Im Namen des Volkers

ALTERNATIVEN ZU KNAST UND STRAFE

Sinn und Unsinn von Strafe


1. Sinn und Unsinn von Strafe
2. Alles beenden, was Herrschaft und gewaltförmiges Verhalten fördert
3. Streit und Konflikte offensiv organisieren - Gewalt abbauen statt bestrafen
4. Herrschaftsfreie Gesellschaft
5. Auf dem Weg ...

Ein Text aus dem Buch "Autonomie&Kooperation" (SeitenHieb-Verlag)

Das Kapitel "Alternativen zur Strafe" (PDF) aus dem Buch "Autonomie & Kooperation"

Für eine herrschaftsfreie Utopie muss ebenso wie in der herrschenden Gesellschaft die Frage nach dem Umgang mit gewaltförmigem Verhalten beantwortet werden. Es geht im emanzipatorischen Sinn darum, solches Verhalten zwischen Menschen möglichst weit zu verringern. Zum gewaltförmigen Verhalten gehört auch die Androhung von Gewalt. Für das Ziel der ständigen Verringerung von Gewalt und Bedrohung gibt es eine Vielzahl von Strategien, aber - wie in jeder anderen Gesellschaftsformation auch - kein Patentrezept. Vielmehr geht es um viele Mechanismen, die gewaltförmiges Verhalten abbauen, d.h. immer seltener werden lassen. Jede Verbesserung gegenüber der herrschenden Situation ist dabei Motiv genug, diese Veränderungen auch zu wollen. Ein Paradies der totalen Gewaltfreiheit ist bislang weder beschrieben worden noch angesichts der aus spontanem Streit, Ärger und Frustration entstehenden Neigung zu Gewalt zu erwarten. Dennoch ist ein Szenario beschreibbar, wie zunächst die Herausnahme von autoritären Strukturen die Zahl der Gewalttaten deutlich verringert. Für den verbleibenden Rest bilden direkte und soziale Intervention die Mechanismen des Umgangs. Sie verringern die Gewaltorientierung weiter, so dass am Ende eine Utopie straffreier Gesellschaft sichtbar wird, in der bedeutend weniger Gewalt zwischen Menschen vorkommen wird. Die verbleibenden Einzelfälle sind kein Grund, viel mehr andere Gewalttaten und die sie fördernden Strukturen und Handlungen eines autoritären Staates weiterhin zu dulden. Eine straffreie Gesellschaft ist möglich!

Der Einstieg: Keine Strafen für Nicht-Gewalttaten
Die überwältigende Mehrzahl aller Strafparagraphen des Strafgesetzbuches sanktioniert nicht gewaltförmiges Verhalten zwischen Menschen, sondern andere nicht gewollte Verhaltensweisen. An der Spitze stehen dabei Taten gegen den Staat und die öffentliche Ordnung (27,5 Prozent) sowie solche gegen Eigentum und Marktwirtschaft (20,9 Prozent, siehe Tabelle Seite 124 f.). Wer für solche oder andere Straftaten kriminalisiert wird, kommt in den Strudel von Kontrolle und gewaltfördernden Strukturen, d.h. Strafen für Nicht-Gewalttaten sind der Einstieg in die gewaltförmige Kriminalität - nicht die Straftat selbst, sondern die Bestrafung! Darum sollte die Bestrafung nichtgewaltförmiger Taten grundsätzlich aus Freiheitsentzug und dessen Androhung (Bewährung, Vorstrafe) herausgehalten werden.

Aus Helga Cremer-Schäfer/Heinz Schäfer (1998), "Straflust und Repression" (S. 34)
Wenn ich die Polizei nach einem Einbruch oder einem Diebstahl rufe, will ich dieses Ereignis gewöhnlich nicht in einen Konflikt verwandeln. Ich möchte die Person, die das getan hat, gar nicht sehen, sondern ich möchte schlicht meinen Schaden kompensiert haben. Wir wissen alle, dass meine Chancen dafür gering sind, außer ich habe eine passende Versicherung. Es gibt auch keine zwischenmenschlichen Konflikte, wenn ich eine illegale Drohe kaufe oder eine Abtreibung machen lasse, jedenfalls nicht zwischen mir und der Person, die mir die entsprechenden illegalen Dienste leistet (außer eventuell sekundär, wenn Preis und/oder Leistung nicht stimmen). In solchen Fällen ist es nur der Staat (und manchmal ein Moralunternehmer mit Unterstützung des Staates), der das Problem macht.

Das Ziel: Strafe und Knast beenden
Dieser Punkt geht weiter, ist aber eine logische Konsequenz aus der Wirkung von Strafe und Knast. Wenn beide das gewaltförmige Verhalten von Menschen verstärken, ist ihr ersatzloser Wegfall bereits ein Fortschritt - selbst wenn keine Alternative aufgebaut würde, was aber geschehen sollte. Schwierig wäre allein der Umgang mit den Menschen, die zur Zeit im Knast sitzen und aufgrund ihrer Haft lange isoliert und ohne soziales Umfeld leben. Hier wären gesonderte Unterstützungsprogramme zu starten, um Selbstorganisierungsprozesse und soziale Integration zu erleichtern, d.h. tatsächlich wäre als Weg fort von Knästen eine Reihe von einzelnen Schritten möglich, die schließlich mit der Schließung der Gefängnisse verbunden werden. Dazu gehören die Entkriminalisierung von Nicht-Gewalttaten, der Stopp neuer Inhaftierungen für solche Delikte und schließlich die allmähliche Schließung der Haftanstalten mit begleitenden Übergangsprogrammen für die Inhaftierten.

Zusätzlich: Alternativen zur Strafe finden
Darüber informieren die weiteren Texte dieser Artikelserie ...

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