Projektwerkstatt

Ö-PUNKTE NULLNUMMER 1997 - RUBRIK WIDERSTAND ATOM

23.9. Großaktionstag


1. Berichte aus dem Anti-Atom-Kampf: NiX CASTOR aus Grafenrheinfeld
2. 13.9. Groß-Demo
3. 29.7. Stop für DB in Frankfurt
4. 26.8. Mehrere Aktionen
5. Blockade
6. 16.9. Transport abgesagt
7. 23.9. Großaktionstag

Am Dienstag erfolgte dann ein Doppeltransport mit zwei Castorbehältern nach La Hague. Ca. 600 Mitglieder der verschiedensten Polizeitruppen waren bereits in den frühen Morgenstunden (3.30 Uhr) aufgeboten, um jede Widerstandsaktion im Ansatz zu ersticken. Trotzdem sollen sich auf der Bahnstrecke zwischen Gochsheim und Schweinfurt Barrikaden aus Holzstämmen befunden haben. Auf der weiteren Transportstrecke fand der Polizeieinsatz seine gigantomanische Fortsetzung. Im Castorzug war, wie bei einem Gorlebentransport, ein Waggon voller BGSler eingestellt. In der Luft wurde er von bis zu drei Hubschraubern begleitet. Aber dieser ganze Aufwand konnte trotzdem nicht verhindern, daß eine ganze Reihe geplanter Widerstandsaktionen durchgeführt wurde. Erneut traf er in Darmstadt auf entschiedenen Widerstand. Im Wald vor Kranichstein wurde er zum ersten Mal von einer Gewaltfreien Aktionsgruppe mit einer Frühstücksblockade angehalten. Sie stoppte den Zug mit Transparenten, breitete Decken auf den Schienen aus und packte Brötchen und Kaffee aus. Erst nach 20 Minuten konnte sich der Zug wieder in Bewegung setzen. Doch nur für einige hundert Meter. Am Kranichsteiner Bahnhof trafen sich die Stadtpiratlnnen, und obwohl dort eine Hundertschaft BGS stationiert war, betraten wieder mehrere Menschen die Gleise und hielten den CastorüZug zum zweiten Mal an. Gerade als die Blockade geräumt wurde und der Zug anfuhr, sprang ein Mensch auf den Zug und erzwang einen weiteren Stopp. Als der Zug langsam wieder Fahrt aufnahm, gelang es, ihn per Fahrrad zu überholen und noch einmal anzuhalten. Er erreichte Mannheim, wo er umrangiert wurde. Als er den dortigen Rangierbahnhof verlassen sollte, stand wieder eine Gruppe von AKWüGegnerInnen auf den Gleisen und erzwang einen Stopp von 45 Minuten. Vor der Grenze zu Frankreich ? in Saarbrücken ? fand dann die letzte Blockade dieses widerstandsreichen Tags statt. Der "Koordinationskreis gegen Castor Saar" hielt den Zug für über eine Stunde auf. 40 Menschen aus dem Saarland, RheinlandüPfalz und Frankreich machten ihren Widerstand deutlich.

Privatarchiv und Atom-Pressespiegel
Ca. monatlich erscheint ein umfangreicher Pressespiegel zu AntiüAtomüThemen, immerhin jeweils 120ü150 Seiten stark. Dahinter steht ein Archiv, das genutzt werden kann. Pressespiegel-Abo für 180,ü DM/Jahr über G. & W. Krahnen, Am Lindenplatz 28, 47829 Krefeld, Tel.+Fax 02151/473784.

Siemens-Boykott:

Die Boykott-Kampagnenleute würden sich freuen, wenn sich weitere Gruppe dem Koordinationskreis Siemens-Boykott organisatorisch anschließen könnten. Der Koordinationskreis ist ein Zusammenschluss von bundesweit 130 Organisationen und Initiativen. Dem Koordinationskreis beitreten bedeutet, einmal im Jahr 50 - 100 DM (nach Selbsteinschätzung) Beitrag bezahlen, dafür werden die Mitgliedsgruppen mehrfach im Jahr mit Infos aus dem Kampagnenbüro versorgt.

