Gentechnik-Seilschaften

FREIE FAHRT ... WARUM NULLTARIF?

Die soziale Frage


1. Argumente für fahrscheinlose Busse und Bahnen
2. Wer soll das bezahlen? Die Geldfrage ...
3. Die soziale Frage
4. Die ökologische Frage
5. Die Machtfrage
6. Vorschläge für die praktische Umsetzung
7. Beispiele: Orte und Testphasen ohne Fahrscheine
8. Befürworter*innen des Nulltarifs in Politik und NGOs
9. Wissenschaftler*innen pro Nulltarif
10. Debatte und Statements in den Medien
11. Gegner*innen des Nulltarifs aus Autolobby, NGOs, Grüne ...
12. Links und Kontaktadressen

Aus einen Interview mit Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband IGEB, in: neues deutschland am 28.4.2021
Allerdings gehen für die Belange des Nahverkehrs kaum Menschen auf die Straße. Beim Thema Fahrrad sieht das ganz anders aus. Woran liegt das?
Die Leute stimmen mit den Füßen ab. Für wen der Nahverkehr nicht attraktiv ist, der nimmt das Auto. Es ist auch eine kulturelle Frage. Die Leute, die sich für das Fahrrad interessieren, kommen aus einer oftmals akademisch geprägten, vielfach auch politisch aktiven Kultur, anders als viele Leute, die den Nahverkehr brauchen. Wer jeden Tag acht Stunden hinter der Kasse steht, macht sich kaum noch Gedanken um so etwas. Die Politik muss aufpassen, dass nicht eine Rolle rückwärts bei der Verkehrswende wieder hin zum Auto kommt.

Gleiche Mobilitätschancen für alle
Fahrpreise gelten für alle und sind (bis auf wenige Ausnahmen) für alle gleich hoch. Doch Menschen haben sehr unterschiedlich viel Geld zur Verfügung, so dass Mobilität nicht für alle gleich möglich ist. Daher sind Fahrkarten schlicht asozial. Wer arm ist, kann wenig oder gar nicht fahren. Wer reich ist, hat diese Beschränkungen nicht (und kann die Fahrt meist noch von der Steuer absetzen - also eine Art Freifahren nur für Reiche).

Heiner Monheim, emer. Professor für Angewandte Geographie und Raumentwicklung der Uni Trier, in: Deutschlandfunk am 4.12.2015
Es gibt gute Gründe und einen aktuellen Anlass den öffentlichen zu nehmen, das ist unsere Flüchtlingsthematik, diese Flüchtlinge hier dauerhaft in Deutschland bleiben, sehr lange davon abhängig öffentlichen Verkehr gibt oder nicht…dann haben wir den Wandel – wir werden älter, drei Millionen Demente können ja sollen die deswegen zu Hause festgenagelt sein? Nein, Gründe. Dann gibt es in Paris die Klimakonferenz – wir sind weiter zu vergiften, weil Autos nun mal dummerweise giftig Auspuff und da kommen 2000 verschiedene Gifte raus. Das aufgefallen, weil VW ein bisschen gemogelt und betrogen das Auto erfunden wurde, dass das ne giftige Maschine ist dieses Schild: Motor aus! Sonst vergiftest Du Dich …

Aus "Am Existenzminimum", in: SZ, 5.12.2015 (R13)
Manche können sich nicht einmal die Fahrt mit der S-Bahn leisten: "Die Menschen vereinsamen relativ schnell."

Aus dem Beschluss des Amtsgerichts Kassel zum Betretungsverbot von Bahnlinien für einen häufigen Schwarzfahrer (28.12.2015, Az. 412 C 5452/15)
Für Arzt- und Behördenbesuche bzw. Einkaufsfahrten kann sich der Antragssteller bis zu einer Hauptsachenentscheidung beispielsweise eines Fahrrads oder Taxis bedienen.

Talinn
Aus: WirtschaftsWoche am 3.3.2014
Das Ziel, ärmere Bevölkerungsschichten mit dem Angebot anzusprechen, war also anscheinend erfolgreich.

