Projektwerkstatt

UMWELT- UND MENSCHENFREUNDLICHE MOBILITÄT

Manches wird sogar schlimmer: Negative Effekte der Antriebswende


1. Was nicht hilft: Elektroautos (E-Autos)
2. Eine Antriebswende bringt nicht viel - Verkehrswende ist nötig!
3. Manches wird sogar schlimmer: Negative Effekte der Antriebswende
4. Reboundeffekte: Die kleinen Vorteile werden wieder aufgefressen
5. Antriebssysteme im Vergleich
6. Ressourcen für Antriebswende fehlen der Verkehrswende
7. Jubelgruppen pro E-Autos
8. Die Autokonzerne und ihre Seilschaften

Sollte die Vollversorgung des Gesamtstromverbrauchs und damit auch der E-Autos mit regenerativ gewonnenem Strom einmal erreicht sein (was möglich ist), würden verschiedene Effekte die Bilanz wieder verschlechtern. Diese wirken bereits heute, so dass im Moment die Umstellung vor allem Nachteile bringt:
  • Da zwecks Förderung der E-Autos oder als Lockmittel seitens von Einkaufsmärkten Ladestrom vielerorts gratis abgegeben wird, verbilligt sich das Autofahren - was vermehrtes Herumfahren zur Folge haben kann, zumindest hin zu den Ladesäulen.
  • Da nur größere Player solche Umsonstladestationen verwirklichen können, erreichen sie einen Marktvorteil gegenüber dezentralen Einkaufsmöglichkeiten, was zu einer Zentralisierung und damit längeren Wegen führen kann.
  • Zurzeit ersetzen nur ca. die Hälfte der neu gekauften E-Autos einen vorhandenen Verbrenner. Die andere Hälfte sind zusätzliche Zweit- und Drittwagen oder weitere Dienstwagen, vergrößern also den Fahrzeugpark. Daher nimmt die Zahl beider Antriebstypen, d.h. die E-Autobewerbung führt zum Kauf zusätzlicher Autos. Tesla will ja allein in seiner neuen Fabrik in Grünheide 0,5 Mio pro Jahr herstellen – das klingt auch nicht gerade nach weniger Autos (Produktionsziel von Teslas Werk in Grünheide: Knapp 10.000 Autos pro Woche). Der E-Auto-Werber Christoph Krachten hat in einem BB-Podcast prophezeit, dass Tesla demnächst mehr Autos als Daimler oder BMW produzieren wird - und Elon Musk auch VW und Toyota überholen will. Er findet das richtig gut. Es bedeutet mindestens mehr Stellflächen, wahrscheinlich aber auch mehr Fahrten (vor allem Fahrten mit einer Person im Fahrzeug, da hierzulande nur die Zahl der Fahrzeuge, nicht der Menschen steigt), mehr Unfälle, mehr Bedarf an Verkehrsinfrastruktur.
  • Dass der E-Auto-Boom vor allem die Gesamtzahl der Autos erhöhen wird und das auch soll, zeigt sich auch daran, dass nicht Verbrennerauto-Fabriken umgerüstet, sondern neue gebaut werden. Das riesige Teslawerk in Grünheide ist fertig - und VW will neben seinem Hauptwerk eine komplette neue E-Autofabrik ("Trinity") bauen.
  • Einige Untersuchungen zum Fahrverhalten von E-Auto-Nutzer*innen zeigen, dass diese nach dem Kauf eines E-Autos weniger oder gar nicht mehr den ÖPNV nutzen. Das E-Auto verdrängt also nur wenig Verbrennerautos, sondern die Nutzung von Bus und Bahn.
  • Besondere Vorteile bieten E-Autos (wegen der geringen Reichweiten) innerhalb von Orten. Das aber sind typische Fahrradentfernungen, so dass zu befürchten ist, dass E-Autos neben dem ÖPNV auch Fahrten mit den Fahrrad ersetzen - was dann endgültig für alle Parameter (auch CO2-Ausstoß) negativ wäre.
  • Zwecks Förderung der E-Autos geben etliche Städte Anwohner*innenparkplätze und Busspuren für diese frei oder heben Durchfahrverbote in Ortszentren für E-Autos auf. Damit führen E-Autos zu einer Zunahme von Verkehr gerade auf Flächen, von denen Autos eigentlich schon verdrängt waren. Sie bewirken also eine Umkehrung der ohnehin viel zu mickrigen Anfänge einer Verkehrswende.
  • Neben den Kleinwagen, die ÖPNV und Fahrrad verdrängen, werden vor allem sehr große Autos mit E-Antrieb gekauft, insbesondere E-SUVs. Diese werden von den Autokonzernen auch besonders beworben, sind dabei doch die Gewinnmargen am größten.
  • Durch das vermehrte Fahren und die Zunahme der SUVs erhöhen sich Lärm, Reifen- und Bremsabrieb sowie Platzbedarf. Eine eventuell geringe Verbesserung in der CO2-Bilanz wird also mit Nachteilen bei anderen Parametern erkauft - ein Nullsummen- oder sogar Minusspiel.
  • Manpower geht verloren: Viele gut ausgebildete Fachkräfte werkeln jetzt mit Hochdruck an der Entwicklung der E-Autos. Wir brauchen die für Tram- und Seilbahnsysteme, barrierefreie Gestaltung, besssere Fahrpläne und Übergänge zwischen den Verkehrsmitteln, intelligente Steuerungen usw.