Adresse: Siemens-Boykott Friedrichstr. 165 10117 Berlin Tel. 030/2044785

Folgende Erklärung wurde nach dem letzten Castor-Transport verfaßt und wird nun in der Anti-AKW-Bewegung verbreitet:

Castor-Protest und Siemens-Boykott gehören zusammen
Wir haben durch vielfältige Aktionen gezeigt, dass wir der Atomindustrie nicht wehrlos ausgeliefert sind. Die Aktionen gegen den letzten Castor-Transport waren ein großer Erfolg der AntiüAKWüBewegung und eine Niederlage der Atomlobby, auch wenn die Castoren (noch einmal) Gorleben erreicht haben. Wir werden auch in Zukunft alles daransetzen, um durch politischen Druck und direkte Aktionen Atommülltransporte nach Gorleben oder anderswohin zu verhindern.

Um einen Ausstieg aus der Atomenergie zu erreichen, sind noch vielfältige andere Aktionen notwendig. Wir sollten dem wirtschaftlichen Bereich mehr Beachtung schenken. Wie die meisten wissen, ist Siemens der Atomkonzern und als einziger deutscher Atomkraftwerksbauer auch für den Atommüll verantwortlich. Siemens entwickelt einen neuen, angeblich supersicheren Druckwasserreaktor. Dieser soll die Nutzung der Atomenergie für das nächste Jahrtausend festschreiben. Siemens rüstet im Inü und Ausland alte hochgefährliche Reaktoren nach. Die Reaktoren werden nicht abgeschaltet, ihre Laufzeit wird immer und immer wieder verlängert. Die Konsequenzen: Die Gefahr einer Katastrophe steigt, es wird weiter Atommüll produziert. In Garching bei München baut Siemens einen Forschungsreaktor, der trotz internationaler Proteste mit atomwaffenfähigen Uran betrieben werden soll. Zum Großteil wird dieser Reaktor übrigens aus dem Hochschuletat finanziert.

Wegen unseres Widerstandes will Siemens Atomanlagen im benachbarten Ausland realisieren. Unter katastrophalen Sicherheitsbedingungen will der Atomkonzern z.B. im slowakischen Mochovce AKWs bauen. Als Bezahlung soll der slowakische Atomstrom dann nach Deutschland geliefert werden. Nachdem es in Hanau nun nicht mehr geht, will Siemens in Rußland plutoniumhaltige Brennelemente fertigen, die in russischen Atomkraftwerken ein erhöhtes Sicherheitsrisiko darstellen werden.

Wir meinen: Das Maß ist übervoll! So wie wir den Widerstand gegen die Castor-Transporte zum öffentlichen Thema gemacht haben, sollten wir auch den Siemens-Boykott in die Öffentlichkeit tragen. Der Siemens-Boykott steht in der Tradition demokratischer Boykotte wie des Boykotts Mahatma Gandhis im Indien der 20er Jahre oder des Shell Boykotts wegen Brent Spar. Viele sagen: "Man kann ja doch nichts ausrichten." Mit dem Boykott können jedoch Schwächere gegen wirtschaftlich und politisch mächtige Großkonzerne wie Siemens Druck ausüben. Bei einem Boykott ist die Entscheidung jedes Einzelnen wichtig. Der Boykott lässt sich mühelos in den Alltag integrieren, jeder kann sich völlig ohne Risiko daran beteiligen. Konzerne reagieren sehr empfindlich, wenn Umsatzeinbußen drohen. Boykottieren wir also Siemens und die Tochterunternehmen Constructa, SiemensüNixdorf und Osram so lange, bis der Konzern endlich aus dem Atomgeschäft aussteigt. Unsere Chancen stehen nicht schlecht: Das Atomgeschäft macht nur noch 2% des Gesamtumsatzes von Siemens aus. Bereits jetzt beklagen viele Siemens-Mitarbeiter den ImageüSchaden durch die Boykott-Kampagne und sind auf die umsatzschwache Atomabteilung nicht gerade gut zu sprechen.

Dieser Aufruf wird unterstützt von: Wolfgang Ehmke, Marianne Fritzen, Lilo Wollny, Frank Krüger (BI Lüchow-Dannenberg); Susanne Kamien (Bäuerliche Notgemeinschaft), Jochen Stay, Heike Mahlke (Gorlebenfrauen), Marianne von Alemann (Initiative 60), Martin Nesemann, Hartmut Liebermann (BI Kein Atommüll Ahaus), Marion Lewandowski, Xanthe Hall (IPPNW), Sandy Santen (Anti AKW Plenum Berlin), Marc Uebel (Anti-Atom-Büro Hamburg), Sabine Sander, Thomas Bichler (BI Altmark), Eduard Bernhard (BBU), Krista van Velten, For Mother Earth International/Prage International Anti Nuclear Office, IPPNW (Ärzte zur Verhinderung des Atomkrieges).




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Zuletzt überarbeitet am 3. Januar 1998
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