FOOD-COOPS, TAUSCHRINGE, UMSONSTLÄDEN, CONTAINERN ...
Ungleichheiten abbauen!
1. Ungleichheiten abbauen!
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Selbstorganisierung - Eine Einleitung
Morgens aufstehen und tun können, was mensch will ohne Angst vor ökonomischen Krisen. Klare Positionen beziehen zu können ohne Furcht vor dem Entzug von Fördergeldern. Die Wirklichkeit "unabhängiger" Projekte und politischer Gruppen sieht anders aus: Lohnarbeit und Abhängigkeit von Staatsknete prägen das Leben vieler, die eigentlich gegen Kapitalismus, Fremdbestimmung oder auch nur die Auswüchse neoliberaler Konzepte kämpfen. Widerstand und Selbstentfaltung bleiben auf die "Freizeit" beschränkt. Das "autonome" Zentrum ist nur so lange autonom, wie mensch mit den EigentümerInnen gut auskommt.Das Fehlen echter Alternativen zu Lohnarbeit ist ein wichtiger Grund, warum zur typischen, linken Biographie nach drei, vier Jahren Rebellion fast immer der schleichende Rückkehr ins "normale" Leben gehört. Das Gegenmittel heißt Selbstorganisierung im Alltag - ein Mix aus Kreativität und dem Wissen um die vielen Möglichkeiten, "umsonst" zu leben und Projekte unabhängig durchführen zu können.
Selbstorganisierung meint dabei den schrittweisen Ausstieg aus marktförmiger Reproduktion, den Abbau ökonomischer Zwänge und den Aufbau von tragfähigen "Alternativen im Alltag", die ein gutes Auskommen für die Einzelnen ermöglicht, ohne arbeiten gehen zu müssen. Die übliche Lebens-? und Politikpraxis wird auf den Kopf gestellt: Die Grundfrage lautet nicht mehr, woher das Geld kommt, sondern wie es auch ohne geht! Die Möglichkeiten sind vielfältig: Der Aufbau von gemeinsamer Infrastruktur (ob Gemeinschaftsbibliotheken, Fahrradwerkstätten oder Computerräume) schafft sofort einen ungemeinen Reichtum. Wo diese Orte als offene Plattformen organisiert sind können auf Anhieb viel mehr Menschen auf Ressourcen und Wissen zugreifen, das vorher die meiste Zeit ungenutzt in Regalen oder dunkeln Kellern verstaubte. Umsonstläden schaffen soziale Orte, die den Austausch von nützlichen Dingen des Alltags organisieren. Das gezielte Abgreifen von Resten spart viel Geld, dass vorher in den Neukauf von Produkten floss - durch kreatives Recycling sind bereits ganze Häuser ausgebaut worden. Auch Gratisessen mit einer bunten Palette von Nahrungsmitteln ist so sehr einfach zu realisieren - ohne Geld. Wer Selbstorganisierung systematisch betreibt wird weniger Probleme haben, das Geld für die Dinge zu organisieren, für die uns noch keine besseren Lösungen eingefallen sind.
Wo diese Ansätze miteinander verbunden werden können sogar erste Keimformen von Gratisökonomie entstehen - Zonen, in denen Menschen unabhängig vom Gewicht des Geldsbeutels am Leben teilhaben können und die damit andeuten, wie eine Gesellschaft jenseits von Kapital und Staat aussehen könnte. Besonders spannend wird es da, wo Selbstorganisierungs-Versuche als Reibungsfläche mit der marktförmigen Wirklichkeit begriffen und bewusst in Aktionen eingebunden werden. Auf dass immer mehr Menschen erfahren, dass sie nicht zum sinnlosen Schuften verdammt sind ...
Hinweis: Dieser Text ist ein Teil der im Mai 2004 veröffentlicheten "Zeitung für stürmische Tage" - viele Ausschnitte emanzipatorischer Politik in kompakter Form - jetzt downloaden.
