Schwarzstrafen

DIE LINKE.HIERARCHIE: MACHT. AUSGRENZUNG. BERLIN ALS FALLBEISPIEL

Interne Disziplinierung


1. Interne Disziplinierung
2. Chronologie des Machtkampfs: Die Parteifusion von oben ...
3. Showdown im Frühjahr 2006
4. Inhalte?
5. Kein Stück besser: WASG Berlin und Nachfolgeprojekte

Im Sommer 2004 versuchte der gerade gewählte Vorbereitungs-Bundesvorstand den schon recht starken Landesverband in Berlin zu zügeln und setzte ihm einen Landeskoordinator aus Gewerkschaftskreisen (Chef der konservativ-rassistischen BAU-Gewerkschaft) vor die Nase. Zitate dazu:

Thomas Händel, Vorstandsmitglied (zitiert nach Junge Welt, 31.7.2004 (S. 5)
Wir verfolgen derzeit bundespolitische Ziele, Regional- und Länderpolitik ist nicht Gegenstand unserer programmatischen Arbeit.

Ähnlich Klaus Ernst, Vorstandssprecher, im Interview von Freitag, 13.8.2004 (S. 34)
Jede Beteiligung an Landtagswahlen muss unter dem Gesichtspunkt der bundesweiten Auswirkungen auf unser Projekt beurteilt werden.
Frage: Beim Aufbau eines Berliner Landesverbandes fühlt sich die bisherige Initiativgruppe übergangen, weil der Bundesvorstand unabgesprochen einen Landeskoordinator eingesetz hat.
Das machen wir in allen Bundesländern so, und in der Satzung haben wir das vorgesehen, um möglichst schnell funktionierende Strukturen aufzubauen. ... Die bisherige Initiativgruppe aber betreibt mehrheitlich neben dem Aufbau der Wahlalternative auch ein Volksbegehren zum Sturz des Berliner Senats. Diese beiden Geschichten müssen sauber getrennt bleiben, alles andere wäre schädlich für uns. ...

Jürgen Elsässer, "Da ist Musik drin" in: Junge Welt, 4.8.2004 (S. 6)
Obwohl sich dort eine durch eine Regionalversammlung mit über 200 Teilnehmern legitimierte Vorbereitungsgruppe etabliert hatte, beschloß der Bundesvorstand am letzten Juli-Wochenende die Einsetzung des Berliner IG-BAU-Vorsitzenden Lothar Nätebusch als Landeskoordinator. Mit der Inthronisierung eines Aufbauhelfers, der bisher in der Wahlalternative vor Ort nicht aktiv war, folgte der Bundesvorstand "den autoritären Anteilen der deutschen Gewerkschaftstradition", kritisierte die berliner Regionalgruppe letzte Woche. Inhaltlich gehe es bei diesem undemokratischen Vorgehen um die Ausschaltung der "Kritiker der rot-roten Landesregierung" - die Berlinder WASG-Aktivisten gehören zu den stärksten Unterstützern eines Volksbegehrens, das den SPD-PDS-Senat stürzen soll. Das gefalle der auf Bundesebene in der WASG tonangebenden Gruppe um Geschäftsführer Klaus Ernst nicht, wird in Berlin gemutmaßt, weil dieser eine Listenverbindung mit der PDS bei den Bundestagswahlen 2006 zumindest nicht ausschließe. Deswegen wolle er auch keinen plebiszitären Frontalangriff auf die demokratischen Sozialisten in der Hauptstadt. Um das zu verhindern, wurde gar schon der "Versuch, durch gezielte Auswahl und Ablehnung von Beitrittsanträgen gewünschte Mehrheiten herzustellen" diskutiert ... Sie sozialistische Alternative "SAV" verbindet Unterstützung und gepfefferte Kampfansage: "Viele der InitiatorInnen sind GewerkschaftsfunktionärInnen. Die Spitzen-(Gehalts-)Funktionäre der Gewerkschaften haben es sich in diesem System bequem eingerichtet. Sie halten ihren Freunden bei SPD und Grünen den Rücken frei."

Interview mit Renate Herranen von der Wahlalternative ASG in Berlin, in: Junge Welt, 3.8.2004 (S. 2)
Kämpfen in der Wahlalternative bereits die verschiedenen linken Sekten und alten Seilschaften um Einfluß?
Die Auseinandersetzungen sind undurchsichtig. Keine klärenden Gespräche, keine Offenheit. Dabei ist es doch in Ordnung, wenn es kracht.