Beispiel Düsseldorf, eine ohnehin völlig aufs Auto ausgerichte Stadt: Auf allen Parkautomaten kleben Schilder drauf, dass E-Autos frei, d.h. kostenlos überall parken, aber Fahrräder nirgends abgestellt werden dürfen. Selbst die Kö, diese berühmteste Flaniermeile von Düsseldorf, ist eine mehrspurige Autostraße mit Parkstreifen auf beiden Seiten und dann einem normalen Fußweg, wo die Leute Schlange stehen vor Geschäften, wo ein Hemd 1000 Euro kostet. Die E-Auto-Förderung erhöht dort klar erkennbar das Autoaufkommen.

Die zuständige Dezernentin Helga Stulgies, als Kandidatin der Grünen gewählt, klebt den Freiparkhinweis für E-Autos stolz an die Parkautomaten - direkt unter das Abstellverbot für Fahrräder.

Immer mehr Dienstwagen
Aus Wolf, Winfried (2019): „Mit dem Elektroauto in die Sackgasse“ (S. 92)
Am 1. Januar 2019 traten in Deutschland neue steuerliche Vorteile beim Kauf eines elektrisch betriebenen Dienstwagens in Kraft. Das klingt zunächst wie die Subventionierung einer Nischen-Mobilität. Tatsächlich werden in Deutschland pro Jahr 800.000 Firmenwagen neu zugelassen. Gut 60 Prozent aller Neuzulassungen mit Pkw deutscher Hersteller sind Dienstwagen. Damit könnten Firmenwagen, die aufgrund der grundsätzlichen steuerlichen Förderung bereits seit langem Motor bei der inländischen Automotorisierung sind, einen zusätzlichen Schub bekommen. Die Standardforderung, die Subventionierung von Dienstwagen bzw. von Firmenwagen grundsätzlich zu beenden, wird somit auf eine groteske Art und Weise konterkariert.

Neben all den verbleibenden Problemen, den fehlenden Ressourcen für eine echte Verkehrswende durch die Priorisierung des Umbaus auf E-Autos und selbst Zweifeln beim einzigen Pro-Argument (CO2-Ausstoß) kann der Umstieg auf Elektroantrieb sogar einiges direkt verschlechtern. Die naheliegendsten Wirkungen:

  • Durch die starke Beschleunigung nimmt die Unfallgefahr zu - gerade an Kreuzungen, wo sich Autos und Fußgänger*innen begegnen.
  • Zum Laden braucht es zusätzliche Parkplätze an den Ladesäulen
  • Die Zahl der Autos nimmt insgesamt zu, was zum Ruf nach mehr Straßen und Stellplätzen führen wird.

Zudem brauchen E-Autos bestimmte Rohstoffe in größeren Mengen als bisherige PKWs (und erst recht als Fahrräder und ÖPNV), so dass neue Verteilungskämpfe entstehen werden:


Schemazeichnungen aus dem sehr informativen Reader zu Rohstoff-, Energie- und Flächenverbrauch durch den motorisierten Individualverkehr (MIV, einschließlich eMobilität) wurde von PowerShift unter dem Titel "Weniger Autos, mehr globale Gerechtigkeit" veröffentlicht. Der Untertitel lautet provokativ: "Diesel, Benzin, Elektro: Die Antriebstechnik allein macht noch keine Verkehrswende".

