Projektwerkstatt

LANDWIRTSCHAFT UND NATURSCHUTZ

Einleitung


Einleitung · Vergiftung durch Pestizide · Tabakanbau · Buchvorstellungen

Das mag manche überraschen, aber es stimmt: Kleinbäuerlicher Mischanbau ist ertragsstärker als die Agrarindustrie. Der Grund ist einfach: Wer wenig Land hat, beachtet jeden Quadratmeter und versucht, dort (z.B. mit Mischkulturen) vielfältigen Ertrag zu erwirtschaften.

Aus James C. Scott: "Applaus dem Anarchismus" (S. 71ff.)
Die scheinbare Unordnung der fallenden Blätter im Herbst, der Eingeweide eines Kaninchens, des Inneren einer Maschine mit Düsenantrieb oder der Lokalredaktion einer großen Zeitung ist durchaus keine Unordnung, dahinter steht vielmehr eine komplexe funktionale Ordnung. Wenn man erst einmal ihre Logik und ihren Zweck verstanden hat, sieht sie in der Tat anders aus und gibt ihren funktionalen Systemcharakter zu erkennen. Man nehme die Anordnung von Feldfrüchten und Gärten. Die moderne wissenschaftliche^ Landwirtschaft hat tendenziell große, kapitalintensive Felder mit einer einzigen Fruchtsorte favorisiert. Oft handelte es sich dabei um eine Hybridform oder einen Klon, wodurch ein maximales Gleichmaß erreicht werden sollte; gepflanzt wurde in geraden Reihen, um die Bodenbestellung und den Einsatz von Erntemaschinen zu erleichtern. Die Anwendung von Düngemitteln, Bewässerung, Pestiziden und Herbiziden sollen die Feldbedingungen für die einzelnen Kultursorten möglichst zweckdienlich machen und vereinheitlichen. Das ist eine typische und weit verbreitete Form des Feldbaus, die in der Tat einigermaßen funktioniert, wo wir es mit, wie ich sie nenne, „proletarischen“ Feldfrüchten (etwa Weizen, Mais, Baumwolle und Sojabohnen) zu tun haben, die ein grobes Verfahren zulassen. Wie die Dinge liegen, ist es das Ziel dieser Landwirtschaft, sich über lokale Böden, lokale Landschaften, lokale Arbeitskräfte, lokales Arbeitsgerät und lokales Wetter hinwegzusetzen; damit ist sie die genaue Antithese zur indigenen Landwirtschaft. Der westliche Gemüsegarten weist zum Teil, aber nicht gänzlich die gleichen Züge auf. Obgleich er viele Kultursorten enthält, werden sie in typischer Weise in geraden Reihen gepflanzt, eine Sorte in jeweils einer Reihe, so dass sie eher wie ein militärisches Regiment aussehen, das zur Abnahme einer Parade aufgestellt ist. Oft ist die geometrische Ordnung eine Frage des Stolzes. Auch hier wieder liegt die Betonung auf der visuellen Regelmäßigkeit - von oben und außen betrachtet.
Dem kann man vergleichsweise die Anlage einheimischer Feldfrüchte im tropischen Westafrika gegenüberstellen, wie sie die britischen landwirtschaftlichen Berater im 19. Jahrhundert zu Gesicht bekamen. Sie waren geschockt. Optisch schienen die Felder ein einziges Durcheinander zu sein: Da waren zwei, drei und manchmal sogar vier Feldfrüchte gleichzeitig auf einem Feld zusammengedrängt, andere zwischengepflanzt, hier und da waren mit Stöcken kleine Dämme - Aufschüttungen - angelegt, während kleine Hügel wahllos verstreut zu sein schienen. Da die Felder in westlichen Augen offensichtlich chaotisch anmuteten, war die Vermutung naheliegend, dass die Bauern selbst nachlässig und sorglos vorgingen. Die landwirtschaftlichen Berater machten sich daran, ihnen die richtigen, »modernen« Landwirtschaftstechniken beizubringen. Es dauerte etwa dreißig Jahre, die von Enttäuschungen und Fehlschlägen gekennzeichnet waren, bis jemand im Westen auf die Idee kam, die relativen Vorzüge der beiden Formen des Ackerbaus unter westafrikanischen Bedingungen tatsächlich wissenschaftlich zu untersuchen. Es stellte sich heraus, dass das "Chaos" auf den westafrikanischen Feldern ein auf die lokalen Bedingungen fein abgestimmtes landwirtschaftliches System war. Mischanbau und Zwischenpflanzung gewährleisteten ausreichende Bodenbedeckung, um Erosion zu verhindern und das ganze Jahr über den Regen aufzufangen; die eine Anbaupflanze lieferte einer anderen Nährstoffe oder spendete ihr Schatten; die Erddämme verhinderten Wassererosion; die einzelnen Kultursorten waren über die Anbaufläche verteilt, um Schädlingsbefall und Krankheiten zu minimieren.
Nicht nur waren die Methoden nachhaltig, auch die Erträge schnitten im Vergleich zu denen, die mit den bevorzugten Methoden der westlichen Berater erzielt wurden, günstig ab. Die landwirtschaftlichen Berater hatten irrtümlicherweise sichtliche Ordnung und Funktionalität sowie augenscheinliche Unordnung und Unwirtschaftlichkeit miteinander assoziiert. Sie waren ergriffen vom quasireligiösen Glauben an die Geometrie der Feldbestellung, wohingegen die Westafrikaner ein überaus erfolgreiches Anbausystem ohne Rücksicht auf Geometrie entwickelt hatten.


Intensive Landwirtschaft mit Einsatz von chemischen, zudem energieaufwändig hergestellten Stoffen, die Ausräumung der Landschaft für große Felder und eine zu intensive Boden(aus)nutzung führen zu Artenschwund und weiteren Umweltbelastungen. Die Landwirt*innen werden zu solchen Anbaumethoden durch den starken Zwang ständiger Profitsteigerung mehr oder weniger gezwungen. Auf immer kleinerer Fläche soll die Ernährung sichergestellt werden. Flächenkonkurrenz entsteht durch ...

Landraub (landgrabbing)
Weltweit wird Boden aufgekauft - als Spekulationsobjekt und zur Sicherung der Lebensmittelproduktion in den reichen Ländern. Der lokalen Bevölkerung wird es so immer schwieriger, ihre eigene Ernährung souverän zu sichern.

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