Aus einem Brief an die Mitglieder in Berlin. Darin versuchte der Bundesvorstand, seine Position und den von oben eingesetzten Nätebusch zu bewerben. Die Sprache verrät deutlich autoritäre Züge, die Mitglieder sollen diszipliniert werden - u.a. über den Aufruf zur Solidarität (mit der Elite - ein bemerkenswertes Verständnis von Solidarität!); Quelle: www.wahlalternative.de
Bis zur Wahl von Landesvorständen wurden in allen Bundesländern – analog unserer Satzung – LandeskoordinatorInnen eingesetzt, deren vordringliche Aufgabe es ist, den organisatorischen Aufbau zu unterstützen und Landesmitgliederversammlungen vorzubereiten. Für Berlin haben wir Lothar Nätebusch gebeten, die Koordination zu übernehmen. Dass ein solchen Aufbauprozess – nicht nur in Berlin – nicht reibungslos und ohne organisatorische Mankos verlaufen würde, war allen Beteiligten klar. Daran arbeiten wir!
Deshalb bitten wir alle Mitglieder und politisch Aktiven der WASG in Berlin konstruktiv mit Lothar Nätebusch zusammen zu arbeiten und mit ihm alsbald demokratische Wahlen zu organisieren. Lothar wird in seiner Tätigkeit eng mit Helge Meves abgestimmt zusammenarbeiten, der ihn seitens des Bundesvorstandes unterstützen wird. Beide werden sich intensiv bemühen in Berlin gemeinsame Strukturen aufzubauen. Kritik sollte dabei künftig stets in solidarischer und konstruktiver Form erfolgen. ...
Gegenwärtig wird der Aufbau des Landesverbandes durch das Festhalten an Gegenstrukturen behindert, die an unserer Vereinsatzung vorbeigehen. Dies kann und wird vom Bundesvorstand nicht akzeptiert. Wir erwarten von den Mitgliedern des sog. Koordinierungsrates ein klares Bekenntnis zu ihrer Position, die Wahl der bezirklichen Delegierten zu akzeptieren und zu unterstützen. Der Vorstand erwartet von allen Beteiligten, Vernunft, Unterstützung und die nötige Solidarität. Wir bitten ausdrücklich darum, künftig öffentliche Äußerungen, die einen Erfolg unseres gemeinsamen Projektes gefährden, zu unterlassen.
Alles was wir derzeit tun ist auf den Herbst dieses Jahres konzentriert:
Nach der Bundesdelegiertenkonferenz am 27.11. dieses Jahres wollen wir in einer Mitglieder-Urabstimmung entscheiden ob wir eine Partei werden. Bis dahin sind alle Strukturen – besonders die aktuellen – vorläufig. Unsere Kraft muss darauf konzentriert werden möglichst viele MitstreiterInnen zu gewinnen; sie in organisatorischem „Tauziehen“ zu verschwenden, hilft nur unseren politischen Gegnern.

Hinweis: In den Leitlinien zur Wahl der Landes- und Regionalvorstände gibt es keinerlei Quotierungen. Entscheidenden Einfluß sichert sich in der Anfangsphase überall der Bundesvorstand.

Interne Demokratie ist ... wenn alle nach der Pfeife der Oberen tanzen ...
Reaktionen der traditionell hierarchistischen alten Gewerkschaftsmänner im WASG-Bundesvorstand auf ein abweichendes Votum des Berliner WASG-Landesverbandes gegenüber den Bundesvorstands-Positionen

Aus der FR, 29.11.2005 (S. 4)
"Wir werden keine Sabotageakte dulden", sagte Vorstandsmitglied Thomas Händel der FR. ... "Viele von uns wissen offen nicht, welche Konsequenzen ein eigenständiger Wahlantritt hätte", sagte Händel. ... In der Linkspartei rechnet man damit, dass der WASG-Bundesvorstand die abtrünnigen Berliner Mitglieder zur Not aus der Partei ausschließt. Um dieses "satzungsrechtlich schärfste Schwert", so Händel, nicht zücken zu müssen, will die WASG am kommenden Wochenende auf ihrem Länderrat um Mäßigung bitten. ... Unterstützt werden die Aufständischen nach FR-Informationen vom "Leverkusener Kreis", der bereits gegen einen gemeinsamen Antritt zur Bundestagswahl Front gemacht hatte. Die Initiatoren, gegen die zum teil Parteiausschlussverfahren laufen, haben inzwischen die "Interessengemeinschaft Frieden und Soziale Gerechtigkeit" (FSG) gegründet. Aus ihr soll eine neue Partei entstehen. Die endgültige Spaltung der auf bundesweit 11 500 Mitlgieder angewachsenen WASG wäre damit beschlossene Sache.


Junge Welt, 7.12.2005 (S. 2)

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