Veränderung des Rohstoffverbrauchs bei Umstieg auf E-Autos (oben)
Ausgewählte Rohstoffe, die für E-Autos besonders gebraucht würden (unten)

Aus "Manganknollen: Dreckiger Schatz auf dem Tiefseeboden", auf: netzpolitik.org am 27.1.2024
Norwegen will als erstes Land weltweit vor seiner Küste Manganknollen abbauen. Die Knollen enthalten wichtige Rohstoffe, die unter anderem für den Bau von Autobatterien verwendet werden. Der Abbau ist jedoch heftig umstritten, da er katastrophale Folgen für die Um- und Tierwelt auf dem Meeresgrund hat.
Der Bedarf an Metallen wie Kobalt, Nickel und Mangan ist immens – und zwar weltweit. Die seltenen Metalle sind ein wichtiger Bestandteil von Solarmodulen, Windturbinen oder auch von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos. Sie gelten daher als Schlüsselressource im Kampf gegen die Klimakrise. Bislang werden die Rohstoffe an Land abgebaut, vor allem im Kongo (Kobalt), in Indonesien (Nickel) und in Südafrika (Mangan). Das soll sich nun ändern. ...
Umweltschützer:innen und Forschende zeigen sich entsetzt über die Entscheidung. Sie kritisieren, dass der Tiefseebergbau in erster Linie den Interessen von Konzernen diene und dramatische ökologische Folgen hätte.


Aus "Lithiumabbau in Chile: Ökologisch und sozial schwierige Verhältnisse", auf: Deutschlandfunk, 16.4.2018
Das Lithium-Karbonat wird im Salzsee in der Atacamawüste im Norden des Landes gefördert. Das mineralhaltige Grundwasser wird in riesige Becken gepumpt. Dort verdunstet es bei hoher Sonneneinstrahlung. Übrig bleibt eine Salzkruste – aus der durch einen chemischen Prozess das Lithium-Karbonat erzeugt wird.
Die Lithiumgewinnung wirke sich direkt auf die Wasserreserven aus, sagt Domingo Riuz. Er ist Biochemiker an der Universidad de Santiago. Die Förderung der Lake aus dem Grundwasser führe dazu, dass der Grundwasserspiegel sinkt, Flussläufe und Feuchtgebiete austrocknen. Die ansässige, zum Großteil indigene Bevölkerung, leide unter Wassermangel.


Elon Musk am 24.7.2020 auf Twitter:
Another government stimulus package is not in the best interests of the people imo
Entgegnung von "Armani" am gleichen Tag:
You know what wasnt in the best interest of people? the U.S. government organizing a coup against Evo Morales in Bolivia so you could obtain the lithium there.
Darauf nochmal Elon Musk am 25.7.2020:
We will coup whoever we want! Deal with it.
Übersetzung (Quelle):
Ein weiteres Konjunkturpaket sei nicht im besten Interesse der Bürger meiner Meinung nach.
Weißt du, was nicht im Interesse der Bürger war? Dass die US-Regierung einen Putsch gegen Evo Morales in Bolivien organisiert, damit du Lithium erhältst.
Wir putschen jeden weg, den wir wollen! Komm damit klar.


Interessant: Das größte europäische Lithiumvorhaben liegt unter dem Oberrheingraben in Deutschland, also zwischen Karlsruhe und Basel. Anfang 2022 startet die Erkundungsphase, um das Lithium abzubauen.


Die mehrfache Verrechnung: E-Autos vergrößern CO2-Ausstoß
Wie das? Aufgrund gleich mehrerer absurder Verrechnungsmodelle. Dabei wird angenommen, dass ein E-Autos CO2 spart. Das ist natürlich Unsinn, es produziert nur nicht soviele davon wie ein gleich großer/schwerer Verbrenner. Aber um die Autoindustrie zu fördern und den Autoverkauf anzukurbeln, werden E-Autos nicht nur direkt und hoch subventioniert, sondern mit ihnen auch Verbrennerautos und sogar Kohlekraftwerke!

Dreckige Verrechnung beim Flottenverbrauch
Zum einen müssen alle Autokonzerne einen durchschnittlichen Flottenverbrauch einhalten. Das schaffen die wenigsten, weil immer noch zuviele große Verbrenner (SUVs usw.) verkauft werden. Allerdings können sie tricksen. Sie stellen selbst kleinere oder vor allem E-Autos her. Oder dürfen, wenn sie das vertraglich regeln, sogar die E-Autos anderer Hersteller bei sich reinrechnen. Tesla zum Beispiel verdient viel Geld mit diesem Tausch. Um E-Autos zu fördern, wird nicht 1:1 gerechnet, sondern die E-Autos zählen 1,5-fach. Oder anders ausgedrückt: Wer ein E-Auto fährt, schafft damit die Voraussetzung, dass 1,5 Verbrenner auch fahren dürfen. Auch deshalb ist die CO2-Neutralität des E-Autos ein reines Märchen.