Praktisches Intro
Es gibt inzwischen eine ganze Menge von Gruppen, die einen Teil ihrer Alltagsorganisierung zusammen hinkriegen und dabei nach Wegen suchen, den ständigen Zwang zum Bezahlen und marktförmigen Einkaufen zu mildern oder zu überwinden. Meistens bleibt es bei einer Form stehen - mensch ist entweder in einer Food-Coop, in einem Tauschring oder in einem Umsonstladen dabei, geht containern oder macht vieles selbst. Dabei ist die Verbindung, wenn mensch erst mal dabei ist, sehr einfach. Wo eines von den vielen Ideen besteht, kann schnell das nächste hinzukommen. Insofern ist dieser Text ein Aufruf an alle bestehenden Food-Coops, Tauschringe usw., darüber nachzudenken, ob sie nicht selbst noch mehr Ideen anstossen - schließlich ist vieles dann nicht neu zu organisieren, sondern das Bestehende kann genutzt und ausgebaut werden.Politisches Intro
Herrschaft zerstört unsere Lebensgrundlagen und macht Menschen zu Rädchen eines System, dass auf der Maximierung von Profit beruht. Dieses System lebt u.a. davon, dass es Menschen die Möglichkeiten entzieht, sich selbst zu organisieren. So ist die Mehrheit der Menschen gezwungen, arbeiten zu gehen ... und leider auch überzeugt davon, dass es anders nicht geht. Dagegen ist Widerstand nötig - auf allen Ebenen: Ein Teil davon ist der Aufbau von Alternativen ... und zwar schon heute! Verschiedene Projekte versuchen bereits, sich Stück für Stück den Zwängen des Marktes zu entziehen und Strukturen aufzubauen, in denen Menschen sich unabhängig(er) von Geld und sozialem Status entfalten können. Dabei gibt es unterschiedlichste Formen: Freiräume, Umsonstläden, Kooperativen und viele andere Formen des kollektiven, selbstorganisierten Lebens. Darüber will dieser Text informieren - und natürlich einladen, selber schrittweise auszusteigen aus lebenslanger Lohnarbeit, Konsumwahn, Normen und Zwängen. Immer auch mit der Perspektive, Herrschaft und Verwertung auf der ganzen Welt zu überwinden! Wo strategisch geschickt Formen der Selbstorganisierung entwickelt werden, kann tatsächlich Kraft und Freiraum gewonnen werden für ein Leben mit immer weniger Zwängen.Die konkreten Ideen - kurz vorgestellt
Im folgenden sollen einige bereits bestehende Selbstorganisierungsansätze vorgestellt werden - zunächst nebeneinander. Ziel wäre aber, diese zu verbinden und die Synergieeffekte zu nutzen. Mehr Texte und Ideen finden sich auf den Selbstorganisierungsseiten.Food-Coops
Gemeinsam einkaufen ist sicherlich nur ein kleiner Anfang, sich den Zwängen profitorientierter Märkte zu entziehen. Weiterhin wird mit Geld bezahlt, Reichtumsunterschiede bleiben erhalten und als Quellen sind in der Regel Lebensmittelzwischenhandel oder landwirtschaftliche Betriebe im Vordergrund, die auch sonst ihre Produkte marktförmig vertreiben. Dennoch kann das gemeinsame Einkaufen einige Vorteile bringen:- Bezugsquellen mit Mindestabnahmen können erschlossen werden, an die Einzelpersonen nicht ohne weiteres herankommen.
- Direktvermarktungswege zu LandwirtInnen und anderen HerstellerInnen werden erschlossen, die sich für Einzelne kaum lohnen würden. Durch das Aufteilen der anfallenden Arbeit von Abholung und Verteilung oder gar das Gewinnen der ProduzentInnen zu den sich bei Sammelabnahme dann lohnenden Auslieferungsfahrten wird der Direktbezug erst praktikabel.
- Wenig oder nicht selbst mobile Menschen können im Rahmen von Food-Coops mitbeliefert werden.
- Gegenüber Ladenpreisen kann einiges gespart werden.
Zudem ist es möglich, politische Öffentlichkeitsarbeit mit dem Bezug von Lebensmitteln oder auch anderen Produkten (Sammeleinkauf von Kleidung, Büromaterialien usw.) zu verbinden. Ausflüge zu Höfen, Feste und Vorträge sind ebenso sinnvoll wie Pressearbeit oder Infostände, Straßentheater und mehr. Gemeinsamer Lebensmitteleinkauf bleibt eine Geldsache. Sie überwindet damit nicht Reichtumsunterschiede. Ökologische Lebensmittel bleiben für viele auch bei gemeinsamem Einkauf unerschwinglich. Daher sollten gerade Food-Coops überlegen, ob sie nicht einige Schritte mehr tun, um auch ein soziales Projekt zu werden, das unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zwischen Menschen überwindet.
