Religionskritik

REVISIONSSCHRIFT DES ANGEKLAGTEN P.N.

Sachliche Fehler zum Anklagepunkt 9 (Hausfriedensbruch am 27 März 2003)


1. Revisionsschrift des Angeklagten P.N.
2. Verletzung des § 275 und § 338 Abs. 7 (Verfahrensrüge)
3. Verletzung des § 260. Abs. 1 (Verfahrensrüge)
4. Verletzung des § 147, Abs. 7 StPO (Verfahrensrüge)
5. Gewalttätiges Auftreten an der Eingangskontrolle
6. Entfernung von Personen mit abweichender Kleidung
7. Verletzung des § 261 II StPO (Verfahrensrüge)
8. Verletzung des § 261 im Urteil zu den Anklagepunkten 1-8 (Verfahrensrüge)
9. Verletzung StPO § 24, Abs. 2 und Verletzung des Gesetzes nach StPO § 338, Satz (Verfahrensrüge)
10. Ablehnung der Beiordnungsanträge (Verfahrensrüge)
11. Bruch von Vereinbarungen bei Terminplanung u.a. (Verfahrenrüge)
12. Sachrüge
13. Sachliche Fehler zum Anklagepunkt 9 (Hausfriedensbruch am 27 März 2003)
14. Links 

Übersicht:
a. Die Strafanzeige ist nicht rechtswirksam zustandegekommen. Dieses von den Angeklagten eingebrachten Verfahrenshemmnis ist weder im Prozess noch im Urteil gewürdigt worden. Es wurden unvollständig behandelt oder gar nicht erwähnt.
b. Die von den Angeklagten eingebrachten besonderen Umstände sind im Urteil nicht gewürdigt worden. Sie wurden schlicht nicht erwähnt.
c. Es gab offensichtliche Falschaussagen zum Zwecke der Belastung des Angeklagten. Das hätte dem Gericht auffallen und in die Urteilsfindung einfließen müssen.
d. Die Angaben der Angeklagten zu den Abläufen sind überhaupt nicht berücksichtigt worden.

zu a.)
Die Angeklagten stellten einen Antrag hinsichtlich eines Verfahrenshindernissen wegen zweier formaler Fehler beim Stellen der Strafanzeige. Beide seien allein ausreichend, um die Wirksamkeit der Anzeige zu hemmen . Der Antrag, der auch als Anlage zum Sitzungsprotokoll gegeben wurde (Band V, Blatt 221) lautete: "Verfahrenshindernis zum Anklagepunkt Nr. 9 (Hausfriedensbruch, Stadtverordnetenversammlung 27.3.03)
Die Anklage zu diesem Punkt ist mit einem unabwendbaren Verfahrenshindernis bemakelt.
Die Strafanzeige gegen die Angeklagten ist durch das Rechtsamt der Stadt Gießen im Auftrag von Herrn Gail erfolgt. Es bestanden und bestehen auf hiesiger Seite bereits erhebliche Bedenken, ob es zulässig ist, dass nicht Herr Gail selbst, sondern die dem Oberbürgermeister unterstehende Behörde die Anzeige stellen könne. Diese Zweifel sind bestärkt worden durch die Aussage von Herrn Gail in diesem Prozess, dass nicht er, sondern das Rechtsamt selbständig entschieden habe, ob eine Anzeige gestellt wird oder nicht. Schwerwiegender aber ist der Makel, dass Herr Gail über das Stellen einer Anzeige die Stadtverordnetenversammlung oder Gremien derselben nicht unterrichtet hat. Nach Hessischer Gemeindeordnung ist dieses nämlich zwingend vorgeschrieben. Dort heißt es im Paragraph 58, Abs. 7: "Der Vorsitzende vertritt die Gemeindevertretung in den von ihr betriebenen oder gegen sie gerichteten Verfahren, wenn die Gemeindevertretung nicht aus ihrer Mitte einen oder mehrere Beauftragte bestellt." Diese Formulierung klärt, dass eine Vertretung in solchen Fällen durch den Vorsteher nur möglich ist, wenn die Versammlung die Gelegenheit hat, auch einen anderen Vertreter für das jeweilige Verfahren zu benennen. Dieses ist jedoch nur möglich, wenn sie von einem solchen Verfahren überhaupt informiert wird. Das ist nach den übereinstimmenden Aussagen der dazu befragen Zeugen nicht geschehen. Daher hat der Stadtverordnete unbefugt gehandelt, seine Anzeige ist daher nicht rechtswirksam zustandegekommen. Damit ist die Anklage in diesem Punkt hinfällig, da eine Anzeige zwingend erforderlich ist. Hilfsweise wird darauf hingewiesen, dass sie auch diesem Grund mit einem unabwendbaren Verfahrenshindernis nach § 260, Absatz 3 der StPO bemakelt ist."

