Gender-Trouble

RECHERCHEMETHODEN: UMGUCKEN, UNDERCOVER, SUCHEN IM WEB ...

Undercover


1. Einfach mal genau(er) hingucken ...
2. Undercover
3. Recherchen im Internet
4. Direkte Kontakte
5. Anfragen
6. Materialien und Links

Wer nicht erkennbar ist, einen offiziellen Auftrag simuliert oder scheinbar zur Seite des Gegenübers gehört, dringt oft in Gespräche, Treffen, Räume oder an Informationsquellen vor, die ohne Tarnung verschlossen wären. Möglich werden dann nicht nur Mithören und Zugucken, sondern auch Nachfragen, Mitschnitte, Fotos oder Filme.

Unter falscher Flagge per Telefon
Firmen, Parteien und viele andere haben Interessen. Wenn sie Chancen wittern, diese zur Geltung zu bringen, werden sie unvorsichtig. Wer also z.B. als Journalist*in einer wichtigen Tageszeitung oder Agentur anruft, um einen für die Firma günstigen Artikel zu verfassen, hat gute Chancen gehört zu werden. Wer als eine andere Firma anruft und suggeriert, einen Auftrag zu vergeben, dürfte ebenfalls nett behandelt werden. Rufen Überwachungsbehörden an, so mag das zwar auf Seiten der Kontrollierten keinen Jubel auslösen, aber antworten werden sie aus Angst vor Scherereien trotzdem. Woher aber soll die angerufene Firma, Partei oder Organisation wissen, dass die Person, die da anruft, auch das ist, was sie vorgibt? Überprüfen oder Nachweis fordern? Das könnte echte Journalist*innen, Behörden oder potentielle Geschäftspartner*innen nerven - also lieber nicht. Jedenfalls: Da geht einiges. Beispiele aus der Vergangenheit:
  • Im Zusammenhang mit dem Bau eines Golfplatz ließen sich ein vermeintlicher Investor aus Luxemburg und eine Golfjournalist*in der FAZ regelmäßig über den Stand der Planungen informieren. Flyer, Presseinfos, aber auch Besetzungen oder Sabotage konnten mit diesem Wissen dann operieren.
  • Vor Besetzungen von Genversuchsfeldern riefen Journalist*innen bei entsprechenden Firmen an mit der Behauptung, eine Reportage über die Lage der Gentechnikforschung zu machen. Als Illustration würden sie gerne ein Bild der Aussaat machen - und bekamen den Termin. Exakt in der Nacht vorher kam es dann zur Besetzung oder direkt am Tag zur Blockade der Saatmaschine ...
  • Um besser "containern" zu können (Lebensmittel retten aus Supermarkt-Mülltonnen) ließ sich ein vermeintlicher Umweltamtsmitarbeiter unter dem Vorwand von Lärmbeschwerden nennen, wann bzw. wie die Mülltonnen zur Abholung bereitgestellt würden - um sich dann an den Innereien besser bedienen zu können ...

Strafbar ist von alldem nur eines: Wenn Ihr als Amtsperson anruft - aber auch nur dann, wenn diese von einer staatlichen Stelle ist (ein Vereinsvorsitzender oder Firmenchef ist kein "Amt" im Sinne des Strafgesetzbuches) und auch eine Amtshandlung durchführt oder sich als ein tatsächliches Amt ausgibt. Nachfragen sind aber keine Amtshandlung - und wie genau ein Amt heißt, weiß auch kaum jemensch ...

Kurzauftritte (Feuerwehr, Ärzt*in, Kontrolleur*in usw.)
Kommunikationsguerilla ist insgesamt eine ganz wichtige Methode aller politischen Aktion. Die Handlungsmöglichkeiten erweitern sich erheblich, wenn mensch nicht nur als eigene Person oder Gruppe auftritt, sondern auch unter fremder Flagge, mitunter auch direkt als Angehöriger derer, die mensch gerade bekämpft (siehe Direct-Action-Seiten dazu). Uniformen, angeheftete Plastikkarten oder tolle Ausweise bewirken viel. Mensch kommt in Räume, die sonst unzugänglich sind, oder erhält Auskünfte, die sonst kaum jemensch verraten würde. Wer in Postuniform an einer Haustür klingelt und nachfragt, ob hier XY zu erreichen ist, wird wahrscheinlich eine brauchbare Antwort bekommen - und niemensch schöpft Verdacht. Wer in Feuerwehruniform wegen neuer Brandschutzbestimmungen nachfragt, wie sich Abläufe in einem Labor, Maststall oder Veranstaltungszentrum gestalten, hat gute Chancen, viele Informationen zu bekommen.

