Demorecht

DER GROSSE PROZESS GEGEN PROJEKTWERKSTÄTTLER ... REVISION UND VERFASSUNGSBESCHWERDE

Befangenheitsantrag vor der Revision


1. Befangenheitsantrag vor der Revision
2. Die Revisionsschriften
3. Alles unbegründet ... sagt die Staatsanwaltschaft
4. Gegenvorstellung des Angeklagten PN
5. März 2006: OLG Frankfurt verwirft Revision
6. Der OLG-Beschluss vom 29.3.2006 (Az. 2 Ss 314/05)
7. Pressereaktionen
8. Reaktionen nach Revisions-Abweisung
9. Links zur Revision
10. Verfassungsklage des zu 8 Monaten Haft Verurteilten in drei Teilen
11. Einreichung der Verfassungsklage und erste Zwischenerfolge
12. Verfassungsgericht hebt Urteile auf
13. Presse zum Verfassungsgericht
14. Ausblick auf die Prozess-Wiederholung
15. Links zur Verfassungsklage

Dieser Befangenheitsantrag des Angeklagten PN richtet sich gegen die drei Richter, die den Beschluss des OLG Frankfurts (16. März 2006) verbockt haben, der die Revision zweier Projektwerkstättler gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 3. Mai 2005 verwirft. Gleichzeitig hat PN eine Gegenvorstellung zum Beschluss gemacht.


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  • Reaktion des OLG ...

Ich stelle einen Befangenheitsantrag gegen die Richter Gürtler, Pohl und Enders-Kunze – bezogen auf jede einzelne Person. Gestützt ist dieser auf den Beschluss des 2. Strafsenat am OLG Frankfurt (2 Ss 314/05) vom 16. März, der mir am 31. März zugestellt wurde.

Begründung

Mit Beschluss vom 16. März 2006 hat der 2. Strafsenat des OLG Frankfurts meine Revision gegen das Urteil der 3. Strafkammer am LG Gießen vom 3. Mai 2005 (3 Ns 501 Js 19696/02) sowie die Beschwerde gegen den Beschluss des LG Gießen vom 11. Juli 2005 verworfen.

Aus den Formulierungen des Beschluss’ spricht die Befangenheit der konkreten Richter; besonders aussagekräftig ist in diesem Zusammenhang folgender Satz aus dem Beschluss des 2. Strafsenats:

„Eine abweichende Beurteilung kann sich auch nicht daraus ergeben, daß die Angeklagten in extensiver Wahrnehmung ihrer prozessualer Rechte , insbesondere der Erhebung zahlreicher formeller Rügen, eine vermeintlich schwierige Sach- und Rechtslage zu schaffen versuchen.“

(2 Ss 314/05, 16. März 2006, Seite 5)

Diese Behauptung ist keine rechtliche Bewertung. Sie stellt die Selbstverständlichkeit, sich formal zu verteidigen in Frage und lässt die Angeklagten als Konstrukteure einer komplizierten Rechtslage erscheinen. Die Verwendung von „vermeintlich“ und „extensiver“ drückt eine abwertende Haltung gegenüber dem Unterzeichner und dem anderen Angeklagten aus. Ihre Revision und die damit verbundenen Rügen werden pauschalisiert als bloße Tricks abgetan, um „ eine vermeintlich schwierige Sach- und Rechtslage zu schaffen“. Es bleibt der Verdacht, dass diese Pauschalisierung in Folge offensichtlicher Befangenheit jeder Einzelnen der drei Richter das Ergebnis erzeugte, dass die Gürtler, Pohl und Enders-Kunze die Revision aus allgemeinen Interessen und ohne konkrete Wahrnehmung der Revisionsbegründung einstimmig zurückgewiesen haben. Diese Passage ist deutlichster Beleg für die jeweils individuelle Befangenheit der drei Richter.