Zum ersten Punkt geht (Richtigkeit der gestellten Strafanzeige trotz fehlender Unterschrift und Autorenschaft des Anzeigestellers) das Urteil insoweit ein, dass es annehme, das Rechtsamt hätte im Auftrag des Anzeigestellers gehandelt. Damit geht es nicht auf die formulierten Bedenken ein, ob das überhaupt zulässig ist. Zudem geht es nicht darauf ein, dass der vermeintliche Anzeigesteller (Zeuge Gail) selbst in der Verhandlung ausgesagt hatte, dass er mit dem Stellen der Anzeige nicht zu tun habe. Dieses stand in einem vom Gericht und im Urteil unbeachteten Widerspruch zu den Aussagen und Belegen des Rechtsamtes stand.
Auf den zweiten Punkt des Antrages, dass das Vorgehen der Hessischen Gemeindeordnung widerspricht, ging das Gericht in seinem Urteil gar nicht ein.

Formale Rüge: Die Strafanzeige muss von Anzeigesteller selbst stammen. Dieses ist vorliegend nicht der Fall. Der Anzeigesteller hat selbst bestritten, an der konkreten Anzeigeerstellung beteiligt gewesen zu sein.
Rüge nach materiellem Recht: Die Strafanzeige des Stadtverordnetenvorstehers Gail ist wegen Verstoss gegen die Hessische Gemeindeordnung § 58, Abs. 7 nicht wirksam zustandegekommen.

Antrag auf Sachentscheidung: Es liegt keine rechtswirksame Anzeige vor. Aufgrund der abgelaufenen Frist ist dieses nicht mehr heilbar. Daher beantrage ich, das Urteil aufzuheben und den Angeklagten freizusprechen.

Vorsorglich beantrage ich auch zu diesem Punkt, das Urteil aufzuheben und die Sache an eine andere Kammer zurückzuverweisen. Das Gericht hat im vorliegenden Urteil die Rechtmäßigkeit der Strafanzeige im Hinblick auf die Hessische Gemeindeordnung gar nicht geprüft.

zu b.)
Der Angeklagte Bergstedt benannte in seinem Plädoyer, dem sich der Angeklagte Neuhaus anschloss, einige besondere Umstände, die die Strafbarkeit ausschließen oder die Strafhöhe mindern.