Internet: www.foodcoops.de
Container-Kooperativen
Containern meint das Leben von den Resten des Zwischenhandels. Die Abfallcontainer der Supermärkte dokumentieren immer wieder, wie verschwenderisch ein marktförmiges Wirtschaften ist. Was aus Gründen der Preisstabilität weg muß oder nicht mehr der gewollten Optik entspricht, fliegt raus. Darunter befinden sich ständig massenhaft Lebensmittel, die gut genießbar sind - oft ist allein ihre Verpackung beschädigt oder das Verfallsdatum steht dicht bevor usw.In vielen Städten suchen deshalb Menschen auf eigene Faust oder in kleinen Gruppen die Hinterhöfe und Einfahrten von Supermärkten regelmäßig durch - vor allem am Samstagabend, wenn viele Geschäfte vor dem Wochenende die Regale ausgeräumt haben. Viele finden dann mal viel von dem einen, mal viel von dem anderen Produkt. Für einen selbstorganisierten Alltag ist das nur begrenzt interessant, denn meist ist eher wenig, aber dafür von vielen Produkten gefragt. In Wien hat sich z.B. deshalb das "Geob", das "Gemüse- und Obstkollektiv", gegründet. Viele Menschen haben sich die Straßenzüge und Stadtteile aufgeteilt. Sie bringen ihre "Beute" dann an einem Platz zusammen - und aus dem nun sehr vielfältig zusammengesetzten Berg nehmen sich alle heraus, was sie brauchen.
NutziGems
NutzerInnengemeinschaften (NutziGems) sind Personen, die etwas gemeinschaftlich nutzen. Im Prinzip ist eine NutziGem ein Freundeskreis oder umgekehrt sind viele Freundes- und Bekanntenkreise auch eine NutzerInnengemeinschaft. Fast überall, wo man sich kennt wird etwas gemeinsam genutzt, ausgeliehen, illegal vervielfältigt, verschenkt, dauerhaft zur Verfügung gestellt, sich gegenseitig beigebracht und geholfen usw. Alles kann in solchen NutziGems landen, d.h. einerseits natürlich Gegenstände (die Bohrmaschine, der Eiscrusher, das Wohnmobil...), dann aber auch Strukturen (das Gästezimmer, der Internetzugang, der Partykeller...) und häufig auch Fertigkeiten und Wissen (Computerkenntnisse, Umzugshilfe, Reparaturkönnen...). Die ganze Gesellschaft funktioniert so, nur dass im Bekannten- und FreundInnenkreis solche Formen gemeinsamer "Nutzung" meist ohne Geld über die Bühne gehen. Klar, alle gucken schon ein wenig auf den Zustand und die Entwicklung des Verhältnisses zu den jeweiligen AusleiherInnen oder Unterstützten, aber ob die Gegenseitigkeiten insgesamt wirklich auch im Barwert oder in der Nettoarbeitszeit genau ausgeglichen wären, interessiert oft nur am Rande. Oder, um nicht nur den quantifizierbaren Teil dieser Vereinbarung in den Blick zu nehmen: Eigentlich gibt es überhaupt keine fixe Regel, nach der sich solche Formen von NutziGems bilden. Der eine hat diese Bedingung, die andere macht es so. Mit wem die Einzelnen überhaupt, mit welchen Zielen und mit welchen konkreten Inhalten zu einer Vereinbarung über eine gemeinschaftliche Nutzung von Gegenständen, Strukturen und Fertigkeiten kommen ist sehr unterschiedlich. Das ist eine althergebrachte NutziGem, etwas völlig alltägliches, allgemein bekanntes und übliches. Eine Vereinbarung zur gemeinschaftlichen Nutzung ist ein soziales Verhältnis auf Gegenseitigkeit, aber ohne die übliche Tausch- oder Marktlogik oder zumindest mit einem gewissen Potential für Selbstbestimmung und Tauschwerteliminierung.Internet: www.laich.info/nutzigem
Umsonstläden
Das Prinzip ist einfach: Bringen, was mensch nicht mehr braucht, aber weiter nützlich ist und mitnehmen, was mensch selber benötigt - und nichts kostet etwas. Das Ganze wird an einem festen Ort untergebracht - am besten irgendwo in oder nahe einem öffentlichen Raum, wo Menschen ohnehin ein- und ausgehen sowie ein offener Zugang zum Umsonstladen möglich ist. Zu finden sind in den bestehenden Umsonstläden u.a. Klamotten, Schallplatten, Bücher, CDs, Videospiele, Geschirr, Stereoanlagen usw. Größere Sachen wie Möbel, Fahrzeuge usw. können über ein schwarzes Breff verschenkt werden. Auch Dienstleistungen finden so ihren Weg - mensch kann Hilfe, die Weitergabe von Wissen, handwerkliche Fähigkeiten usw. anbieten oder suchen.Internetseite des Umsonstladens Berlin mit Links zu anderen: www.umsonstladen.info
Im Original: Bildet weitere Umsonstläden!