  • Hartz-IV-Regelsatz Mobilität 2017: 34,07 Euro
  • Monatsticket Stadt Gießen: 45,00 Euro (mit Gießen-Pass 19,90 Euro)
  • Monatsticket Kreis Gießen: 133,80 Euro
  • Monatsticket Mainz/Wiesbaden: 79,80 Euro
  • Monatsticket Mainz/Frankfurt: 179,60 Euro

Wohnraummangel
Fast alle Städte wachsen gerade, manche rasant. Verzweifelt suchen sie nach Flächen für neuen Wohnungsbau. Dabei ist die Fläche längst da: Ca. 15 Prozent des gesamten Stadtgebietes sind z.B. in Stuttgart mit Straßen, Parkplätzen usw. überbaut (Quelle), in München sind es laut der offiziellen Statistik "München in Zahlen 2017" sogar zwei Prozent mehr. Werden die Autos zurückgedrängt, wird diese Fläche frei - für Fahrradstraßen, den auszubauenden Nahverkehr und für das Leben in der Stadt (Spielplätze, Cafés, Grünanlagen und mehr).

Rechts: Vergleich des aktuellen Platzangebotes für Autos und für Menschen (aus der Broschüre "Nulltarif für Bus und Bahn"

Kontrolle und Kriminalisierung erzeugen Gewalt
Und noch etwas: Zwischen sog. Schwarzfahrer_innen und Kontrolletis kommt es immer mal wieder zu Gewalttätigkeiten. Kontrolle, Demütigung und Angst vor Arbeitsplatzverlust treiben auf beiden Seiten die Gewaltneigung hoch. Auch das wäre zuende, wenn es keine Fahrkarten mehr gibt.

Strafverfolgung dient Unternehmen
Aus einem Interview mit Berlins Justizsenator Dirk Behrendtim Tagesspiegel, 22.10.2017
Wenn Schwarzfahren keine Straftat mehr ist, würde dies auch für die Deutsche Bahn und ihre Passagiere gelten. Dort geht es pro Fahrschein um deutlich höhere Summen. Man meint, der Bahn hier beistehen und die zivilrechtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen Schwarzfahrer mit dem Strafrecht flankieren zu müssen.
Können Sie das nachvollziehen?
Nein. Andere Wirtschaftsunternehmen unterstützen wir auch nicht dabei, wenn sie ihre sicher berechtigten Forderungen eintreiben.

  • Ein Artikel im Tagesspiegel vom 23.10.2017 beschreibt, dass Strafverfolgung vor allem die Unternehmen entlastet, selbst für Kontrollen oder andere Lösung zu sorgen. Der Staat wird hier zum kostenlosen Dienstleister des Kapitals.
  • Forschungsprojekt MobileInclusion zur armutsbedingten Ausgrenzung vom ÖPNV

Arbeitsplätze
Warum viele Arbeitsplätze bei Beibehaltung langer Arbeitszeiten oder gar Überstunden ein Wert an sich darstellen sollen, ist nie richtig begründet worden. Es gibt Arbeitsplätze, die sollen möglichst schnell verschwinden (Rüstung, Überwachung usw.). Beim Rest wäre es schön, wenn die Arbeitsbelastung der Menschheit durch technischen Fortschritt abnehmen würde und wir alle weniger arbeiten müssten, ohne materielle Ängste haben zu müssen.

Außerdem zeigt die Debatte um Arbeitsplätze in der Autoindustrie, dass die dortigen Beschäftigten dringen woanders benötigt werden.

Aus "Lokführermangel ist ein hausgemachtes Problem", in: Wirtschaftswoche, 16.7.2018
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) schätzt die Zahl der bundesweit unbesetzten Stellen auf 1200. Immer wieder fallen wegen Personalmangels Züge aus, zuletzt beispielsweise auf der DB-Strecke zwischen den hessischen Städten Gießen und Hanau oder bei der nordhessischen Privatbahn Cantus. Für die dünne Personaldecke sei unter anderem der frühere Bahnchef Rüdiger Grube verantwortlich, der den stolzen Beruf zum Auslaufmodell erklärt habe, schimpft GDL-Chef Claus Weselsky.

Über eine Berechnung der Bertelsmann-Stiftung (auf deren Seite)
Der Lehrermangel in Grundschulen wird im Laufe der nächsten sechs Jahre dramatischer als bislang angenommen. Im Jahr 2025 fehlen mindestens 26.300 Absolventen für das Grundschullehramt. ...
Die Berechnungen zum Lehrerbedarf gehen bei Klassengröße und Unterrichtsversorgung von einer Aufrechterhaltung des Status quo aus. Dräger fordert, andere bildungspolitische Ambitionen nicht aus den Augen zu verlieren: "Auch der Ganztagsschulausbau wird weitere Lehrkräfte erfordern. Gerade sozial benachteiligte Kinder profitieren von guten Ganztagsschulen, in denen Lehrkräfte auch außerhalb des Pflichtunterrichts zum Einsatz kommen."