Zum ersten benannte der Angeklagte Bergstedt in seinem Plädoyer Zweifel an der Strafbarkeit, weil die im Verfahren festgestellten Vorgänge den Straftatbestand nicht erfüllen. Nach dem Wortlauf des § 123 StGB liegt ein Hausfriedensbruch nur vor, wenn jemand, der bereits ohne Befugnis in einem Raum verweil, sich trotz Aufforderung nicht entfernt. Im § 123 StGB steht:
"(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt."
Dieses "Ohne Befugnis" war nie gegeben. Der Aufenthalt ist erlaubt, solange die Versammlung nicht gestört wird. Die Öffentlichkeit einer Stadtverordnetensitzung ist nicht Gegenstand der persönlicher Interessen, sondern vom Gesetz her so bestimmt - ähnlich wie die Öffentlichkeit einer Gerichtsverhandlung. Wie selbst im Urteil festgestellt wird, haben die Angeklagten die Versammlung nicht selbst gestört. Die Aussagen des Stadtverordnetenvorstehers diesbezüglich (Zwischenrufe, Flugblätter werfen) sind in der Verhandlung als frei erfunden widerlegt worden. Auch das Entrollen eines Transparentes könne den Angeklagten nicht selbst angelastet werden (Urteil Seite 10/11).
Auch in der Verhandlung selbst wurde deutlich, dass konkrete Gründe für die Aufforderung zum Verlassen des Saales zumindest in Bezug auf die Angeklagten fehlten. Mehrere Zeugenaussagen machten deutlich, dass ganz andere, mit dem konkreten Verhalten der Angeklagten an dem Tag nicht zusammenhängende Gründe die Strafanzeige veranlassten - und diese nachträglich aus diesen Gründen gefertigt wurde. Stadtverordnetenvorsteher Gail sagte hier im Verfahren selbst: "Es gab turbulentere Sitzungen als diese". Aber er ärgerte sich über die Anwesenheit der konkreten Personen auf der Tribüne und wollte die raushaben, da kam der Repressionsapparat in Wallung. Insofern ist die Strafanzeige für mich eine Gesinnungstat und keine Hausrechtsausübung. Zeuge Janitzki hat das auch glaubhaft mitgeteilt: Die Stadtoberen gaben sogar zu, diese Strafanzeige nicht wegen irgendeiner Schwere der Tat gestellt zu haben, sondern weil sie genau diese unerwünschten Personen schädigen wollten. Unerwünscht - weil politisch nicht gewollt. Auch der Chef des städtischen Rechtsamt Metz sagte das aus, als er berichtete, dass die Idee einer Anzeige in einem Gespräch zwischen ihm und Herrn Gail aufkam, als insgesamt über Störungen der vergangenen Monate nachgedacht wurde und offenbar ein Exempel statuiert werden sollte. Diese Version widerspricht zwar den Aussagen von Herrn Gail, der meinte, die Strafanzeige, die zu diesem Prozess führte, sei ohne Zusammenhang mit anderen Punkten aus dem Grund, weil sich die Angeklagten nicht gefügt hätten entstanden. Außerdem widerspricht sie Herrn Gail, der wiederum sagte, selbst gar keinen Einfluss auf die Frage, ob Strafanzeige gestellt wird. Und sie widerspricht den Ausführungen von Herrn Janitzki, der gehört hatte, es gehe vor allem gegen die Personen der hier Angeklagten. Aber jenseits dieser Masse als Widersprüchen und Falschaussagen bleibt erkennbar: Es ging nicht um die Vorgänge als solches, sondern um die politischen Interessen - wenn auch diese von Person zu Person unterschiedlich waren.
- Herr Metz berichtete, dass es darum ging, überhaupt die Überhand nehmenden Störungen zu unterbinden. Demzufolge wäre es eher Zufall, dass es die Angeklagten traf und dass es den Vorgang traf, der von den verschiedenen Störungen im Winterhalbjahr 2002/2003 der geringste war.
- Der Zeuge Janitzki beschrieb, dass Herr Gail und auch sein Vorgänger Schirmer von der SPD die konkreten Angeklagten als Grund für ihre Anzeige benannten. Die speziellen Personen sollten getroffen werden, unabhängig vom Vorgang.

Als weiteren Punkt hinsichtlich formaler Bedenken gegen eine Verurteilung bzw. Strafbarkeit führte der Angeklagte fehlendes öffentliches Interesse an. Dieses ist nötig nach § 376: "Die öffentliche Klage wird ... nur dann erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt". Staatsanwalt Vaupel hatte die Messlatte für öffentliches Interesse in einem anderen Verfahren selbst sehr hoch gehängt. In seiner Ablehnung eines Verfahrens gegen die auch als Zeugin auftretende Angela Gülle, die unstrittig dem Angeklagten einen Schlag ins Gesicht verpasst und dabei seine Brille beschädigt hatte, hatte er trotz intensiver medialer Vermittlung des Vorganges in einer öffentlichen Auseinandersetzung ein öffentliches Interesse ablehnt. Das Sitzenbleiben in einer Sitzung ohne weitere Störung aber bewertete derselbe Staatsanwalt als öffentlich interessant.

Hinzu fügte der Angeklagte den Hinweis, dass er das Bemühen um eine Versöhnung und außergerichtliche Klärung unterstützt hatte. Der Zeuge Janitzki berichtete, dass er bemüht war, eine direkte Einigung zu erreichen. Er nannte das in seiner Zeugenaussage "Versöhnung". Dieses ist auch vom Strafrecht so vorgesehen, dass bei niedrigschwelligen Vorgängen ein solcher Verfahren zu bevorzugen ist. Mit seinem unbedingten Willen der Anklageerhebung hat Staatsanwalt Vaupel möglicherweise dazu beigetragen, dass sich Herr Gail in diesem Punkt stur stellte. Wie Zeuge Janitzki glaubwürdig aussagte, war nicht die Klärung, sondern die Anklage und Verurteilung das Ziel von Herrn Gail und anderen Stadtverordneten, d.h. diese scheiterte an ihnen, nicht am Angeklagten.

Der Angeklagte brachte in die Verhandlung weitere Punkte hinsichtlich Strafbarkeit und Strafmaß ein: Bedeutend für eine Bestrafung seien die Paragraphen des Strafgesetzbuches, die eine Bestrafung an die Bedingung des Vorsatzes hängen oder den Irrtum über die Tatumstände beschreiben.