Schmuh-Handel mit CO2-Zertifikaten
Zum anderen gibt es für jedes E-Auto Gutschriften bei Treibhausgasen (THG). Rechnerisch macht das nur Sinn, wenn ein E-Auto CO2 aus der Luft filtern, also die CO2-Menge verringern würde. Das tut es nicht. Dennoch erhalten alle, die ein E-Auto besitzen, jedes Jahr CO2-Mengen gutgeschrieben. Inzwischen gibt es viele Firmen, die die als Dienstleistung verwalten und an CO2-Emittenten wie Kohlekraftwerke oder Industrien verkaufen. Einen Teil der Einnahmen geben sie an E-Auto-Besitzer*innen weiter. Jedes E-Auto trägt damit zu Kohlekraftwerken und anderen Dreckschleudern bei. Das macht sie sogar bilanziell sogar schlechter als Verbrenner.

Aus "Verbrechen und Gebrechen der Autoindustrie", in: Wildcat Nr. 107/Frühjahr 2021
Ein Konzern, der viele auf dem Papier als »emissionsfrei« geltende Elektroautos verkauft, kann im Gegenzug mehr schmutzige Verbrenner (vor allem SUVs) absetzen; denn anstatt Grenzwerte für die CO2-Emissionen jedes Autos festzulegen, wird mit einer Durchschnittszahl gearbeitet. Zudem können Konzerne CO2-Emissionen kaufen – ein praktisch unreguliertes Schlupfloch. Volkswagen ging zum Beispiel mit verschiedenen Elektroautoherstellern in einen »Pool«. Mit den »Null-Emission«-Autos der anderen Hersteller wird dann der durchschnittliche Flottenverbrauch gedrückt. Die schmutzigsten fünf Prozent dürfen sie rausrechnen, in dem Fall waren das Bentley und Lamborghini. Volkswagen hatte Rückstellungen für CO2-Strafen von mehreren hundert Millionen Euro gebildet – durch »Pool« und Verrechnungen verfehlte man die Vorgaben nur um ein halbes Gramm, was nur 100 Millionen Euro Strafe bedeutete und sich in der Bilanz positiv bemerkbar macht (Auflösung der Rückstellungen). Greenpeace hat ausgerechnet, dass VW in Wirklichkeit 64 Prozent über dem Grenzwert liegt; BMW um 77 Prozent, Daimler um 84 Prozent. Somit müsste VW eigentlich 17 Milliarden Euro Strafe zahlen, BMW und Daimler 5,7 Milliarden. »Nicht geniale Ingenieurskunst hat die märchenhafte CO2-Reduktion ermöglicht, sondern harte Lobbyarbeit.«
FiatChrysler (FCA) ging mit Tesla in einen Pool, die »Null-Emission«-Teslas wurden mit der Flotte von FCA verrechnet. Somit kann FCA weiterhin straffrei Maseratis verkaufen. Im Gegenzug erhielt Tesla 2019 von FCA fast zwei Milliarden Euro. 2020 nahm Tesla 1,6 Milliarden Dollar aus dem CO2-Handel ein und konnte zum ersten Mal einen Jahresgewinn verbuchen – wenn auch nur von 721 Millionen Dollar. ... Nun verliert Tesla Marktanteile, muss die Preise senken – und baut trotzdem neue Fabriken.
Auch die Produktion des E-Autos ist keinesfalls »ökologischer«. Sie verbraucht mehr Energie. Der Abbau seltener Erden, von Kupfer, Kobalt und Nickel wird ausgeweitet. In den Graphitminen in China erkranken Arbeiter an Staublunge, Anrainer werden vertrieben. Die Bergwerke sind lebensgefährlich und verseuchen Grundwasser, Böden und Luft.
Die Lithiumproduktion ist Spielball geostrategischer Putschpolitik, das Verhältnis der Autoindustrie zu putschenden Militärs ist entspannt wie in den 70er Jahren. Elon Musk twitterte mit Bezug auf Bolivien, dass er putschen würde, »gegen wen immer wir wollen«. Das ist nicht zu unterschätzen bei einem Kapitalisten, der immer mehr Satelliten im All betreibt.


