Alltagsalternativen

DAS BÖSE VOLK, DIE BESSEREN REGIERENDEN?

Was ParlamentarierInnen alles besser können ...


1. Ohne Regierung sind die Menschen schlecht
2. Was ParlamentarierInnen alles besser können ...
3. Die Mehrheit definiert, was gut ist
4. Links

Immer wieder gibt es die Behauptung, dass die Menschen nicht direkt entscheiden sollen, weil sie sich ja nicht in allen Themen auskennen. Das mag richtig sein - aber warum daraus folgen soll, das ein Parlament mit immer denselben Menschen über alles entscheidet, bleibt offen. Das Argument, dass kein Mensch über alles entscheiden kann, ist eigentlich ein Argument gegen Parlamente. Aber die Demokratie-Fetischisten haben sich das Argument erobert und für sich verdreht ...

Aus Besson, W./Jasper, G. (1966), "Das Leitbild der modernen Demokratie", Paul List Verlag München (herausgegeben von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, S. 23 ff)
Der wachsende Umfang und die Kompfiziertheit der Staatsaufgaben in unserer Zeit lassen eine direkte Demokratie nicht mehr zu. Die Bürger können beispielsweise nicht sachkundig darüber entscheiden, ob Düsenjäger vom Typ A oder vom Typ B angeschafft oder diese oder jene konkrete wirtschafts und finanzpolitische Maßnahme in dieser oder jener Situation ergriffen werden soll. Fragen dieser Art machen jedoch den Alltag der modernen Politik aus. Sie können nur auf Grund genauer Sachkenntnis und umfassender Informationen entschieden werden. ...
Wenn so aus äußeren und inneren Gründen die Regierung des Volkes durch das Volk in unserer Zeit eine Unmöglichkeit ist, darin bleibt‚ als Konkretisierung der Volkssouveränität vor allem die Wahl von Vertretungskörperschaffen oder Repräsentanten, die dann die Regierung nach dem Willen des Volkes und mit seiner Zustimmung verantwortlich führen. Die Entscheidung der detaillierten Sachfragen wird gewählten Vertretern Überlassen; der Wähler hat nur zwischen den ihm präsentierten Kandidaten zu entscheiden und diejenigen auszuwählen, von denen er glaubt, daß sie die Politik richtig, d. h. im Sinne seiner Überzeugungen und Interessen, führen werden.


Aus Wikipedia zu "Demokratie"
Da in der Praxis jedoch das Staatsvolk nicht über jedes Detail des politischen Tagesgeschäftes entscheiden kann, haben sich alle bestehenden Demokratien dergestalt organisiert, dass – meist auf mehreren Ebenen wie Gemeinde, Land, Staat etc. gestaffelt – Teile der Souveränität in Einzelentscheidungen an gewählte Volksvertreter abgegeben werden.

Unlogisch: Warum die Menschen entmachten - und durch wen dann?
Es gibt in der demokratischen Begründungslogik einen immer wiederkehrenden Punkt: Die Menschen seien schlecht, zum Teil wird das auch noch mit "egoistisch" gleichgesetzt. Darum müssten sie kontrolliert werden, um den sozialen Frieden (neuerdings auch oft gleichgesetzt mit "Rechtsfrieden") zu wahren. Der Unsinn an diesem Gedanken: Wenn die Menschen dazu neigen (vermeintlich aus Egoismus), sich asozial und hochkonkurrent zu verhalten, wieso soll dann ebensolche Menschen als KontrolleurInnen agieren - wo sie doch an den Machtpositionen viel besser diesem vermeintlichen Egoismus freien Lauf lassen können?

Aus Kühnl, Reinhard (1971): "Formen bürgerlicher Herrschaft", Rowohlt Taschenbuchverlag in Reinbek (S. 38)
Nur eine Elite verfüge über das erfolderliche Maß an Vernunft und Einsicht, um zu erkennen, was das allgemeine Wohl erfordere. Daß es sich hier um eine logisch ziemlich brüchige Defensivideologie handelt, liegt auf der Hand: Wenn man unterstellt, daß das Volk zu dumm ist, um richtige Sachentscheidungen zu treffen, so besteht auch kein Grund zu der Annahme, daß es klug genug ist, die richtigen Personalentscheidungen zu treffen.
Anmerkung: Es entscheidet ja auch tatsächlich nicht über das Personal, sondern nur über die Elitegruppe (Partei), die das Personal dann ins Parlament schicken darf.

Aus Fritz Scharpf, Regieren in Europa, zitiert in: Massing, Peter/Breit, Gotthard (2002): „Demokratie-Theorien“, Wochenschau Verlag Schwalbach, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (S. 273)
Wenn es keinen Grund gibt, auf die Solidarität zwischen den Mitgliedern des Gemeinwesens zu vertrauen, dann gibt es auch keinen Grund, die direkte Demokratie den Formen repräsentativer Demokratie vorzuziehen. Aber wenn schon auf die Solidarität zwischen den Mitgliedern des Gemeinwesens kein Verlaß ist, dann gibt es erst recht keinen Grund anzunehmen, daß die mit kollektiv verbindlichen Entscheidungen beauftragten Akteure ausschließlich und effektiv das öffentliche Interesse verfolgen.

Die Hoffnung in die guten Herrscher
Bei den antiken Philosophen ist diese Hoffnung ins Absurde getrieben: Sie unterscheiden gute und schlechte Herrschaftsformen ausschließlich danach, ob die jeweils Herrschenden gut oder schlecht sind. Platon, Aristoteles und andere entscheiden danach in die einfachen Kategorien von Gut und Schlecht nach der Gesinnung der Führenden. Platon plädiert folgerichtig dafür, dass ein Philosoph König sein sollte (oder umgekehrt jeder König auch Philosoph werden müsse), dann würde alles gut. Die Herrschaftsfrage, d.h. die strukturellen und sonstigen Rahmenbedingungen von Unterdrückung, Ausbeutung usw. sind dort überhaupt noch nicht erkannt worden.

Verfassung gut, wenn auf Gemeinwohl ausgerichtet
Aus Aristoteles, Politik III, 1279a 17 ff., zitiert in Gebhardt, Jürgen/Münkler, Herfried (1993), "Bürgerschaft und Herrschaft", Nomos in Baden-Baden (S. 32)
Soweit also die Verfassungen das Gemeinwohl berücksichtigen, sind sie im Hinblick auf das schlechthin Gerechte richtig; diejenigen aber, die nur das Wohl der Regierenden im Auge haben, sind allesamt verfehlt und weichen von den richtigen Verfassungen ab. Denn dann sind sie despotisch; die Polis aber ist eine Gemeinschaft von Freien.

Das zusammenfassend in einem Aus Aus Kamp, Andreas, "Zur Begrifflichkeit von "Macht/Herrschaft/Regierung" zwischen Thukydides und Machiavelli", in: Gebhardt, Jürgen/Münkler, Herfried (1993), "Bürgerschaft und Herrschaft", Nomos in Baden-Baden (S. 44)
Der substantielle Fehler der schlechten Bürgerschaften besteht zum einen darin, daß Demokratien, Oligarchen undTyrannen bloß ihren eigenen Nutzen und nicht das Wohl aller Bürger verfolgen, also die Natur der Polis als "Gemeinschaft" ruinieren. Zum anderen herrschen die schlechten, sich nicht durch "Tugend" auszeichnenden Männer über die tugendhaften Bürger ...

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