Zitat aus dem Plädoyer:
"Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht" heißt der § 15 des Strafgesetzbuches. An dieser Stelle hört mein juristischer Verstand auf, ich kenne keine bisherigen Urteile zu diesem Punkt, ich bin kein Rechtsanwalt, das Gericht hat mir einen entsprechenden Rechtsbeistand verweigert. Wenn ich vom gesunden Menschenverstand her diesen Paragraphen zu verstehen versuche, ist Hausfriedensbruch nur strafbar, wenn ein Täter weiß, dass er einen solchen begeht. Genau das liegt hier nicht vor, weil sich die Angeklagten sowohl auf die gesetzlich ja garantierte Öffentlichkeit von solchen Versammlungen sowie auf die Ansage des KHK Urban zu Beginn der Sitzung verlassen konnten - solange sie selbst nicht störten, mussten sie auch einen Rauswurf selbst nicht fürchten."

Im Plädoyer führte der Angeklagte Bergstedt weiter aus, das auch der § 16 Bedeutung habe:
"Wer bei der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich". Im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs fällt auf, dass die Unklarheit darüber, dass ja die Garantie der Öffentlichkeit einer Stadtverordnetensitzung und die Ansage der Bedingungen, wann dieses - bezogen auf die Angeklagten - erst in Frage gestellt würde (nämlich bei einer direkten Störung durch die Angeklagten selbst), dazu gehört. Denn wenn überhaupt ein Hausfriedensbruch vorliegt (was angesichts der Lage weiter bestritten wird), dann gibt es wegen der konkreten Situation an dem Abend trotzdem gute Gründe dafür, dass die Angeklagten annahmen, keinen zu begehen. Auch der § 17 über Verbotsirrtum könne folglich in Frage kommen: "Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte".

Weiteres Zitat aus dem Plädoyer:
"Für die Strafzumessung wäre, sollte doch und gegen die hier vorgebrachten Bedenken, eine Verurteilung erfolgen, der § 46 von Bedeutung. Dort werden hinsichtlich der Strafhöhe Aspekte genannt, die beachtet werden müssen, u.a.
- die Beweggründe und die Ziele des Täters
- das Maß der Pflichtwidrigkeit
- das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
Der letztere Punkt wird im § 46a noch verdeutlicht. Dort steht, dass das Gericht für den Fall, dass ein Täter einen sog. Täter-Opfer-Ausgleich "ernsthaft erstrebt", so kann das Gericht die Strafe mildern oder sogar von der Strafe absehen. Der Zeuge Janitzki berichtete glaubhaft, dass er eine Versöhnung oder zumindest Klärung organisierten wollte - und das Herr Gail das ablehnte, während die Angeklagten dazu bereit gewesen wären, wie sie ja auch bei dem Klärungsgespräch mit der Polizeiführung teilnahmen, allerdings in der Polizeiführung heftig umstritten war, ob Gespräche geführt werden sollten.
Der Angeklagte führte im Plädoyer aus, dass er aufgrund der genannten Einwände der Meinung sei, dass eine Bestrafung nicht möglich ist."

Das Gericht auf all die genannten Punkte weder in der Verhandlung noch im Urteil eingegangen. Das widerspricht sehr eindeutig dem § 267 StPO, Abs. 2 wo steht: "Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden."

Die Beweggründe des Täters sind im Urteil ebenfalls nicht benannt oder bewertet. Die verurteilte Aktion im Stadtparlament setzte sich mit einer erfundenen Bombendrohung durch den Gießener Bürgermeister auseinander. Diese eindeutige Straftat, die nur aufgrund der obrigkeitsschützenden Blockadehaltung der Gießener Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft nicht angeklagt werden konnte, ist aufgrund intensiver Recherchen einzelner Personen aufgedeckt worden. Diese Personen waren während der Recherche und aufgrund der Rechercheergebnisse erheblichen Angriffen ausgesetzt - ein Ablauf, der sich im Vorfeld der Berufungsverhandlung im Zusammenhang mit den öffentlichen Lügen und Falschaussagen vor Gericht seitens des Zeugen Gail wiederholten. Das ist sicherlich nicht überraschend, denn die Enthüllung von Skandalen im politischen Raum schädigt am meisten die, die diese Enthüllung erreichen. Um die erfundene Bombendrohung ging es im Stadtparlament. Die Menschen, die recherchierten, aufdeckten und protestierten sind am Ende vor Gericht gelandet. Ihre Motive wurden nicht beachtet. Das Urteil richtet sich somit auch offensiv gegen Zivilcourage und billigt denen, die selbst als Amtsträger Lügen und Straftaten begehen, zu, ihre Kritiker repressiv von Kritik abzuhalten.