Aus CONTRASTE Nr. 207 (Dezember 2001)
Seit nun bald drei Jahren betreiben wir, der Arbeitskreis Lokale Oekonomie, in Hamburg den ersten Umsonstladen. Die Idee ist einfach: Wer in Hamburg funktionsfaehige Dinge ueber hat, kann sie bei uns vorbeibringen, statt sie weiter nutzlos bei sich zu lagern oder sie wegzuwerfen. Wer etwas benoetigt, kann diese Dinge bei uns umsonst abholen.
Hilmar Kunath, Redaktion Hamburg - Jede® kann pro Besuch bis zu drei Teile mitnehmen und gerne wiederkommen. Geben und Nehmen sind nicht mechanisch aneinander gekoppelt.
Wer braucht, nimmt und wer hat, gibt. Doch wer ein halbes Jahr nur nimmt, kann schon mal gefragt werden, ob er oder sie nicht auch in irgendeiner Form etwas beitragen will. Wir bitten die BesucherInnen um eine freiwillige Spende von 1 DM fuer unsere Ladenmiete, die wir von Anfang an aus eigener Kraft aufbringen.
Grosse Gegenstaende (z.B. Moebel) koennen wir bei uns nicht lagern. Deshalb schreiben wir sie auf Karteikarten, die im Stadtteilladen ausgehaengt werden. So koennen VorbesitzerIn und Interessenten sich in Verbindung setzen. Bisher haben ueber 12.000 Leute dieses konsum- und warenkritische Selbsthilfeprojekt fuer sich nutzen koennen.
Das Stichwort "zu schade zum Wegwerfen" verstehen die meisten Menschen und freuen sich, dass sie ihre nicht mehr benoetigten nuetzlichen Dinge anderen schenken koennen. Uns ist bei unserer praktischen Umverteilungsaktion wichtig, dass Leute aus allen sozialen Schichten zu uns kommen, auch etliche "normale" Berufstaetige, die nicht nur Dinge bringen, sondern auch holen, weil sie nicht mehr einsehen, alles neu zu kaufen. Staendiger Neukauf erhoeht die Erwerbszwaenge. Niemand wird bei uns gefragt, ob sie oder er "beduerftig" ist. Wir haben das Projekt Umsonstladen mit vier Leuten in unserem 50 qm-Stadtteilladen gestartet. Jetzt arbeiten ueber zehn regelmaessig mit und eine Reihe weiterer Menschen hilft ab und zu. Die meisten davon sind als NutzerInnen auf uns gestossen. In den naechsten Monaten werden wir wahrscheinlich in etwas groessere Raeume umziehen. Darueber hinaus braeuchten wir noch Werkstattraum fuer unsere Idee "Reparieren statt wegwerfen".
Zwei Berliner haben die Internet-Homepage www.alles-und-umsonst.de entwickelt. Das ist quasi ein Umsonstladen im Netz. Hier fehlt natuerlich der menschliche Kontakt und verwertungssuechtiger Missbrauch ist dort auch nicht so leicht abzustellen. Trotzdem ist es toll, dass es so etwas gibt. Schliesslich sind noch nicht ueberall Umsonstlaeden in der Naehe.