Aus "Lokführermangel bei der Deutschen Bahn verschärft sich", dpa-Meldung in: Heilbronner Stimme am 17.2.2020
Die Deutsche Bahn sucht Lokführer - immer häufiger ergebnislos. Dabei will der Konzern die Fahrgastzahlen in zehn Jahren verdoppeln. ...
«Im Jahresdurchschnitt standen 100 offenen Stellen nur noch 25 als arbeitssuchend gemeldete Lokführer gegenüber», teilte der Lobbyverband mit. «Ein Jahr zuvor lag das Verhältnis noch bei 100 zu 28.» Damit sei die Quote schlechter als bei Altenpflegern und Klempnern. Die Allianz pro Schiene hat für die Analyse Daten der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet.


Aus einer Pressemitteilung von Pro Bahn Mittelhessen am 25.1.2020 nach Zugausfällen im Folge eines Krankheitsfalles im Stellwerk bei Gießen
Gerade in Hessen lasse man sich in übergroßem Maße durch Festveranstaltungen fortwährend feiern, wie toll die Bahn doch sei. Im Alltag sei die Welt düster und man steuert auf einen deutschlandweiten Notstand zu. Man müsse konkret und auf die Region, die Städte bezogene Personaldefizite benennen, aufzeigen und analysieren. Ggf. müsse umgehend damit begonnen werden, Personal deutschlandweit umzubesetzen, um insbesondere solche Skandale auf den Hauptstrecken wie Frankfurt-Gießen-Marburg-Kassel, woran auch die Achse Gießen-Siegen(-Hagen/-Köln) hänge, auszuschließen. Im Rahmen der verkehrsunternehmerischen und politischen Aufarbeitung ist es aus Sicht von PRO BAHN Hessen auch notwendig, dass Schuldige des Verwahrlosens, des Kahlschlags von gesellschaftlichem Gemeinschaftseigentums und von einst großen und gut aufgestellten Personalbeständen im Schienenpersonenverkehr benannt werden.

Aus "Deutschland sucht den Handwerker", in: Gießener Anzeiger, 25.2.2020
Fachkräftemangel – ein abstrakter Begriff für ein ganz konkretes Problem, und zwar inzwischen schon für jedes zweite Unternehmen: Es gibt einen Job, aber niemanden, der ihn machen will. Nicht nur in Deutschland können viele Unternehmen freie Stellen nicht oder nur nach langer Suche besetzen, auch weltweit stehen immer mehr Chefs vor dieser Herausforderung. Der Personaldienstleister Manpower-Group lässt bereits seit 2006 Jahr für Jahr eine internationale Studie zu dem Thema erstellen und schlägt Alarm: „Der weltweite Fachkräftemangel hat ein Rekordniveau erreicht, 54 Prozent der Unternehmen sind inzwischen betroffen und damit fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren“, sagt Manpower-Geschäftsführer Jonas Prising. ...
Ganz oben auf der Liste der am schwersten zu besetzenden Stellen stehen handwerkliche Berufe wie Elektriker, Kfz-Mechatroniker, Metallbauer und Elektrotechniker. Laut Studie suchen in der Region Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) 17 Prozent der Arbeitgeber oft vergeblich Mitarbeiter mit solchen Qualifikationen, global haben demnach 13 Prozent Schwierigkeiten, diese Stellen zu besetzen.



Langfristiger Ausfall einer ganzen Bahnstrecke (wurde danach weiter verlängert).
Unten: Das Gleiche im Busverkehr (Beispiel Gießen)

Es kommt noch dicker: Bis 2030 fast 50 Prozent des Personals in Rente!
Andreas Schackert, ver.di-Bundesfachgruppenleiter Busse und Bahnen stellt laut ver.di- Pressemitteilung fest: „Bis 2030 werden knapp 50 Prozent der Beschäftigten im ÖPNV in Rente gehen oder dem Beruf aus anderen Gründen den Rücken kehren. Dieser gewaltigen Lücke an Fachkräften müssen wir schon jetzt mit attraktiven Arbeitsbedingungen und guten Löhnen begegnen. Die Zeit des Lohndumpings muss endlich vorbei sein. Faire Löhne im ÖPNV sind der Grundstein für ein modernes und nachhaltiges Verkehrssystem.”

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