Rahmen von "Ökostrom von unten": In einem Vertrag zwischen Ökostromanbieter und regionaler Strom-EVG sollte festgeschrieben werden, daß die Daten über Stromverbrauch und -gewinnung insgesamt sowie in der Region regelmäßig mitgeteilt oder z.B. im Internet einsehbar gemacht werden.

Weitere Hinweise:
Die bisherigen Label und Zertifizierungen für Ökostrom berücksichtigen wir im Rahmen von "Ökostrom von unten" nicht, da sie nicht alle Aspekte berücksichtigen. Da wir maximale Transparenz wollen, gehen wir exakt beschreibend vor, aber nicht pauschalisierend, wie ein Label vom Prinzip her immer sein muß.
Korrekturen, Hinweise, neue Informationen usw. bitte sofort an uns schicken! Danke.

Abkürzungen:
  • EVU= Energieversorgungsunternehmen
  • EEG= Neu gestaltetes Gesetz über die Vergütung von Strom aus regenerativer Energie
  • Strom-EVG= Strom-ErzeugerInnen-VerbraucherInnen-Gemeinschaft, d.h. die regionalen Ökostrom-von-unten-Runden

Stand: Februar 2001

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