Seit ueber einem Jahr betreibt inzwischen auch die Projektgemeinschaft Bremer Commune erfolgreich den Bremer Umsonstladen. Er ist auch ueber www.umsonstladen.de im Netz erreichbar. Am 2. November eroeffnete in Hamburg-Bergedorf der zweite Umsonstladen Hamburgs mit StudentInnen der Fachhochschule "Rauhes Haus". In Dresden funktioniert das Abfallgut e.V. herrlich. In Berlin-Mitte oeffnet gerade ein weiterer Umsonstladen (Brunnenstr. 183), in Hannover gibt es inzwischen einen Umsonstladen und in Detmold wird demnaechst der erste Umsonstladen unter dem Dach der evangelischen Kirche eröffnen. Wo entsteht der nächste?
Wir empfangen in Hamburg weiterhin gern Gaeste aus anderen Staedten, damit sie sich den Betrieb des Umsonstladens ansehen, um anschliessend bei sich zu Hause ein aehnliches Projekt zu entwickeln. Also: herzlich willkommen ! (Tel.: 040 - 39 90 64 88)
Tauschringe
In recht vielen Orten haben sich Gruppen gebildet, deren Mitglieder untereinander vor allem Hilfsdienste, handwerkliche Arbeiten usw. tauschen. Meist ist die Zeit die Währungseinheit, d.h. die Beteiligten "kaufen" Dienstleistungen (Hilfe) anderer ein und können die zeitorientierte Währung dadurch wiederum selbst erhalten, in dem sie anderen helfen. Gegenüber dem profitorientierten Markt entsteht so der Vorteil, dass theoretisch alle die gleiche "Lohnhöhe" für ihr Engagement erhalten - also Computerprogrammierung genauso "wertvoll" ist wie Putzen oder Kinderbetreuung. In der Praxis stimmt das aber nicht - und es zeigt sich, dass Tauschringe im Gegensatz zur Umsonstökonomie den Kern marktförmigen Wirtschaftens nicht beseitigen: Das Bewerten von Tätigkeit und das Anbieten auf dem Markt mit Nachfrage- und Angebotseffekten. Wer etwas kann, was in einem Tauschring viele brauchen, kann schnell viele Zeiteinheiten einsammeln und damit wiederum "Hilfe" einkaufen. Wer keine gefragten Kenntnisse hat, ist auch im Tauschring "arm". Zudem blenden Tauschringe meist aus, dass Menschen unterschiedlich viel Zeit haben, d.h. der Halbtags-Programmierer mit hohem Einkommen ist viel flexibler als die alleinstehende Putzfrau mit vier Kindern (mal als Klischee dargestellt). Hier könnten genau die Weiterentwicklungen ansetzen - z.B. Reichtumsausgleich oder die Aufnahme von Umsonstökonomie in die Aktivitäten der Gruppe.Faxabruf von Tauschring-Adressen: 030/69040467 und über www.tauschringe-berlin.de.
Eine von mehreren Internetseiten: www.tauschring-archiv.de
Brotaufstrich-Kooperation
Der Brotaufstrich steht hier als Beispiel für noch viele andere Möglichkeiten. Die dahinterstehende Idee ist, dass nicht immer alle alles in kleinen Mengen selbst besorgen oder herstellen müssen, sondern reihum immer wieder Menschen größere Mengen von etwas herstellen (was nur wenig mehr Aufwand ist als eine kleine Menge desselben) und dann an andere weitergeben - nach Möglichkeit einfach geschenkt, den Umsonstökonomie ist die einzige Form, in der Menschen gleiche Möglichkeiten haben, also nicht mehr zählt, wie viel Geld wer hat.Variante 1: Gemeinsam herstellen. Menschen aus Marburg und Fronhausen treffen sich regelmäßig, um gemeinsam selber Brotaufstriche herzustellen. Das ist lecker, günstiger und macht Spass. Weitere MitstreiterInnen sind auch hier erwünscht!
Variante 2: Kochplan und Verschenken. Im Raum Gießen entsteht diese Form ... es gibt einen Kalender, wer welche Woche Brotaufstriche herstellt und dann immer einige Gläser für die anderen Beteiligten zur Dienstags-Vokü in den Infoladen Gießen mitbringen. Wer mitmachen will, sollte da einfach vorbeigucken.