Es gibt allerdings noch einen weiteren, deutlichen Beleg für die Befangenheit der Richter:

„Am 11.01.2003 versammelte sich der Angeklagte Bergstedt und etwa 12 weitere Personen – eine Genehmigung nach dem Versammlungsgesetz lag nicht vor- in der Innenstadt von Gießen und störten eine Wahlveranstaltung der CDU (...).“

( 2 Ss 314/05, 16. März 2006, S. 3)

Zum Vergleich an dieser Stelle die Darstellung im Urteil des LG Gießen in der Berufungsverhandlung, die der Revision vorweg ging. Als Anlass für die Versammlung in Nähe des CDU-Standes wird eine Hausdurchsuchung in der Projektwerkstatt angegeben:

„Unter anderem wurden Teile der dort benutzten PC's beschlagnahmt und von der Polizei mitgenommen. Dadurch veranlasst entschlossen sich der Angeklagte Bergstedt und andere zu einer Aktion auf dem Seltersweg in Gießen. Mit einem Spruchband mit der Aufschrift "Freiheit stirbt mit Sicherheit" und einem Megaphon ausgerüstet, traf sich die Gruppe von 10 bis 12 Personen am späten Vormittag des 11. 1. 2003 in der Fußgängerzone der Giessener Innenstadt (...).

(3 Ns 501 Js 1969/02, S. 8)

Weiter führt das Urteil des LG aus:

Wie der Angeklagte wusste, fand etwa 25 bis 30 m von dieser Einmündung entfernt (in Richtung Selterstor) an diesem Tag, einem Samstag, eine genehmigte Wahlveranstaltung der CDU statt (...). Hier sollten Passanten verweilen und sich ? auch durch Gespräche mit Parteimitgliedern ? informieren, und hier wollte der Angeklagte Bergstedt mit seinen Mitstreitern durch eine Aktion auf sich aufmerksam machen, indem durch das erwähnte Transparent und durch Ansagen des Angeklagten Bergstedt mit dem Megaphon rechtswidrige Obergriffe der Polizei und besonders die tags zuvor stattgefundene Durchsuchung der Projektwerkstatt angeprangert werden.“

(3 Ns 501 Js 1969/02, S. 8)

Die Darstellung der Geschehnisse durch das OLG, insbesondere hinsichtlich Ziel und Anlass der Versammlung, sind Veränderungen der Tatsachenfeststellungen des Landgericht Gießens und erfolgen ohne erkennbare Quellen. Sie sind daher tendenziös. Durch die fehlende Benennung der Hausdurchsuchung wird suggeriert, dass es sich um eine spezielle Störaktion gegen die CDU handelte; hier besteht ein weiteres Mal der Verdacht auf Befangenheit jedes einzelnen Richters des 2. Strafsenats am OLG gegenüber den Angeklagten. Sie (die drei Richter) beschreiben die Angeklagten platt – und sogar entgegen dem zitierten Urteil des LG Gießen – als Störer einer CDU-Veranstaltung beschrieben werden. Hier drückt sich eine ablehnende, auf keinen Fall unvoreingenommene Haltung gegenüber den Angeklagten aus.

Da der Beschluss des 2. Strafsenat mit § 349 Abs. 2 StPO begründet wurde ist klar, dass alle drei Richter einstimmig dafür waren, meine Revision als „offensichtlich unbegründet“ zu verwerfen. Daher muss davon ausgegangen werden, dass Gürtler, Pohl und Enders-Kunze als einzelne Richter hinter den von mir angeführten Formulierungen stehen, aus denen die Befangenheit ableitbar ist.

Nicht der Nachweis der Befangenheit ist für die Ablehnung eines oder mehrerer Richter von Belang, sondern der Nachweis einer Gefahr der Befangenheit, nach der Formulierung der StPO reicht bereits das „Misstrauen gegen die Unparteilichkeit“ (§ 24, 2). Im konkreten Fall sind die von mir zitierten Formulierungen mehr als ein Grund zum Misstrauen, sondern deutliche Belege, dass die drei Richter nicht unparteiisch agiert haben.

Mit freundlichen Grüssen

PN
Saasen, 6. April 2006

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