Schwarzstrafen

Ö-PUNKTE 1/1998

Daten und Fakten?


1. Rubrik Verkehr
2. Nulltarif in Templin und Lübben
3. Daten und Fakten?
4. Die Herstellung
5. Trans-Europäischen Netze (TEN)
6. Flug-Aktionstage: Ich gehe nicht in die Luft!
7. Lufthansa startet neue Startbahn West-Bewegung
8. Freie Fahrt für die Schumi-Brothers

Die Methode im nüchternen "Daten&Fakten"-Teil ist die altbekannte. Nicht nur wird der alltägliche Einsatz von immer mehr Mercedes-Fahrzeugen ganz verschwiegen. Die Welt außerhalb der Fabrikationshallen zu ignorieren hat sich bewährt. Das gilt für die Aktivitäten des Konzerns im dritten Reich oder den Einsatz des Unimog als "Fahrzeug" in Krisengebieten. Bleiben wir aber erst Mal bei den Werken und ihren direkten Umweltauswirkungen. Da wird z.B. stolz erwähnt, daß im Bereich der Produktion keine FCKW mehr ausgestoßen werden, eine Grafik daher nicht mehr nötig sei. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte man denken. Andere chlorierte Kohlenwasserstoffe werden allerdings im Bereich des Flugzeugbaus und der "direkt geführten industriellen Beteiligungen" weiterhin ausgestoßen, und das seit drei Jahren praktisch unverändert. Wenn man dann noch bedenkt, daß in diesem Bereich einige Jahre Flaute herrschte, weiß man, daß sich dort strukturell nichts verändert hat sondern lediglich konjunkturell. Da nun die Airbus-Produktion "anzieht", muß man wohl mit Steigerungen rechnen.

Eine andere Methode ist die, Emissionen aufzusplitten und den einzelnen Bereichen schöne Begriffe zuzuordnen. So wird bei Daimler "Sonderabfall" (gemeint ist Giftmüll) entweder "verwertet" oder "beseitigt". Im Zusammenhang mit den Grafiksäulen sieht das gut aus. Die zur Seite geschafften Gifte sanken zwei Jahre lang, halten sich allerdings jetzt stabil bei über 15 000 Tonnen (!) Das nur so nebenbei, da die absolute Menge doch etwas hinter den kleinen Säulchen verschwindet. Der verwertete Giftmüll stieg dagegen um fast 30%, und das findet Daimler gut. Wir nicht. Zum einen kompensiert der steigende verwertete Müll den sinkenden "entsorgten", zum anderen gehört zur Verwertung z.B. auch die Verbrennung (wenn sie der Stromproduktion dient). Grund zum Jubeln?

A propos Energie. Da hat sich praktisch nichts getan. Seit drei Jahren gibt es sogar wieder einen leichten Anstieg im Verbrauch. Aber auch dem kann Daimler positive Seiten abgewinnen, denn bei nahezu konstantem Energieverbrauch konnte die Produktion stark erhöht werden ? bei PKW z.B. sind es fast 20% mehr, die vom Band rollten. Somit also sinkender Energieverbrauch pro Produkt. Was diese Produkte alles so weiter in ihrem Dasein so produzieren, ist ? wie oben schon erwähnt ? Daimler keine Erwähnung wert. Besonders zynisch wirkt es, wenn in Grafiken die "spezifischen Emissionen pro PKW" dargestellt werden. Natürlich sinken diese, solange die Autos nicht auf den eigenen vier Rädern rollen. So gibt Daimler z.B. für den Bereich Stickoxide an, daß deren Produktion für die Autoherstellung um über 20% gesunken ist und zwar auf ein gutes halbes Kilo. Das UmweltPrognose-Institut (UPI) hat in einer 1993 veröffentlichten Arbeit für eine Mittelklassewagen-Produktion 4,2 kg pro PKW angegeben. Einerseits mag die Zahl etwas veraltet sein, zu bedenken ist aber, daß Mercedes im Flottendurchschnitt eher schwerere und schnellere PKW herstellt als der Rest. Selbst wenn also dieser Schnitt um 20% gesunken sein sollte, klafft hier eine gewaltige Lücke. Das UPI addiert aber z.B. für den Bereich Rohstoffgewinnung 11,4 kg und für den Rohstofftransport 22 kg Stickoxide pro PKW hinzu. Das macht 37,6 kg für die wirkliche Produktion. Daimler gibt also ein Siebzigstel der Realität in seinem Bericht bekannt. Addiert man nun noch zehn Lebensjahre mit etwa 130 000 Kilometer mit abschließender Verschrottung für einen PKW hinzu, muß man noch mal über einen Zentner Stickoxide hinzu rechnen und kommt auf knapp 90 Kilo. Das ist wahrscheinlich noch untertrieben, denn ein durchschnittlicher Mercedes verbraucht 11,1 Liter auf 100 Kilometer, das ist in Deutschland absolute "Spitze". Somit gewährt Daimler uns einen Ausblick auf 0,6% der Realität eines Auto"lebens". Würde man jetzt noch die steigenden Automobilzahlen und die vermehrte Fahrleistung berücksichtigen.... Aber lassen wir das lieber und nehmen keine Promillebetrachtung vor. Die Bewertung des Daten&Fakten-Teil des Daimler-Umweltberichtes möchten wir dem Konzern selbst überlassen: "Abfälle sind Stoffe, die das Werk verlassen und weder Produkt sind noch in die Abluft oder ins Abwasser gehen." Oder in die Briefkästen gelangen, möchten wir noch ergänzen!

Daimler-Benz Nr. 2: Masse statt Klasse
Und was ist das? Es wiegt 700 Gramm und ist aus Papier. Richtig, es könnten die nächsten acht Ausgaben der Ö-Punkte sein. Gemeint ist aber die Werbung für das neue Drittwagenmodell von Daimler. Alles Smart-Reklame, was uns da in den Briefkasten trudelte bzw. per Fax erreichte, und das in den letzten sechs Wochen. Wir wollen nicht über die mißglückten Elchteste der A-Klasse und des Smart herziehen. Selten ist etwas Oberflächlicheres als kritischer Journalismus durchgegangen. Zumindest eins wurde erreicht: Man spricht über ein neues Mercedes-Produkt. Die Konzernspitze ließ auch schon verlauten, daß man dieses "Mißgeschick" in der Werbung offensiv angehen werde, und so wird das ganze Spektakel für Daimler so enden, wie der Fall Brent Spar für Shell: mit einem Umsatzplus.

Eins haben A-Klasse und Smart gemeinsam. Sie sind nicht, wie angekündigt, im Dreikommaetwas-Bereich beim Kraftstoffverbrauch, sondern verbrennen knapp fünf bzw. vier Liter. Damit sind sie hinter den firmeneigenen Ankündigungen zurückgeblieben. Da insbesondere der Smart als universales Alltagsauto nicht taugt, weil er nicht vier Personen Platz bietet und kaum Gepäck aufnehmen kann, ist klar, daß er nur als Drittwagen für die Kinder dienen kann - also kein schon bestehendes, noch mehr Benzin schluckendes Fahrzeug ersetzen wird. Wir dürfen uns also darauf freuen, pro Jahr 200 000 neue platzsparende Smarts auf unseren Straßen begrüßen zu dürfen. Dann wird sich zeigen, daß Kleinvieh auch viel Mist macht, denn aneinandergereiht reicht eine Jahresproduktion immerhin schon für einen Stau von 500 Kilometer Länge.

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