zu c.)
In den Zeugenaussagen vor Gericht sowie in den Akten befindet sich eine große Zahl von offensichtlich falschen Angaben, die ebenso offensichtlich den Versuch darstellen, die Angeklagten zu kriminalisieren. Im konkreten Anklagepunkt sind u.a. zu nennen:
- Zeuge Gail berichtete, die Angeklagten hätten am 27.3.2003 auch mit Rufen gestört und Flugblätter in den Saal geworfen. Das wurde durch ZeugInnenaussagen und das Tonbandprotokoll eindeutig widerlegt. Es zudem sogar in einem Beschluss des Gerichts festgestellt, dass der Zeuge Gail in diesem Punkt die Unwahrheit sagte (Bl. 237, Band V): "Der Beschluss der Kammer vom 25.4.2005, durch den die Beweiserhebung zu der Frage, ob Flugblätter in der Stadtverordnetensitzung vom 27.3.2003 in den Sitzungssaal geworfen wurden (vgl. Anl. 1 zum Protokoll 25.4.2005) wird geändert. Die Beweiserhebung wird deswegen abgelehnt wird (Grammatikfehler im Original), weil die zu beweisende Tatsache bereits erwiesen ist, § 244, Abs. 3, Satz 2, 3. Alternative StPO." Hingewiesen sei darauf, dass Zeuge Gail damit einer weiteren Falschaussage vor Gericht überführt ist. Er hatte behauptet, es seien Flugblätter geworfen worden. Gegen Gail ist bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussagen in der ersten Instanz des Prozesses zum gleichen Anklagepunkt anhängig.
- Die anwesende Staatsschutzbeamtin Mutz, die als Zeugin vernommen wurde, machte im Prozess offensichtliche Falschangaben zu der Frage, ob ihr Einsatz geplant gewesen wäre. Damit versuchte sie offensichtlich, den Präsidenten des Polizeipräsidiums zu decken, der ausgesagt hatte, dass erst vor Ort entschieden worden sei, Polizeikräfte in den Sitzungssaal zu schicken. Die anwesende Staatsschützerin belegte das Gegenteil. Daher behauptete die Zeugin Mutz, an diesem Abend privat im Saal gewesen zu sein. Die dienstliche Kamera hätte sie "zufällig" dabei gehabt.
All diese und viele weitere Angaben sind belegterweise Erfindungen zum Zwecke der Kriminalisierung der Angeklagten. Das Gericht ist darauf gar nicht eingegangen - und auch nicht auf die These der Angeklagten, dass nicht nur der überwiegende Teil der vorgebrachten Aussagen, sondern alles erfunden ist. Das Gericht hat keinerlei Begründung dafür gefunden, warum es bei den meisten der ausgewählten Hauptbelastungszeugen jeweils ein Detail als besonders glaubwürdig annimmt, während die Aussagen drumherum belegterweise falsch sind.

zu d.)
Das Gericht muss nicht nur die Aussagen der ZeugInnen würdigen, sondern auch die der Angeklagten. Vorsitzende Richterin Brühl hatte am 21.4.2005 während des Verhandlungsverlaufs dieses selbst mit folgenden Worten ausgedrückt: "Alles was plausibel vorgetragen wird von den Angeklagten, muss widerlegt werden". Die Abläufe sind von den Angeklagten präzise dargestellt worden. Von einem Widerlegen ihrer Schilderung zum Ablauf des Geschehens kann an keinem Punkt die Rede sein. Im Urteil werden die Schilderungen der Angeklagten kaum oder gar nicht erwähnt. Sie sind folglich auch nicht widerlegt oder auch nur angemessen gewürdigt worden.
Im Kommentar zur Strafprozeßordnung von L. Meyer-Goßner heißt es zum § 260, Randnr. 2: "Der Richter muss sich mit allen wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umständen auseinandersetzen" sowie Randnr. 6: "... verpflichtet § 261, alle in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu würdigen und dem Urteil zugrunde zu legen, sofern nicht im Einzelfall ausnahmsweise ein Beweisverwertungsverbot entgegensteht (BGH 29, 109, 110; MDR 88, 101 [H]; Einl 55; 12, 33 zu § 267). Auch die Äußerungen des Angeklagten sind zu würdigen". Dieses ist vorliegend nicht geschehen.

Formale Rüge: Die Nichtbeachtung der Äußerungen des Angeklagten im Urteil beeinträchtigen die Beweiswürdigung (Verstoß gegen § 261, Abs. 1 StPO).

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