Gemeinsame Infrastruktur
Stellen wir uns 10 Menschen aus unserem Bekanntenkreis vor. Alle legen z.B. die Geräte aus der Heimwerkstatt oder dem Werkzeugkoffer zuhause auf einen Tisch. Meist würde ein Riesenreichtum entstehen. Fast alle haben eine Bohrmaschine, obwohl kaum jemand sie mehr als 1x monatlich braucht. Viele viel seltener. Genauso mit Stichsäge, Winkelschleifer, Maulschlüsselsortiment und vieles mehr. Von Computern, Laserdrockern, Küchengeräten, Spielen, Büchern, Fahrradhängern, Zelten usw. mal ganz zu schweigen. All dieses Zeugs liegt meist rum - aber oftmals ist viel Geld draufgegangen, für das mensch lohnarbeiten musste.Die notwendige Geldmenge im Alltag kann drastisch reduziert werden, wenn Geräte, die nur selten gebraucht werden, gemeinsam genutzt werden - z.B. durch den Aufbau eines gemeinsames Werkraumes, eines Computerraumes usw. Manches wird der eine oder die andere noch ständig besitzen wollen, weil es oft genutzt wird. Aber vieles kann Teil einer gemeinsamen Infrastruktur werden. Wenn in WGs, Häusern oder in öffentlichen Räumen solche gemeinsamen Werkstätten, Arbeitsräume, Bibliotheken usw. entstehen, haben alle den Zugriff auf viel mehr Reichtum als vorher - und müssen doch viel weniger dafür aufwenden.
Die Weiterentwicklung dieser Einzelbeispiele gemeinsamer Infrastruktur sind offene Plattformen, die insgesamt öffentlich nutzbar machen, was sonst in Privatbesitz nur herumliegt, z.B. die Idee der Projektwerkstätten als Räume bzw. Häuser mit für alle zugänglicher Ausstattung.
Internet: www.projektwerkstatt.de
Und vieles mehr
Sicherlich sind noch weitaus mehr Ideen vorstellbar, wie Selbstorganisierung im Alltag so geregelt werden kann, dass sie den Zwang zu marktförmigen Reproduktion und damit zusammenhängend der Lohnarbeit mindert oder aufhebt. Diese Liste soll anregen, aber längst nicht das Ende der Entwicklung sein. Wer weitere Ideen hat oder Beispiele kennt, kann diese gerne per Info- und Kontaktformular an uns schicken. Im Internet soll dieser Text ständig weiterentwickelt werden.- Urheberrechtsfreie Kunst und Kultur
- Reparatur-Initiativen
Öffentliche Aktionen
Ökologische Ernährung, Direktvermarktung bis hin zur Umsonstökonomie kann auch ein wichtiger Teil jeder Gruppe sein - gleichgültig ob Food-Coop, Umsonstladen-Crew oder Container-Kooperative. Alle Mittel der direkten Aktion stehen zur Verfügung, also Theater, Subversion, Sabotage usw. Eine vollständige Liste ist nicht möglich, da unendlich viele Aktionsformen denkbar sind. Einige Beispiele mögen Anregung genug sein. Gerade bestehende Gruppen mit Ansätzen der Selbstorganisierung im Alltag können mit solchen Aktionen gute Erfolge erzielen, weil sie jeweils gleich auf (ihre eigenen) Alternativen hinweisen können.- Gratis einkaufen: Eine Gruppe geht in einen Supermarkt, allerdings nicht als Zusammenhang erkennbar. Sie stellen sich an der Kasse an - mit Abständen zwischen ihnen, so dass weitere Menschen einbezogen werden. Der vorderste Wagen ist voll von Produkten des Alltagsbedarf. Die Person (oder zwei) am Wagen schieben an die Kasse und sagen dann laut und deutlich so etwas wie: "Wir haben kein Geld, brauchen aber ja auch was zu essen. Wir wollen das so mitnehmen, ok?". Und dann langsam weiterschieben. Wahrscheinlich entbrennt sofort eine Debatte. Dabei können die weiteren Aktivistis aus der Gruppe verschiedene Rollen spielen (Unterstützung, Provokation, Pöbeln, Kompromissvorschläge usw.), die nicht von allein durch spontan mitdiskutierende Menschen vorhanden sind. Meist ist sehr schnell eine Utopiediskussion zur Umsonstökonomie möglich, wenn z.B. Menschen formulieren "Wenn das alle machen würden ..." - "Ja, wäre doch toll".