Treffen
Die Treffen, auf denen die "andere Seite" auch mal Klartext redet, also z.B. eigene Schwächen eingesteht oder die tatsächlichen Ziele von Vorhaben benennt, sind meist nicht öffentlich. Aber selbst hier gibt es oft Interesse, neue Firmen zu gewinnen oder willfährige Journalist*innen einzubetten. Es kann also gelingen, direkt vor Ort teilzunehmen. Einmal da, eröffnen sich Tor und Tür für die nächsten Schritte: Heimliche Mitschnitte, direkte Kontaktaufnahme mit Einzelpersonen, so Stück für Stück auch in die Hinterzimmer und an unveröffentlichte Manuskripte oder Strategiepapiere zu kommen usw.
Auch hier ein rechtlicher Hinweis: Mitschnitte dieser Art sind bei persönlichen Gesprächen nicht erlaubt, die Veröffentlichung von Bildmaterial könnte (wenn Gesichter erkennbar) zusätzliche gegen das Kunsturhebergesetz verstoßen. Das ist aber in der Regel kein Problem, weil es gar nicht auf die Veröffentlichung der Originaldateien ankommt. Mensch kann das Zitat als solches veröffentlichen und abwarten, ob die andere Seite dagegen klagt, dass das Zitat so nie gefallen ist. Dann ist der Mitschnitt zwar immer noch illegal, aber dennoch vorhanden und zumindest in der Öffentlichkeit klar, dass diejenigen, die da klagen, lügen. Außerdem haben Firmen, Parteien usw. meist ein großes Interesse, solche Sachen nicht so aufzubauschen. Sie nehmen dann erstens fäusteballend die Sache hin und zweitens sich vor, beim nächsten Mal besser aufzupassen. Was aber oft nicht klappt, denn sie wollen ja Geschäftskontakte haben, in der Zeitung stehen, Fördermittel erhalten ...

Längere Recherchen
Günter Wallraff hat gezeigt, dass sich Innereien auch sehr machtorientierter Akteure in der Gesellschaft demaskierten lassen, in dem mensch in die Struktur eintaucht und im Inneren durch (scheinbares) Mitmachen Informationen sammelt. Dafür braucht mensch einen längeren Atem - aber verschiedene Varianten sind möglich:
  • Fulltime-Einstieg z.B. als Jobsuchene_r, Praktikant_in - eine sehr zeitaufwändige, aber dann auch ergiebige Variante
  • Teileinblicke getarnt als (Finanz-/Unternehmens-)Berater_in, Werbeagentur, Geschäftspartner_in, potentielle_r Kund_in usw. Auf diese Art haben schon mal Leute bei Großprojekten als scheinbare Investoren mitgespielt oder sich an Ausschreibungen beteiligt, um den Stand der Projektplanung jederzeit zu kennen.
  • Aufbau einer dauerhaften Zweit-Identität z.B. als Journalist_in oder Lobbyist_in, um ständig immer wieder an Informationen zu kommen.

Gruppen/Lobbyverbände gründen
Wer länger in einer Sache aktiv ist, kann auch eine Lobbygruppe oder ähnliches auf der anderen Seite gründen - also scheinbar das unterstützen, wogegen mensch tatsächlich kämpft (oder umgekehrt: Eine Initiative, die scheinbar bekämpft, was mensch will). Auf diese Art kann nicht nur zusätzliche Aufmerksamkeit für die eigenen Positionen oder Ideen erreicht werden, in dem die scheinbare Gegengruppe auf Konflitkurs geht - halt mit schlechten Argumenten. Sondern es kann auch auf der Gegenseite mitgespielt werden, um so über dortige Strategien auf dem Laufenden zu sein. Etliche der bereits benannten Recherchemethoden sind dann auch einfacher, wenn z.B. der Zugang zu Treffen durch eine Einladung erleichtert wird. Möglich sind auch Internetpräsenzen und -foren, vielfach lässt sich ein Zugang zu den nicht-öffentlichen Foren und Austauschlisten der Gegenseite erschleichen - ob es nun Nazi- oder Unternehmens-Foren sind.

Ganz ähnlich funktioniert es, eine Fördermittel-Vergabestelle zu simulieren. Solange das nicht auffliegt, werden Firmen und andere hier gerne zu Kontakten bereit sein, ihre Vorhaben im Fördermittelantrag beschreiben und sogar bei kritischen Nachfragen freundlich bleiben. Denn sie wollen das Geld. Da geht sogar, mal in der Art zu fragen: "Es gibt ja einige politische Proteste gegen Ihre Vorhaben. Wie werden Sie denn damit umgehen?" So erfährt mensch von der anderen Seite, was die gegen eine*n selbst machen wird.

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