Es werden immer mehr Autos
Zurzeit ersetzen nur ca. die Hälfte der neu gekauften E-Autos einen vorhandenen Verbrenner. Die andere Hälfte sind zusätzliche Zweit- und Drittwagen oder weitere Dienstwagen, erhöhen also den Fahrzeugpark. Daher nimmt die Zahl beider Antriebstypen, d.h. die E-Autobewerbung führt zum Kauf zusätzlicher Autos. Tesla will ja allein in seiner neuen Fabrik in Grünheide 0.5 Mio pro Jahr herstellen – das klingt auch nicht gerade nach weniger Autos. Das alles bedeutet mindestens mehr Stellflächen, wahrscheinlich aber auch mehr Fahrten (vor allem Fahrten mit einer Person im Fahrzeug, da hierzulande nur die Zahl der Fahrzeuge, nicht der Menschen steigt).
Am 10.10.2023 ging es beim wöchentlichen Tesla-Stammtisch um die Verkehrswende insgesamt - mit einem Input der Kritik am motorisierten Individualverkehr (PKW und LKW) insgesamt. Daraufhin berichteten mehrere Personen, dass sie seit Kauf eines E-Autos viel mehr fahren (zT bis zu 3x mehr). Ein Grund wäre vor allem bei denen, die eine eigene PV haben, dass das Fahren nichts mehr kostet.

Dass der Fanblock des Antriebswechsels mit dazu notwendiger Massenproduktion neuer Autos das gar nicht anders sieht, aber nicht problematisch findet, zeigt ein Interview in der Werbezeitung "Elahn" der Stadtwerke Gießen. Dieses Unternehmen in kommunalem Besitz, aber auf betriebswirtschaftlichem Gewinn getrimmt, soll eigentlich den öffentlichen Personennahverkehr organisieren, bewirbt und organisiert aber tatsächlich seit einiger Zeit den Umstieg auf den elektrifizierten Individualverkehr. Das ist kein Wunder, ist der ÖPNV doch defizitär, während Stromverkauf den meisten Gewinn abwirft. Also wird der energiefressende Autoverkehr gefördert - und der Nebeneffekt, dass dann weniger Busse fahren müssen, käme den Betriebswirtschaftler*innen der Stadtwerke auch entgegen.

Aus "Einfach mal anfangen", Werbetext der Stadtwerke Gießen für von ihr vermietete E-Autos, in: Elahn 1/2020 (S. 8)
Dazu kommt, dass wir bislang zwei herkömmliche Pkw mit Verbrennungsmotoren unterhalten haben, damit wir beide zur Arbeit kommen, wenn das Wetter nicht für das E-Bike geeignet ist. Einen durch ein E-Auto zu ersetzen, hatte von Anfangan seinen Charme. Denn unsere täglichen Strecken halten sich wirklich in Grenzen. Bis in meine Praxis sind es gerade einmal vier Kilometer. Selbst wenn ich in der Mittagspause nach Hause fahre, komme ich pro Woche nur auf etwa 60 Kilometer. Meine Frau arbeitet in Heuchelheim. Wegen dieser kurzen Wege haben wir keine E-Box,also keine Schnelllademöglichkeit für die Garage, angeschafft. Wir brauchennicht jeden Morgen eine voll aufgeladene Batterie, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen. Selbst wenn wir einmal wöchentlich zum Einkaufen nach Gießen fahren, müssen wir den Smart mit seinen gut 100 Kilometern Reichweite nur alle sechs bis sieben Tage laden. ...
Wie schon angeschnitten, erfüllt der kleine Flitzer all unsere Alltagsanforderungen. Und wenn wir doch einmal ein großes Fahrzeug brauchen - etwa für den Urlaub oder um Getränkezu holen -, nehmen wir unseren Verbrenner.

Da fällt selbst dem Interviewer von der Stadtwerkezeitung die Frage ein: "Für Sie also eher ein klassischer Zweitwagen?" Und die Antwort:
Das kommt auf die Definition an. Mehr Kilometer legen wir sicher mit dem Verbrenner zurück. Aber der Smartist öfter im Einsatz. Eben weildie typischen Strecken kurz sind, wir überwiegend allein von A nach B kommen müssen und weil das Auto einfach Spaß macht.

Die Stadtwerke werden sich bei der Auswahl des Beispiels sicherlich was gedacht haben. Ist das das typische Ziel Zielpublikum? Doppelverdienendes, gut situiertes Bildungsbürger*innentum, welches eine Autobesitzquote von 100% hat (2 Personen, 2 Autos), auch geringe Entfernungen (2-4km) mit dem Auto oder E-Bike fährt und mit dem E-Auto das gute Gewinnen pflegen kann, während es auf extrem hohem Konsumniveau unterwegs ist.

Aus der Studie „Mobilität in Deutschland
Elektrofahrzeuge werden stattdessen besonders intensiv auf kurzen Strecken genutzt. ... Drei Viertel der Haushalte mit Elektroauto verfügen über mindestens ein weiteres Auto.

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