- Entwertungsaktionen: Barcodes untauglich machen oder Aufkleber mit Beschriftung wie "Heute umsonst - ohnehin ist ein Leben ohne ständige Bewertung und Preise viel schöner" oder ähnlich in Geschäften auf Produkten und Preisauszeichnungsflächen kleben.
- Umsonstladen oder Umsonstessen in der FußgängerInnezone oder sogar in Restaurant, Supermärkten, Kaufhäusern u.ä. kurzzeitig Flächen "besetzen" und dort Umsonstökonomie umsetzen.
Bei allen öffentlichen Aktionen ist die Vermittlung wichtig - also immer dabei reden, rundherum auch Menschen haben, die nicht direkt mitmachen, sondern Gespräche führen können. Flugblätter, Zeitungen, Aufkleber bis hin zu Megaphon oder Transparent sind wichtig. Normale Pressearbeit oder subversive (gefälschte Beschimpfungen von Firmen oder Parteien, Wirtschaftsverbänden u.ä.) können das Ganze ergängen.
Direct-Action-Ideen im Internet: www.direct-action.siehe.website.
Mit einem anfangen, aber da nicht aufhören ...
Welcher Einzelschritt auch immer der erste ist - es ist gut und richtig, ihn zu gehen. Ebenso aber muß klar sein, dass alles nur eine kleine Nische ist und der Alltag nur punktuell verändert wird, wenn es dabei bleibt. Von jedem ersten Schritt können weitere erfolgen. Insofern sind Food-Coops, Tauschringe, Umsonstläden usw. nicht nur Zweck an sich, sondern vor allem Sprungbrett zu mehr ... hin zu einer bunten, sich verstärkenden Selbstorganisierung im Alltag. Denn das machen die bisherigen Erfahrungen auch deutlich: Je mehr verschiedene Aspekte verwirklicht werden, desto besser greifen die Wirkungen auch ineinander - die Food-Coop trifft sich im Umsonstladen, was bisher an Dienstleistung nur getauscht wurde, wird über das Schwarze Brett im Umsonstladen jetzt auch so angeboten, wer zusammen Lebensmittel einkauft, gründet schneller eine NutziGem für Bohrmaschinen, Computer & Co. usw. Räume, Rundbriefe, Infostände und mehr können gemeinsam genutzt werden. Selbstorganisierung im Alltag ist ein Projekt als Prozeß ... immer weiter raus aus dem Markt, immer mehr rein in die Selbstbestimmung - und zwar ohne Krampf und riesigen Arbeitsaufwand, sondern geschickt und so, dass Menschen hinterher weniger Kraft aufwenden müssen für ihre materielle Reproduktion. Schließlich soll das Leben vor allem Freiraum und Zeit für Spaß und Selbstentfaltung bieten. Und die Welt verändern wollten wir auch noch ...Unvollständige Literaturhinweise zum ideellen Hintergrund der Debatte
- Annette Schlemm / Jörg Bergstedt / Stefan Meretz: Freie Menschen in freien Vereinbarungen, Gruppe Gegenbilder 2000, www.opentheory.org/gegenbilder (dort Buch-Bestellung und -Download über www.aktionsversand.siehe.website).
- Christoph Spehr: Gleicher als andere. Eine Grundlegung der Freien Kooperation
- Christoph Spehr: Die Aliens sind unter uns! Herrschaft und Befreiung im demokratischen Zeitalter. (Siedler-Verlag, 1999, neu verlegt 2015 im SeitenHieb-Verlag)
- Stefan Meretz: Linux und Co. Freie Software - Ideen für eine andere Gesellschaft. Neu-Ulm, 2000.
- Jörg Bergstedt: Reader Herrschaftskritik konkret. Beziehbar über www.herrschaft.siehe.website.
- Gruppe HierarchNIE!: Reader zur Entscheidungsfindung von unten, Dominanzabbau, kreative Gruppenprozesse, Alternativen zu Zentralen & Eliten. Download und bestellbar über www.projektwerkstatt.de/von-unten/
- Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. 1867, Dietz Verlag Berlin.
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