Kritik der Konsumkritik

ZWANGSREGIME DER PSYCHIATRIE
EINSPERREN, FIXIEREN, ZWANGS"THERAPIE"

Wahlrechtsentzug


1. Einleitung und allgemeine Kritik
2. Unsere Sofortforderungen und weitere Aufrufe gegen Zwang und Willkür
3. Wahlrechtsentzug
4. Einblicke
5. Was ist Krankheit?
6. Freiheit ist besser
7. Geschichte
8. Kritik
9. Links
10. Buchvorstellungen zum Themenbereich

Einschränkung weiterer Bürger_innenrechte
Aus dem Bundeswahlgesetz: § 13 Ausschluß vom Wahlrecht
Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist,
1. wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt,
2. derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfaßt,
3. wer sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet.


Im Original: Die totale Institution
Aus Erving Goffman (1973): Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen (S. 50f)
In der modernen Gesellschaft besteht eine grundlegende soziale Ordnung, nach der der einzelne an verschiedenen Orten schläft, spielt, arbeitet - und dies mit wechselnden Partnern, unter verschiedenen Autoritäten und ohne einen umfassenden rationalen Plan. Das zentrale Merkmal totaler Institutionen besteht darin, daß die Schranken, die normalerweise diese drei Lebensbereiche voneinander trennen, aufgehoben sind: 1. Alle Angelegenheiten des Lebens finden an ein und derselben Stelle, unter ein und derselben Autorität statt. 2. Die Mitglieder der Institution führen alle Phasen ihrer täglichen Arbeit in unmittelbarer Gesellschaft einer großen Gruppe von Schicksalsgenossen aus, wobei allen die gleiche Behandlung zuteil wird und alle die gleiche Tätigkeit gemeinsam verrichten müssen. 3. Alle Phasen des Arbeitstages sind exakt geplant, eine geht zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt in die nächste über, und die ganze Folge der Tätigkeiten wird von oben durch ein System expliziter formaler Regeln und durch einen Stab von Funktionären vorgeschrieben. 4. Die verschiedenen erzwungenen Tätigkeiten werden in einem einzigen rationalen Plan vereinigt, der angeblich dazu dient, die offiziellen Ziele der Institution zu erreichen. ...
In den Konzentrationslagern ist der Verlust der Selbstbestimmung offenbar ritualisiert worden; so kennen wir furchtbare Berichte von Gefangenen, die gezwungen wurden, sich im Kot zu wälzen, im Schnee Kopf zu stehen, lächerlich sinnlose Arbeiten zu verrichten, sich selbst zu verunglimpfen oder - im Fall der jüdischen Gefangenen - antisemitische Lieder zu singen. Eine mildere Variante dessen finden wir in psychiatrischen Kliniken, wenn berichtet wird, daß Pfleger einen Patienten, der um eine Zigarette bittet, Männchen machen und nach ihr hüpfen lassen. In all diesen Fällen wird der Insasse dazu gebracht, das Aufgeben des eigenen Willens zu demonstrieren. Weniger ritualisiert, aber nicht minder weitreichend ist die Einschränkung der Autonomie für jemanden, der in eine Zelle gesperrt, in einen nassen Wickel gesteckt oder in der Zwangsjacke gefesselt wird und dem damit die Freiheit auch der geringfügigsten Anpassungsbewegungen genommen wird.
Ferner drückt sich die persönliche Ohnmacht in totalen Institutionen darin aus, wie die Insassen die Sprache gebrauchen. Die Verwendung von Wörtern zur Übermittlung von Entscheidungen, die sich auf Handlungen beziehen, setzt voraus, daß der Empfänger einer Anordnung oder eines Befehls für fähig gehalten wird, eine Mitteilung entgegenzunehmen und aus eigener Kraft zu handeln, um der Aufforderung oder dem Befehl Folge zu leisten. Indem er die Handlung selbst ausführt, erhält er wenigstens andeutungsweise den Eindruck, als bestimme er über sich selbst. Beantwortet er eine Frage mit eigenen Worten, so unterstreicht dies seine Auffassung, daß ein Minimum an Rücksicht auf ihn genommen werden muß. Und da es nur Worte sind, die zwischen ihm und den anderen gewechselt werden, kann er diesen gegenüber wenigstens physisch Abstand wahren, wie unangenehm der Befehl oder die Äußerung auch sein mögen.
Dem Insassen einer totalen Institution ist mitunter sogar diese Form der schützenden Distanz und des eigenen Handelns verwehrt. Besonders in psychiatrischen Kliniken und politischen Erziehungslagern werden seine Äußerungen manchmal als bloße Symptome abgewertet, während der Stab sich mit den nicht-verbalen Aspekten seiner Antwort befaßt. Häufig wird sein ritueller Status für zu gering erachtet, als daß man ihn auch nur grüßen, geschweige denn ihm Gehör schenken würde.


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